| »Am Ende ist es immer ein Gemälde« In der Szene hat sich der Graffiti-Künstler Darco in mehr als 35 Jahren Sprayerkarriere international einen Namen gemacht. Er war Gründungsmitglied der legendären Sprayergruppe FBI und wurde 1989 in Frankreich als erster Graffitikünstler wegen Sachbeschädigung verurteilt. Inzwischen gehören die Werke des in Hamburg geborenen, in Paris lebenden Künstlers zu den Sammlungen renommierter Museen wie des Centre Georges-Pompidou. Aktuell gestaltet er im Eingangsbereich des East Hotel in St. Pauli eine zwölf Meter hohe Wand. Wir haben mit dem Künstler über die Graffiti-Kultur gesprochen. Elbvertiefung: Wird irgendwo eine Wand frisch geweißt oder eine neue Parkbank aufgestellt, dauert es nicht lang, und sogenannte Tags, Signaturen, oder Graffitibilder prangen darauf. Die Sprayer markieren ihr Revier und nerven damit viele. Wie sehen Sie das, ist das Kunst oder Sachbeschädigung? Darco: Das ist eine reine Rechtsfrage und keine Meinungssache. Wenn jemand ein Bild, einen Sticker oder Tag auf ein Denkmal bringt, dann ist das Vandalismus, wird das Gleiche in einer Galerie ausgestellt, dann ist es Kunst. Was Kunst ist und was nicht, hat viel mit Kontext zu tun. Graffiti-Kultur hat viele verschiedene Formen, manchmal ist ihre Erstellung ein Delikt, kriminell – am Ende ist es aber immer ein Gemälde. EV: Graffiti-Kultur verknüpfen viele mit Underground-Szene, illegalem Sprühen. Sie malen auch gegen Geld – aktuell an eine Wand im eher schnieken East Hotel. Wie nimmt das die Szene auf? Darco: Manche, die hardcore unterwegs sind und seit zweieinhalb Monaten Züge ansprühen, regen sich darüber auf. Die meisten finden es aber gut, dass die Graffiti-Kultur auch an Orten sichtbar wird, wo sie sonst keinen Raum hat – wie auch in Galerien –, und damit auch etwas im Status angehoben wird. Ich persönlich mag den Spagat zwischen dem Arbeiten auf der Straße und dem für Luxusfirmen. Das bringt Leute zusammen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, fördert den Dialog. EV: Wenn nun ein anderer Sprayer Ihr Werk übermalen würde – wie würden Sie reagieren? Darco: Natürlich finde ich es nicht gut, wenn meine Sachen kaputt gemacht werden, und hätte es gern, dass meine Bilder mich überleben und in hunderttausend Jahren von irgendeinem Archäologen entdeckt werden. Viele sagen, dass das Übermalen zur Graffiti-Kultur dazugehört. Das sehe ich nicht so. Aber ich bin es gewohnt, dass die Bilder aus dem Straßenbild wieder verschwinden. Es ist einfach der Lauf der Dinge. EV: Gibt es eine Art Ethik unter Sprayern, was übermalt werden darf und was nicht? Darco: Es ist oft so, dass Bilder, also Pieces, und Auftragsarbeiten länger halten als beispielsweise Tags. Die Arbeit hier am East Hotel ist nicht direkt an der Straße einsehbar – da kann man nicht im Vorübergehen mal schnell drübermalen. Und natürlich spielt es manchmal auch eine Rolle, wo was von wem gemalt wurde. Wie bei jedem Sport. EV: Sie laden dazu ein, Ihnen bei Ihrer aktuellen Arbeit zuzusehen. Was erhoffen Sie sich von dem Kontakt mit den Besuchern? Darco: Ich kann nicht beeinflussen, wie das Bild aufgenommen wird. Aber ich kann Fragen beantworten, vielleicht Geschichten erzählen, Interesse wecken und vielleicht auch gegen Vorurteile, oder besser: Klischees, wirken. Von nichts kommt nichts, aber nicht immer bestätigen sich diese Klischees. Und das gilt für beide Richtungen. Bis Freitag steht Darco täglich von 10 Uhr bis Einbruch der Dämmerung mit der Spraydose an der Wand des East Hotels, Simon-von-Utrecht-Straße 31. Dort ist außerdem bis zum 9. April eine Ausstellung großformatiger Leinwände von ihm zu sehen.
Schauspielhaus: Sanierungspause
Freunde des Hamburger Schauspielhauses müssen sich dieses Jahr länger als sonst bis zur neuen Spielzeit gedulden. Im denkmalgeschützten Zuschauersaal des Hauses an der Kirchenallee müssen beide Ränge erneuert werden, sanitäre Anlagen, Teppichböden und Tapeten. Die außerordentliche Spielzeitpause beginnt am 1. Mai und soll am 20. Oktober enden; das Junge Schauspielhaus nimmt eine Woche früher wieder den Betrieb auf. Steht das Ensemble in dieser Zeit etwa beschäftigungslos und ohne Kontrakt auf der Straße? Mitnichten, so Sprecher Nils Wendtland: »Unsere Schauspieler sind festangestellt.« Außerdem stünden in der Zeit drei Vorproben, diverse Gastspiele sowie Aufführungen an anderen Spielorten in Hamburg auf dem Programm: Acht Produktionen sollen national und international touren, mit Gastspielen unter anderem in München, Wien, Dresden, Amsterdam und Moskau. Auf Kampnagel wird es »Anna Karenina – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie« und »Effi Briest – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie« zu sehen geben. Und das Junge Schauspielhaus zeigt seine Premiere von »Die ganze Welt in meinem Zimmer« im Mai in der Immanuelkirche auf der Veddel. | |
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