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obwohl die Bundesregierung ihren Vorstoß schon wieder relativiert hat, ist das Thema kostenfreier Nahverkehr immer noch ein Thema. Völlig zu Recht. Anlass für die Idee aus Berlin war die Belastung unserer Städte durch Stickoxide und die drohende Klage der EU-Kommission wegen Nichteinhaltung der Luftreinhalterichtlinien. Und die meisten Experten halten es nun zwar für eine prima Idee, Busse und Bahnen zu bevorzugen. Aber die Leute umsonst fahren zu lassen, das sei doch viel zu teuer. Zumal: Wenn mehr Menschen öffentlich fahren würden, wäre das Nahverkehrsnetz überall quasi sofort überlastet und müsste wie wild ausgebaut werden. Doch Antworten, woher das zusätzlich benötigte Geld kommen könnte, gibt es längst. Während Kommunalpolitiker sich »Freibusabgaben« für alle Einwohner vorstellen (wodurch die Busse dann eben nicht mehr »frei« wären) oder eine Finanzierung durch den Bundeshaushalt, also durch alle von uns, die Steuern zahlen, fordert etwa Greenpeace, die Subventionen für Dieselkraftstoff abzuschaffen. Margret Hucko verlangte auf »Spiegel Online« den Wegfall des Dienstwagenprivilegs. Und höchst fraglich ist auch, ob man die Verursacher des ganzen Schlamassels, die Hersteller von Dieselfahrzeugen, wirklich so billig davonkommen lassen will. Allein schon für den knallschotigen Vorschlag einiger Lobbyisten – pardon: Experten! –, für das Umrüsten der Dieselautos sollten nun die Steuerzahler aufkommen und nicht die Autohersteller, müsste man Letzteren sämtliche in den letzten 30 Jahren gebaute Autobahnen in Rechnung stellen. Plus Zinsen. Beispiele, wo und wie es funktioniert mit dem kostenlosen Nahverkehr, gibt es auch. In der estnischen Hauptstadt Tallinn dürfen (gemeldete) Bürger kostenlos Bus und Bahn fahren. Aus der Innenstadt sind die meisten Staus verschwunden, und laut Stadtverwaltung werden die fehlenden Einnahmen für Fahrkarten durch die Steuern der neu gemeldeten Einwohner nicht nur kompensiert; es bleibe sogar Geld übrig. Im Zentrum der australischen Stadt Melbourne ist das Fahren mit der Straßenbahn gratis. Die Stadt sagt, so spare man Geld: Es führen Zehntausende Autos weniger durchs Zentrum, die Straßen müssten weniger oft repariert werden, die Luft sei deutlich besser, man benötige keine Fahrkartenautomaten, Fahrkartenkontrolleure und Verfahren gegen Schwarzfahrer, und es kämen mehr Touristen.
Doch wenn auch Sie jetzt sagen: Der öffentliche Nahverkehr muss aus meiner Sicht gar nicht mal umsonst sein, nur zuverlässig, sauber, sicher und viel besser ausgebaut: Sie sind nicht allein. Schauen Sie mal auf die Ergebnisse der Umfrage von ZEIT ONLINE.
SPD auf Groko-Werbetour in Hamburg Genossen, jetzt seid ihr gefragt! Ab morgen stimmt die SPD-Basis per Briefwahl über den Koalitionsvertrag mit der Union ab. Die Parteispitze wirbt nun eifrig um Zustimmung für eine neue große Koalition – auch in Hamburg: 700 Sozialdemokraten aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordniedersachsen pilgerten am Samstag zur ersten von sieben »Regionalkonferenzen« in die Messehallen. Ein Heimspiel für die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles und Olaf Scholz, kommissarischer Vorsitzender und Bald-schon-Finanzminister? Schließlich gilt die Hamburger SPD als konservativ und einer Groko-Neuauflage nicht abgeneigt. Redebedarf gab es trotzdem: Drei Stunden lang sprachen die Parteioberen zu und mit den Besuchern und appellierten an deren Kämpfergeist (Nahles: »Wir sind eine Zukunftspartei!«). Diskutiert wurde an Stehtischen, Themen waren »Die Arbeitswelt von morgen« oder »Eine neue Europapolitik«, über allem schwebte aber auch eine Frage: Wie kann sich die SPD erneuern, wenn sie wieder mitregieren muss? Kritik habe man »auf jeden Fall auch gehört«, versicherte Nahles später – dass Juso-Chef Kevin Kühnert, derzeit wohl prominentester Groko-Kritiker, nicht beim Treffen dabei war (sondern auf No-Groko-Werbetour), störte aber vermutlich auch nicht. Scholz gab sich indes optimistisch: Nach seinem Eindruck fänden »die allermeisten«, es liege ein sehr guter Koalitionsvertrag auf dem Tisch, der viele Chancen für Deutschland eröffne. Denken die Genossen wirklich so? Journalisten durften in die Messehallen zwar nicht rein, die Kollegen von ZEIT ONLINE haben sich vor dem Gebäude aber mal unter den Parteimitgliedern umgehört. |
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