Freitext: Michael Ebmeyer: Linke Erzählung verzweifelt gesucht

 
Wenn dieser Newsletter nicht richtig angezeigt wird, klicken Sie bitte hier.

 

06.06.2018
 
 
 
 
Freitext


 
Linke Erzählung verzweifelt gesucht
 
Deutschland driftet nach rechts. Salonfähig gewordenes Ressentiment vergiftet die Gesellschaft zunehmend. Wir brauchen dringend ein wirksames Gegenmittel.
VON MICHAEL EBMEYER

Teilnehmer einer AfD-Demonstration und Gegendemonstranten im Mai 2018 in Berlin © Hannibal Hanschke / Reuters
 
Teilnehmer einer AfD-Demonstration und Gegendemonstranten im Mai 2018 in Berlin © Hannibal Hanschke / Reuters
 

Es ist ein mulmiges Gefühl, und es wird immer mulmiger. Wie die viel beschworene Stimmung im Land sich wandelt. Inzwischen kann jede und jeder davon ein bis mehrere Liedchen aus dem eigenen Leben singen. Wie im Bekanntenkreis auf einmal verächtlich dahergeredet und vor sich hin verleumdet wird. Wie auch Leute, die sich selbst für „links“ halten, Ressentiments der sogenannten neuen Rechten übernehmen.

Die Fernsehredakteurin, die plötzlich ihrem grimmigen Zahnarzt glaubt („Die meisten Flüchtlinge kommen nur hierher, um sich kostenlos das Gebiss sanieren zu lassen“). Die eben noch antiautoritäre Philosophin, die nun ehrfürchtig von Rüdiger Safranski und Peter Sloterdijk spricht, weil diese zwei Strategen bereits im Herbst 2015 ihr großintellektuelles Organ gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung erhoben hätten, als das noch gar nicht en vogue gewesen sei. Oder die Mietergemeinschaft in einem Haus in Berlin-Friedrichshain – lauter nette junge Familien oder gar „Kreative“, die vor Sozialneid hohldrehen, seit in einer Wohnung in der Nachbarschaft eine Flüchtlingsfamilie eingezogen ist („Die kriegen doch ihre Wohnung vom Staat bezahlt! Und ein Auto haben sie obendrein, das muss ihnen auch der Staat geschenkt haben! Und so eine Wohnung steht ja wohl eigentlich unseresgleichen zu und nicht denen!“).

Alle haben solche Töne inzwischen mit eigenen Ohren gehört, wenn sie sie nicht gar selbst von sich geben. Und mir schwirrt immer häufiger der Refrain eines Chansons von Franz Josef Degenhardt aus dem Jahr 1977 durch den Kopf: „… und wie ist das Gefühl, wenn man so langsam, langsam, langsam driftet nach rechts?“

Damals ging es um ehemalige Apo-Mitstreiter, die mittlerweile „sozialliberal“ lächelten. Wildledermantelmann heißt das Lied, denn anscheinend waren diese Menschen seinerzeit Männer und trugen Wildledermäntel.

Dröhnende Propaganda

Heute driftet man genderübergreifend und in diverser Bekleidung von links nach rechts. Und rechts ist auch längst nicht mehr bloß „sozialliberal“, sondern – tja, was eigentlich?

[...]


Den ganzen Freitext lesen Sie auf ZEIT ONLINE.

Sie wollen der Diskussion unter dem Text folgen? Hier geht es zum Kommentarbereich.
  VERLAGSANGEBOT
Lesegenuss pur!
Lesegenuss pur!
Lernen Sie jetzt DIE ZEIT als E-Paper, App, Audio und für E-Reader kennen! Lehnen Sie sich zurück und erleben Sie die neue Art des ZEIT-Lesens. Mehr erfahren >>