Gröhe | Bröckelnde Hochschulen | 3½ Fragen an Ulrich von Alemann

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
manch einer zieht sich heute eine rote Pappnase über; der Rest des Landes diskutiert über die #GroKo. Auch bei uns geht es, natürlich, um das BMBF. Und in den Dreieinhalb Fragen erklärt Ulrich von Alemann (Uni Düsseldorf), warum sich die Scientific Community am Riemen reißen sollte. 
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Gröhe übernimmt das BMBF
Sicherheitshalber hüten wir uns vor finalen Aussagen über die GroKo. Wenn aber die SPD-Mitglieder nicht mehrheitlich gegen die neue Regierung stimmen, wenn also, wie gestern verkündet, die CDU das Bundesministerium für Bildung und Forschung übernimmt – dann wird der neue BMBF-Chef: der bisherige Gesundheitsminister Hermann Gröhe. (Die Personalie ist allerdings noch nicht hochoffiziell bestätigt.) Zum Warmwerden empfehlen wir dieses Portrait aus unserem Archiv: „Der nette Herr G.“ (ZEIT 36/2017)
  
 
 
Verschärft das Jura-Studium die soziale Spaltung?
Studier' Jura, Kind, da hast Du was Richtiges! So hören es viele Abiturientinnen und Abiturienten. Viele unterschätzend jedoch, worauf sie sich einlassen, und so sind die Abbrecherquoten in diesem Studiengang mit 24 Prozent besonders hoch. Das DZHW hat sich diesem Thema, im Auftrag des NRW-Justizministeriums, in einer Studie gewidmet. Leistungsprobleme und mangelnde Studienmotivation sind demnach Hauptgründe für einen Studienabbruch, der übrigens in Jura durchschnittlich besonders spät erfolgt: nach 6,8 Fachsemestern. Besonders interessant ist der Faktor „Bildungsherkunft“: 53 Prozent der Jura-Abbrecher stammen aus einem Nicht-Akademikerhaushalt, und nur 31 Prozent der Jura-Absolventen haben keinen akademischen Hintergrund. Der „systemische Nachteil“ von Studierenden nichtakademischer Herkunft werde durch die spezifische Form des Jura-Studiums „nicht ausgeglichen, sondern eher noch verstärkt“, heißt es in der Studie. Die ganze Analyse finden Sie hier.
  
 
 
Die Hochschulen bröckeln
Immer blöd, wenn es in Berlin regnet: dann müssen in der Philologischen Bibliothek der FU Berlin nämlich schnell die Mayonnaise-Eimer rausgeholt werden, in denen man das Regenwasser auffängt, das durchs Dach tröpfelt. Auch andere Unibauten bröckeln so vor sich hin – der Sanierungsstau beläuft sich bis 2025 deutschlandweit auf 42 Milliarden Euro. Ein Arbeitskreis der Uni-Kanzler fordert nun in einem Papier eine Infrastrukturpauschale, die künftig auf alle Drittmittel aufgeschlagen werden sollte, um das Problem endlich angehen zu können. Gute Idee, sagt etwa VW-Stiftungs-Chef Wilhelm Krull, der sich kürzlich im Auftrag der Stuttgarter Landesregierung in das Thema Hochschulbau eingefuchst hatte (Stuttgarter Zeitung), aber: auf diese Weise kuriere man eben nur drittmittelstarke Unis. „Für eine Umkehr im Hochschulbau braucht es viel mehr“, kommmentiert in der aktuellen ZEIT unsere Autorin Christine Prußky, nämlich „eine Kommunikations- und Lobbypolitik seitens der Hochschulchefs, die sagt, was Sache ist“. (S. 64)
  
 
 
Debatte: Ist das Lehrdeputat zu hoch?
Interessante Debatte derzeit in den Sozialen Medien: Lehren Professorinnen und Professoren an Deutschlands Hochschulen zu viel? Und was ist überhaupt eine angemessene Arbeitsbelastung in Academia? Lesenswerter Beitrag 1: Ulf Schrader, Professor an der TU Berlin, schrieb im Tagesspiegel, „die Höhe des Lehrdeputats“ werde „weder von Professorenseite noch in der Wissenschaftspolitik breit und engagiert diskutiert. Warum? So lange Hochschullehrende kaum Konsequenzen befürchten müssen, wenn sie ihr Lehrdeputat in geringer Qualität, unvollständig oder teilweise durch den Einsatz von Mitarbeitenden erfüllen, ist es für sie vielleicht besser, das Thema gar nicht anzurühren. Und auch die Wissenschaftspolitik hat kaum ein Interesse daran, die durch Professorinnen und Professoren bereitzustellende Lehrkapazität von sich aus zu reduzieren – und das so entstehende Defizit dann mit zusätzlich bereit- zustellenden Finanzmitteln zu kompensieren.“ (Deutschlandfunk) Debattenbeitrag 2: Ein Tweet vom Yale-Soziologen Nicholas A. Christakis, der die Diskussion mit folgendem Satz anstieß: „I tell my graduate students and post-docs that if they’re working 60 hours per week, they’re working less than the full professors, and less than their peers.“ Um die Debatte nachzuvollziehen empfehlen wir den Kanal @NAChristakis und diesen Beitrag aus dem Chronicle sowie die Twitter-Accounts von @jule_specht und @BirteFoerster
  
 
 
Studierende sammeln für Busfahrer
Hier noch was Herzerwärmendes. Der Busfahrer eines Shuttles auf dem Campus der Uni Duisburg-Essen hatte seinen Geldbeutel verloren. Darin befanden sich 800 Euro, die für die Trauerfeier seiner Eltern bestimmt waren. Studierende richteten kurzerhand eine Spendenseite ein, sammelten – und trieben so die verloren gegangene Summe wieder ein. Schön! (RP)
  
   
   
   
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Personen
 
 
   
   
Auszeichnung für Rebentisch
Juliane Rebentisch, Professorin für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule für Gestaltung Offenbach, ist mit dem Lessing-Preis 2017 der Stadt Hamburg ausgezeichnet worden. Ihre Dankesrede finden Sie auf soziopolis.de.

