| | © [M] Dinuka Liyanawatte / Reuters | Ich weiß nicht, warum ich neuerdings so gerne reise. Offenbar durchlebe ich gerade eine heiter-optimistische Phase, bekomme die Gelegenheiten und nutze sie, folge dem Ruf des Goethe-Instituts und mache regelmäßig die Erfahrung, dass ich zu wenig weiß. Ich werfe mir das nicht im geringsten vor, denn wir wissen nun mal von den meisten Dingen nicht viel, schon gar nicht, wenn man die wirklich fernen Länder besucht, obwohl das Problem genau genommen schon anfängt, wenn man die eigenen vier Wände verlässt, das Bett in diesen Wänden; im Grunde weiß man ja auch zu Hause allenfalls das Nötigste. Ich gebe zu, dass mir dieses mein Nicht-Wissen gefällt. Steht eine Reise an, mache ich nach Kräften so wenig wie möglich. Ich recherchiere das lokale Wetter und hole die dafür passende Kleidung aus dem Schrank, studiere aber keine Reiseführer und schaue mir auch keine Bilder im Internet an, sondern steige einfach ins Flugzeug. Dort überlasse ich mich vertrauensvoll dem Zyklus der Mahlzeiten, die es auf Fernreisen dankenswerterweise noch gibt, lese ein bisschen, warte auf den Schlaf und versuche mich rein innerlich als leeres Blatt zu betrachten, erwartungslos-erwartungsvoll, als wäre ich der erste, der die Reise macht. Natürlich ist es unmöglich, über einen Ort, eine Gegend, nichts zu wissen. Man weiß schließlich immer etwas, so man nicht als medialer Mönch lebt, kennt ein paar einschlägige Bilder und Ereignisse, wobei diese Art von Kenntnis in aller Regel katastrophisch ist und über die Zahl der Toten und Verletzten selten hinauskommt. In Sri Lanka herrschte dreißig Jahre Bürgerkrieg, es gab den schrecklichen Tsunami von 2004, das ist, was ich von Sri Lanka weiß; alle möglichen Leute absolvieren komplizierte Ayurveda-Abenteuer in Sri Lanka, jetzt, im Winter, herrschen dort angenehme Temperaturen um die dreißig Grad. Es gefällt mir, dass Sri Lanka eine Insel ist, was dem bevorstehenden Aufenthalt etwas zuverlässig Kompaktes, Überschaubares gibt – ich meine, bei einer Reise ins benachbarte Indien wäre ja man sofort mit allen möglichen Uferlosigkeiten konfrontiert, und nach Uferlosigkeiten steht mir derzeit nicht der Sinn. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass mir die Insel gefallen wird, denn die Wahrheit ist: Mir gefällt es so gut wie überall, denn überall sind Menschen, die sich mühen und etwas versuchen, mit den überall gleichen Hindernissen und Hoffnungen und Tapferkeiten; ich halte die meisten Menschen nämlich für ziemlich tapfer, weil das Leben bekanntlich eine komplizierte Sache ist, mir der man eigentlich nie fertig wird oder doch immer nur in dem Sinne, dass man sich bei allem Für und Wider einverstanden erklärt, es zu haben.
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