| Stolpersteine für tote Säuglinge Walentina starb kurz nach der Geburt, auch Victor, Elsa, Leopold. Sie zählen zu den 49 Babys, die zwischen 1944 und 1945 im Lager Tannenkoppel und im Allgemeinen Krankenhaus Langenhorn zu Tode kamen. »Die Bedingungen im Lager konnten sie nicht überleben«, berichtet Sozialhistorikerin Rita Bake. Sie recherchiert Biografien der Hamburger Opfer des Nationalsozialismus, fand heraus, dass die Kinder von Zwangsarbeiterinnen meist an Lungenentzündung, Erbrechen und Mangelernährung starben. Die jüngsten Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung sollen nicht in Vergessenheit geraten: Neue Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig erinnern an sie; morgen werden sie eingeweiht. Dazu erklingen Wiegenlieder in den Sprachen der Mütter, Schüler der Oberstufe Langenhorn tragen die Namen der Kinder vor. Mehr als 5.300 der messingbeschlagenen Stolpersteine sind inzwischen auf den Gehwegen der Stadt zu finden – überall dort, wo früher Menschen lebten, die der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Dass die Behauptung »Wir haben davon nichts gewusst« mindestens fragwürdig ist, zeigt auch die Datenbank über Mitwisser und Mittäter des NS-Regimes in Hamburg: Über die App »NS-Dabeigewesene Hamburg« kann jeder Smartphone-Nutzer sehen, dass die Verschleppten und die, die wegschauten, oft erschreckend nahe beieinanderwohnten. Wenn Sie noch etwas tun wollen: Tipps und Hinweise zum Putzen der Stolpersteine finden Sie hier.
»Alle wollen mich berühren« So viele schwarze Glücksbringer tummeln sich selten auf einem Haufen: Die Schornsteinfegerinnung Hamburg lädt diese Woche zum Bundesverbandstag ein. Zu ihr gehört Lutz-Matthias Peters, der schon seit 40 Jahren über Hamburgs Dächer klettert – und sogar Nackten begegnet. Elbvertiefung: Herr Peters, sind Sie schwindelfrei? Lutz-Matthias Peters: Oh ja, sonst wäre ich kein guter Schornsteinfeger. Wir gehen täglich aufs Dach, und das ohne Sicherung. Das macht Sinn, weil wir zum Kehren nur fünf Minuten brauchen. Wenn wir uns zuvor erst mal 20 Minuten lang anleinen müssten, stünde das in keinem Verhältnis. Elbvertiefung: … behaupten Sie, bis Sie vom Dach fallen … Peters: Ach was, jeder rutscht mal aus, oder eine Leiter kippt um. Aber gebrochen habe ich mir in all den Jahrzehnten nie etwas. Aufstehen, durchatmen, weitermachen. Elbvertiefung: Das klingt hart. Ist das die größte Herausforderung in Ihrem Job – mit dem Risiko zu leben? Peters: Nein, die größte Herausforderung ist die Weiterbildung. Die fossilen Brennstoffe sollen weg, dann gibt es keine Flammen mehr, also auch keine Schornsteine. Wir müssen uns permanent in Sachen Energieberatung bilden, mit Thermokameras umgehen lernen, die neue Dämmung von Gebäuden nachvollziehen können. Auch heute schon fegen und kehren wir nicht nur, sondern messen und prüfen Leitungen, beraten im Energetischen. Elbvertiefung: Wenigstens bleibt Ihnen dann der ganze Ruß erspart. Peters: Nein, Kaminöfen gibt es in Hamburg in den vergangenen Jahren sogar immer mehr. Die Leute setzen auf den Wohlfühlfaktor: ein Glas Rotwein, draußen Schnee, Feuer im Kamin. Allerdings kam früher aus den Schornsteinen viel mehr Ruß, heute ist es eher weißer Wasserdampf. Elbvertiefung: Bringen Sie denn auch ohne Rußflecken im Gesicht Glück? Peters: Das ist ein wunderschöner Aberglaube. Jeder strahlt einen an. Und alle wollen mich berühren – ich biete immer die Schulter an. Mit meiner Anwesenheit bringe ich durch diese Momente tatsächlich Glück. Oft bitten mich Brautpaare sogar zu ihren Hochzeiten. Ob die deshalb nach 20 Jahren noch zusammen sind, weiß ich natürlich nicht. Elbvertiefung: Das klingt nach Beruf und Berufung. Peters: Ja, dieser Vertrauensvorschuss ist eine der schönsten Seiten meiner Arbeit. Manchmal legen mir sogar Leute den Schlüssel unter die Fußmatte und schreiben einen Zettel: »Bitte gehen Sie einfach rein.« Irre. Elbvertiefung: Gibt es auch skurrile Momente? Schließlich können Sie sich Ihre Kunden nicht aussuchen. Peters: Das ist richtig. Mir wurde sogar schon nackt die Tür geöffnet. »Oh Mensch, bin ich zu früh?«, hab ich da gefragt und bin schnell zur Heizung durchgegangen. |
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