Job: Controlling
Kopfrechnen ist Ihr Ding, Zahlen Ihr Metier, die Steuererklärung ihr Liebstes? Ab nach Worms. Die dortige Hochschule sucht eine Leiterin im Sachgebiet Finanzen und Controlling (m/w). Alle Bewerbungsdetails finden Sie im neuen ZEIT Stellenmarkt!
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Prof. Dr. Ulrich von Alemann

Professor für Politikwissenschaft an der Universität Düsseldorf und Geschäftsführer der "Wissensregion Düsseldorf"
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Grenzen im Kopf sind fast immer Hirngespinste. Ich habe alle Arten von Hochschulen kennengelernt: studiert und promoviert an der klassischen Universität Bonn, einen Master in Kanada erworben, Professuren an einer Pädagogischen Hochschule, einer Gesamthochschule, einer Fernuniversität und schließlich an der jungen Uni Düsseldorf. Daneben habe ich immer Politikberatung und Publizistik praktiziert – aber nie alles zugleich verknüpfen können. Genau das scheint jetzt, nach meiner Emeritierung, zu gelingen: Wir haben einen Verein gegründet, Wissensregion Düsseldorf e. V., der gemeinsam mit anderen Hochschulen in Düsseldorf, mit der Stadt, der Industrie- und der Handwerkskammer die Schwellen zwischen den Hochschulen und der dualen und akademischen Bildung überwinden soll.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Der Geist kostet nix. Den muss man fördern. Der „Spirit“ bei den Studierenden muss geweckt werden: für den Studiengang, für die Wissenschaft, für die Weiterbildung. Ja, man muss auch den Stolz wecken, in diesem besonderen Studiengang lernen zu dürfen. Der Geist bei den Dozenten ist genauso wichtig, denn er strahlt aus. Das Kollegium muss zusammenstehen und sich mit der Aufgabe identifizieren. Leider ist das nicht selbstverständlich. Es bestimmen Eifersüchteleien, Intrigen oder mindestens Ignoranz den akademischen Alltag. Reißt euch zusammen, kann man da nur rufen! Es nutzt euch selbst, in einem netten Kollegium zu arbeiten, und es nutzt der Qualität der Lehre immens.

Lektüre muss sein. Welche?
Ich selbst lese zwei Tageszeitungen (eine regional, eine international), drei Wochenzeitungen und natürlich mehrmals täglich online sowie Fachliteratur. Junge Menschen werden das nicht schaffen. Umso mehr kann ich nur raten: lesen, lesen, lesen.

Und sonst so?
Leider werden die Studierenden immer dümmer und schlechter ausgebildet, lesen nicht und lernen kaum. Das hat schon Sokrates vor 2500 Jahren beklagt. Also kann es nicht stimmen. Sie sind immer wieder anders und immer noch neugierig und in der Lage, sich zu wundern. Genau darum ist alles nicht so schlimm: Mit dem Sich-Wundern hat alles erhellende Nachdenken über die Welt angefangen.
   
   
 
 
   
 
 
   
   
   
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Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
Übernehmen Sie Verantwortung! Ein Plädoyer für mehr Mut der Studierenden in stürmischen Zeiten Von Giovanni Di Lorenzo

Alles schräg Die OECD macht mit ihrer Pisa-Studie Politik, kritisiert der deutsche Bildungsforscher Eckhard Klieme, der an der Pisa-Studie beteiligt war Halbe Wahrheit Die Unis bröckeln, weil sie sich scheuen, mehr Geld zu fordern Ein Stundenplan für morgen In Dänemark lernen Schüler »Unternehmergeist«, in Italien »Staatsbürgerkunde und digitale Kompetenz«. In Deutschland haben es neue Fächer schwer. Wieso das so ist und welche Fächer trotzdem eine Chance haben – eine Übersicht zum Schulhalbjahr  

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Partyrunde

Am Montag waren anlässlich des 20. Geburtstags des CHANCEN-Ressorts 20 Uni-Pressesprecherinnen und -Pressesprecher bei der ZEIT zu Gast. Es gab Sekt und gute Gespräche. Danke für Ihren Besuch!
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Montag ist Rosenmontag. Wir wünschen den Jecken unter Ihnen bunte Tage und pausieren derweil im Hamburger Norden. Wir melden uns, wenn Sie alle wieder ausgenüchtert und abgeschminkt sind – am kommenden Donnerstag. Helau und Alaaf!

Ihr CHANCEN-Team


PS: Gefällt Ihnen der CHANCEN Brief, dann leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an –  unter www.zeit.de/chancen-brief. Dann schicken wir Ihnen den Newsletter, solange Sie wollen, immer montags und donnerstags zu.
 
 
 
 
 
 
 
   
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