| Guten Morgen, | | |
nein, Sport ist nicht alles, Fußball erst recht nicht. Und es passt zu unseren Zeiten, dass diese WM – zum ersten Mal ist Russland Gastgeber – mit so manchen Fragen begonnen hat. Etwa der, warum der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt dem teuersten WM-Spektakel aller Zeiten fernbleiben muss, weil man um seine Sicherheit fürchtet. Der Kollege hat einen tollen Job gemacht, seine Recherchen zum Staatsdoping in Russland führten dazu, dass viele Sportler von den Olympischen Spielen 2016 in Rio und 2018 in Pyeongchang ausgeschlossen wurden oder nur als »Neutrale« antreten durften. Viele Russen indes sehen sich nicht durch das Staatsdoping, sondern durch Seppelts Arbeit in ihrer Ehre gekränkt. Auch in den russischen Untersuchungen zu den Dopingvorwürfen befürchten die Sicherheitsbehörden ein »unberechenbares Risiko« für Seppelt. Was das alles über ein Land aussagt? Eben. Trotzdem: Alle anderen fahren hin. Was das über uns, den Fußball und die Welt aussagt? Übrigens, um nicht nur mit dem Finger auf andere Länder zu zeigen: Union und SPD, so der Vorwurf des Bundes der Steuerzahler, nutzen die Ablenkung der kritischen Öffentlichkeit durch die Fußball-WM, um heute im Bundestag schnell mal durchzuwinken, dass die Steuerzuschüsse an die Parteien erneut erhöhen werden, um rund 25 Millionen auf nun 190 Millionen Euro; »Selbstbedienung auf Kosten der Steuerzahler«, zürnt der Bund für Steuerzahler. Außerdem sollen nach Einbruch der Dunkelheit die Rundfunkgebühren und die Vergnügungssteuer verdoppelt werden – nein, Sie haben recht, das stimmt natürlich nicht. (Ich werde trotzdem demnächst, sagen wir am Mittwoch, dem 27. Juni, um 15.55 Uhr, mit meinen fußballbegeisterten Chefs ein Gespräch über unser Budget führen ...) Also klar, sie wurde eröffnet, die 21. Fußball-WM, mit einem großen Spektakel im Moskauer Luschniki-Stadion. Der britische Popstar Robbie Williams sang im Duett mit der russischen Opernsängerin Aida Garifullina und kehrte in der Pause im weißen Schlüpfer und mit rosa Söckchen zurück, bereit zur Zugabe. Gespielt wurde natürlich auch. Was, wie und mehr dazu lesen Sie unten in der »11vertiefung«. Wenn Ihnen dann in den nächsten Tagen ein Fußballer im roten Trikot auf der Straße entgegenkommt, der einen Ball vor sich her dribbelt: Das hat seine Richtigkeit. Es handelt sich um einen Spieler des FC Hamburger Berg. Der Club hat gestern einen Weltrekordversuch im längsten Fußballdribbling gestartet. Insgesamt 21 Spieler wollen ein und denselben Ball Tag und Nacht durch die 7500 Straßen unserer Stadt treten und dabei 4000 Kilometer zurücklegen. Der Weltrekordversuch lässt sich auf einer Google-Map verfolgen und dient einem guten Zweck, Sie können auch mitmachen: Der FC sammelt Spenden für Waisenkinder. Müll dagegen können Sie am Sonntag auf der Altonale sammeln, und zwar – laufend. Im Auftrag der Stadtreinigung lädt Moderatorin Ilka Groenewold zum »Plogging«: Ausgerüstet mit einem kleinen Müllsack, sollen Läuferinnen und Läufer nicht nur laufen, sondern dabei noch Müll einsammeln; vermutlich ist es besonders elegant, wenn man dabei nicht stehen bleibt. Die Stadtreinigung Hamburg stellt den »Ploggern« Müllsäcke und Handschuhe zur Verfügung und entsorgt den Müll später. Sicher, in Schweden ist der Sport der guten Tat schon recht verbreitet. Aber die Frage ist doch: Testet die Stadtreinigung jetzt, wo die kritische Öffentlichkeit durch die WM abgelenkt ist, etwa klammheimlich eine neue Abfallbeseitigungsstrategie für die von Grillern und Grölern vollgemüllten Parks?
Mietpreisbremse: Alles nichts – oder doch wieder?
Es war eine Schlappe für den Hamburger Senat und erst mal ein Schock für viele Mieter: Nach einem Urteil des Landgerichts ist die Hamburger Mietpreisbremse für einen Mietvertrag aus dem Jahr 2015 nicht anwendbar. Geklagt hatte ein Mann, der für seine Wohnung in Ottensen eine Nettokaltmiete von 14,01 Euro pro Quadratmeter zahlte und von seinem Vermieter einen Teil davon zurückverlangen wollte, da dieser, so dachte er, gegen die Mietpreisbremse verstoße: Seine Miete hätte 9,63 Euro je Quadratmeter nicht übersteigen dürfen. Gut und schön, befand das Gericht, aber so gehe das nicht, eines Formfehlers wegen: Der Hamburger Senat habe zwar im Juni 2015 seine Mietpreisbegrenzungsverordnung erlassen, aber die dazugehörige Begründung entgegen der Vorschrift erst viel später veröffentlicht – am 1. September 2017 –, sodass die Verordnung beim Abschluss des strittigen Mietvertrags am 1. September 2015 noch gar nicht gegolten habe. Das Landgericht ließ eine Revision nicht zu. Der Richterspruch sorgte für heftige Reaktionen: Der Mieterverein zu Hamburg will prüfen lassen, welche Chancen eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof haben könnte, sah die Mietpreisbremse durch die Entscheidung des Landgerichts gekippt und forderte den Senat zum »zeitnahen« Neuerlass auf. Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt kündigte noch gestern an, der rot-grüne Senat wolle die Mietpreisbremse binnen vier Wochen neu auf den Weg bringen, um für Rechtssicherheit zu sorgen. Was das nun für bestehende Mietverträge heißt, darüber wird noch gestritten werden. |
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