So etwas hat es schon lange nicht mehr gegeben: Um zweieinhalb Prozent ist der amerikanische Aktienindex Dow Jones am Freitag eingebrochen und auch an den europäischen Börsen lief es zuletzt alles anderes als gut.
Das ist insofern bemerkenswert, als die Weltwirtschaft eigentlich in einer ganz guten Verfassung zu sein scheint. Es geht aufwärts, nicht nur in den USA und in China, sondern endlich auch in Europa. Soeben erst hat der Internationale Währungsfonds seine Prognose für das weltweite Wachstum in diesem Jahr auf 3,9 Prozent angehoben. Drehen die Börsianer also wieder einmal durch? Oder ist die wirtschaftliche Lage gar nicht so gut, wie es auf den ersten Blick scheint?
Die Antwort auf diese Fragen ist ein wenig kompliziert. Es geht tatsächlich bergauf, in den großen Industrienationen entstehen neue Arbeitsplätze und sogar die Löhne steigen wieder. Das Problem ist: Womöglich geht es zu schnell bergauf, vor allem in den Vereinigten Staaten.
Das wiederum hat mit Donald Trump zu tun, beziehungsweise seiner Steuerreform.
Diese Reform nützt vor allen den Superreichen und wird die amerikanische Gesellschaft aller Voraussicht nach weiter spalten, aber das soll hier nicht das Thema sein. Aus makroökonomischer Perspektive ist entscheidend, dass der Staat die Wirtschaft zusätzlich anschiebt und diesen Impuls größtenteils durch neue Schulden finanziert. Die amerikanische Regierung will sich in diesem Jahr 955 Milliarden Dollar leihen, fast doppelt so viel wie im vergangenen Jahr.
An einer höheren staatlichen Kreditaufnahme ist prinzipiell nichts auszusetzen, wenn die Wirtschaft diesen Schub benötigt – weil sie zum Beispiel so schwach ist, dass sie sich aus der sie sich aus eigener Kraft nicht aus der Misere befreien kann. Auch Obama hat auf dem Höhepunkt der Finanzkrise die Staatsverschuldung ausgeweitet. Das hat dazu beigetragen, dass die USA die Krise schneller überwunden haben als die Europäer.
Trumps Steuergeschenke erhöhen die Inflation Trump aber verteilt Geld aus der Staatskasse in einer Situation, in der die Geschäfte der Unternehmen ohnehin gut laufen und viele Betriebe zunehmend Schwierigkeiten haben, ihre offenen Stellen zu besetzen. Das bedeutet: Die Unternehmen müssen höhere Löhne bezahlen und die gestiegenen Lohnkosten werden sie in Form höherer Preise an die Verbraucher überwälzen. Es steigt also die Inflation und darauf dürfte die Notenbank mit höheren Zinsen reagieren – und höhere Zinsen sind Gift für die Börsen.
Wenn dieser Prozess in geordneten Bahnen verliefe, wäre er unproblematisch und sogar willkommen. Schließlich spricht überhaupt nichts dagegen, wenn zur Abwechslung einmal nicht die Aktionäre, sondern in Form höherer Löhne die Arbeiter vom Aufschwung profitieren. Aber durch Donald Trumps konjunkturpolitisch extrem schlecht getimtes milliardenschweres Steuergeschenk steigt das Risiko einer ungeordneten Kurskorrektur. Anders gesagt: Es ist nicht mehr auszuschließen, dass der Crash kommt. Vielleicht noch nicht in dieser Woche oder in diesem Monat, aber womöglich noch in diesem Jahr.
Für Trump, der sich gerne mit den guten Zahlen von der Börse schmückt, wäre das politisch ein herber Rückschlag, zumal im Herbst Wahlen anstehen. Aber auch auf dieser Seite des Atlantiks bliebe ein Beben am amerikanischen Aktienmarkt nicht ohne Folgen. Schließlich will auch die Europäische Zentralbank allmählich die Zinsen anheben. Davon müsste sie wahrscheinlich absehen, wenn es mit der amerikanischen Wirtschaft bergab geht.
Ob das alles so kommt, ist noch offen. Trump wäre beispielsweise nicht machtlos, wenn tatsächlich ein Absturz droht. Er hat den Spitzenposten bei der amerikanischen Zentralbank
gerade erst mit einem Vertrauten besetzt. Die Notenbank könnte versuchen, die Börsen durch Zinssenkungen zu befeuern. Aber wenn die Investoren zu der Überzeugung gelangen, dass dadurch der Tag der Abrechnung nur verschoben wird, wird das nicht funktionieren.
Somit könnte 2018 das Jahr werden, in dem es mit der Ruhe an den Finanzmärkten vorbei ist. Die ersten Analysen haben jedenfalls schon darauf hingewiesen, dass der Dow Jones am vergangenen Freitag um genau 666 Punkte gefallen ist – in der Offenbarung des Johannes in der Bibel steht diese Zahl für die teuflischen Mächte, die am Ende der Zeiten Unheil über die Erde bringen.