Fünf vor 8:00: Trump und die ominöse "Phase zwei" - Die Morgenkolumne heute von Matthias Nass

 
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FÜNF VOR 8:00
28.02.2018
 
 
 
   
 
Trump und die ominöse "Phase zwei"
 
Südkorea hofft nach dem Ende der Winterspiele auf weitere Annäherung mit dem Norden. Doch das Regime von Kim Jong Un tauscht schon wieder Drohungen mit den USA aus.
VON MATTHIAS NASS
 
   
 
 
   
 
   
Wird nun, da die Winterspiele in Pyeongchang zu Ende gegangen sind, die Annäherung auf der koreanischen Halbinsel anhalten? Wird es nach der Dialog zwischen Nord und Süd auch zu einem Dialog zwischen Nordkorea und den USA kommen? Südkoreas Staatspräsident Moon Jae In spricht jetzt stolz von "Friedensspielen". Seiner Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, dass die Regierungen in Seoul und Pjöngjang nach Jahren feindseligen Schweigens wieder miteinander ins Gespräch gekommen sind.
 
Moon und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un haben die Chance genutzt, die sich ihnen mit den Olympischen Spielen bot. Der eine, weil er ungestörte Wettkämpfe wollte, der andere, weil ihm die Wirtschaftssanktionen allmählich die Luft abschnüren.
 
Nur der Dritte steht skeptisch daneben und mag dem olympischen Frieden nicht trauen. Es könne keine Gespräche mit dem Norden geben, sagt Donald Trump, wenn deren Ziel nicht die vollständige Aufgabe des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms sei. Für Kim Jong Un aber ist ein solcher Verzicht inakzeptabel. An diesem Grundwiderspruch der Koreakrise haben die friedlichen Tage von Pyeongchang nichts geändert.
 
Noch bevor das olympische Feuer wieder erloschen war, verschärfte Donald Trump die von seiner Regierung verhängten Sanktionen. Die jetzt beschlossenen Maßnahmen richten sich gegen Reedereien, deren Schiffe – gegen das Verbot der Vereinten Nationen – auf hoher See Kohle aus Nordkorea aufnehmen oder Öl in nordkoreanische Tanker pumpen.
 
Nordkorea nennt die neuen Sanktionen eine "kriegerische Handlung". Donald Trump wiederum droht: "Falls die Sanktionen nicht wirken, müssen wir zu Phase zwei übergehen."
 
Niemand weiß, was mit "Phase zwei" gemeint ist. Aber die Ankündigung klingt bedrohlich genug. Die US-Regierung hat ja ein militärisches Vorgehen gegen das nordkoreanische Atom- und Raketenprogramm nicht ausgeschlossen. Im Gegenteil, sie hat es fast unvermeidlich genannt für den Fall, dass Pjöngjang nicht einlenken sollte.
 
In besonders drastischen Worten hat vor knapp zwei Wochen auf der Münchner Sicherheitskonferenz der republikanische Senator James E. Risch diese Position noch einmal bekräftigt. Er wisse gar nicht, woher Gerüchte stammten, Amerika bereite begrenzte Militärschläge gegen den Norden vor, sogenannte bloody nose strikes. Nein, wenn es zum Krieg käme, dann würden ihn die Vereinigten Staaten mit voller Wucht führen. Die Zahl der Opfer könnte "biblische Dimensionen" erreichen. Immerhin, der Krieg würde "sehr, sehr kurz" sein.
 
Niemand solle an der Entschlossenheit Donald Trumps zweifeln, fügte der Senator hinzu. Die Situation sei wirklich bedrohlich. "Es gibt keinen gefährlicheren Platz auf dem Planeten als die koreanische Halbinsel."
 
Moon Jae In ist nicht naiv
 
James E. Risch ist nicht irgendjemand. Er gehörte der Delegation von Präsidententochter Ivanka Trump an, die zur Abschlussfeier der Spiele nach Pyeongchang reiste. Er könnte der nächste Vorsitzende des einflussreichen außenpolitischen Ausschusses des Senats werden. Seine Stimme hat in Washington Gewicht.
 
Nun ist anzunehmen, dass auch Trump keinen Krieg auf der koreanischen Halbinsel will. So wahnsinnig ist er nicht, als dass er nicht begriffe, welche Ausmaße ein solcher Krieg annehmen könnte. Wahrscheinlicher ist, dass er seine Politik des "maximalen Drucks" auf keinen Fall abschwächen möchte. Pjöngjang soll glauben, Trump sei, wie Senator Risch es sagt, zu allem entschlossen. Gewissermaßen zu allem fähig.  
 
Ein wichtiger US-Beamter hört auf
 
Dass Donald Trump zu allem fähig ist, das glaubt die halbe Welt auf Anhieb. Und beruhigender wird die Sache nicht dadurch, dass ihm mit Kim Jong Un ein kaltblütiger Zyniker der Macht gegenüber steht. Also schaukelt sich die Konfrontation rhetorisch aufs Neue auf, wie schon einmal im vorigen Sommer. Trump droht mit "Phase zwei", Kims Propaganda gibt zurück, Washington laufe "Amok".
 
Da ist es nicht hilfreich, dass an diesem Freitag Joseph Yun sein Amt aufgibt, der höchste für Nordkorea zuständige Diplomat im US-Außenministerium. Yun hat sich immer für einen Dialog mit Pjöngjang ausgesprochen, über ihn lief der back channel zur nordkoreanischen UN-Vertretung in New York. Offenbar ist Yun zutiefst frustriert über den geringen Einfluss des US-Außenministeriums auf die Nordkorea-Politik des Weißen Hauses.
 
Zwischen den USA und Nordkorea versucht derweil Moon Jae In zu vermitteln. Niemand sollte den Fehler machen, den im Mai 2017 ins Amt gekommenen südkoreanischen Präsidenten für naiv zu halten. Moon ist ein Realist mit nüchternem Urteil. All sein Handeln ordnet er dem Ziel unter, einen zweiten Koreakrieg zu verhindern.
 
Das muss ihn nicht, kann ihn aber in Konflikt mit seinem Verbündeten Amerika bringen. Er nähme es in Kauf. Denn Moon weiß besser als jeder andere, dass Korea tatsächlich zum "gefährlichsten Ort auf dem Planeten" werden kann, wenn er mit seiner Friedenspolitik scheitert.
   
 
   
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Fünf vor 8:00 ist die Morgenkolumne von ZEIT ONLINE. An jedem Werktag kommentieren abwechselnd unter anderem Michael Thumann, Theo Sommer, Alice Bota, Matthias Naß, Martin Klingst und Jochen Bittner.