| Guten Morgen, | | |
hatten Sie schon mal ein déja-vu? Sie wissen schon, das seltsam vertraute Gefühl, das einen plötzlich überkommt, wenn man zu wissen glaubt, eine Situation ganz genau so bereits erlebt zu haben? Ja, ich weiß, dieses Phänomen lässt sich ganz rational erklären. So oder so spielt mir die Erinnerung hin und wieder einen Streich. Etwa dann, wenn alle Fraktionen in der Bürgerschaft wieder mal über die nebulösen Zukunftspläne des Bürgermeisters spekulieren, der offenbar ganz genau weiß, wie er sich selbst zum Gesprächsthema Nr. 1 dieser Party macht: Er geht einfach nicht hin. Oder dann, wenn die schwindende wirtschaftliche Bedeutung des Hamburger Hafens wieder mal zur Debatte steht. Im Vergleich zum Vorjahr verringerte sich der gesamte Güterumschlag zuletzt um ein Prozent, auch der Containerumschlag war leicht rückläufig, wie gestern bekannt wurde. Neu ist dieser Trend nicht. Sehr vertraut erscheinen mir auch diese Tage, an denen besonders zwei Themen das Blut unserer Leser in Wallung bringen: Da wäre der Verkehr, in diesem Fall die Erwägung der Bundesregierung, den kostenlosen ÖPNV für ganz Deutschland zu prüfen, um so vielleicht endlich für saubere Luft in den Städten zu sorgen. Die Umweltbehörde begrüßt die Initiative, Ihr Urteil steht längst fest. Eine »kostenlose, also steuerfinanzierte Leistung ist meist schlechter als das bezahlte Pendant, da muss man sich nur mal Schulen angucken!«, ist sich ein Leser ganz sicher. Auch die »Gender-Frage«, die Kollege Mark Spörrle kürzlich aufgeworfen hat, beschäftigt Sie noch immer sehr. »Wenn Sie Ihren Letter mit Sternchen, I und x versehen, ist er nicht mehr zwischen Baby und Schreibtisch lesbar! Dann bin ich raus, aus ganz lebenspraktischen Gründen!«, tippte eine vielbeschäftigte Mutter vermutlich unter größten Anstrengungen in ihr Handy. Eine andere Leserin frohlockt: »Eine wahre Revolution wäre es doch, wenn immer eine weibliche Form im Sprachgebrauch benutzt würde – und die Männer sich ihr unterordnen müssten! Was gäbe das für ein Gebrüll!« Ach, vielleicht merken Kollegin Neudecker und ich uns diese Idee einfach mal für die nächste Vertretungsstunde vor – lassen Sie sich überraschen! Und bis zur Revolution tröstet Sie vielleicht dies: An der Produktion des heutigen Letters waren ausschließlich Frauen beteiligt.
Bierzelt statt Bürgerschaft
(Bürgermeister …) sein oder nichtsein? Das war auch in der gestrigen Bürgerschaftssitzung die große Frage. Nur einer hielt sich, wie bereits angedeutet, fein raus: Olaf Scholz selbst. Sein Platz blieb leer, weilte er doch lieber im bayerischen Vilshofen, um dort eine Bierzelt-Rede zu schwingen. Manche Termine gehen eben vor. Die Abwesenheit des neuen kommissarischen SPD-Vorsitzenden nutzte die Opposition indes als Steilvorlage für muntere Gedankenspiele. »Am Aschermittwoch ist alles vorbei, für Sie in Hamburg auf jeden Fall!«, resümierte etwa der CDU-Fraktionsvorsitzende André Trepoll, Hamburg sei kein Trostpflaster für gescheiterte SPD-Bundeskarrieren. Dass Scholz nicht offen zu seinen Zukunftsplänen stehe, wertete Anna von Treuenfels-Frowein von der FDP als »pure Rückversicherung, aus Angst vor dem anstehenden Mitgliedervotum«. Scharfe Kritik – obwohl seit Tagen klar ist, dass sich die Koalitionspartner vor dem SPD-Mitgliedervotum nicht zu Personalien äußern werden. Und dann fiel ein Machtwort: Wer von der Opposition in Sachen Scholz-Nachfolge nun »Morgenluft wittere«, also selbst auf lukrative Posten spekuliere, dem solle klar sein: »Es bleibt ein Pfeifen im Walde!«, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Dressel – der, dies nur am Rande, selbst als Favorit für den Bürgermeisterposten gehandelt wird … Neben der Personaldebatte blieb immerhin noch Raum für ein wenig Groko-Werbung: »Hamburg setzt wichtige Impulse und würde von einer Koalitionsvereinbarung im Bund profitieren«, verkündete die SPD selbstbewusst, etwa bei der Kita-Qualität und in der Verkehrsinfrastruktur, im Bereich Digitales an Schulen. Große Pläne also – wir bleiben gespannt. |
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