| Guten Morgen, | | |
sehr wahrscheinlich ist, wenn Sie diese Zeilen lesen, in Deutschland immer noch eine große Koalition an der Regierung. Gestern Abend debattierten führende Politiker von CDU und CSU im Kanzleramt bis Redaktionsschluss zum Thema Asyl. Vom Auseinanderfliegen des Regierungsbündnisses war nicht mehr die Rede, aber eine Einigung lag noch in weiter Ferne. Und wer weiß: bei dem Krisentreffen ging es auch um das Baukindergeld, ein Begriff, der gleich zwei Reizthemen in sich vereint…
Und was war noch? Schon in Sichtweite der Schulferien hat Schulsenator Ties Rabe bekannt gegeben, dass Hamburgs Schüler in Rechtschreibung nun wirklich besser werden müssen. »Es mag sein, dass wir in der Vergangenheit dem Thema Rechtschreibung nicht die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt haben wie andere Bundesländer«, sagte Rabe. Laut dem bundesweiten IQB-Bildungstrend 2016 erreichte über ein Viertel der Viertklässler nicht den Mindeststandard in Orthografie; die Neuntklässler hätten sich lediglich von Platz 15 auf Platz 14 verbessert. Zum jetzt vorgestellten Maßnahmenkatalog von Herrn Rabe gehören künftig sechs statt wie bisher vier Deutschklassenarbeiten pro Jahr; mindestens ein Sechstel aller Deutschstunden sollen für Rechtschreibunterricht und ein Sechstel für das Schreiben von Texten verwendet werden. Außerdem soll die bisher zur Diagnose eingesetzte »Hamburger Schreibprobe« durch die verbesserte Version »Schnabel» ersetzt werden. Warum das? »Die bisherige Schreibprobe verwendete immer dieselben Wörter und wurde von den Schülern nach kurzer Zeit auswendig gelernt«, so der Schulsenator. Hm, die Wörter konnten sie dann aber wenigstens.
Hamburg ist wieder um zehn Prozent teurer geworden: Um diesen Prozentsatz – und mehr – stiegen im vergangenen Jahr die Preise für Häuser, Wohnungen und Grundstücke in unserer Stadt. Das ergaben die Zahlen des Gutachterausschusses, der die notariell abgeschlossenen Kaufverträge auswertet und so die ehrlichste Statistik zum Hamburger Immobilienmarkt erstellt. Der Anstieg ist ähnlich wie im Vorjahr. »Kein Grund zur Hysterie«, lächeln Haus- und Wohnungseigentümer. »Kein Grund zur Hysterie?!«, ächzen Mieter.
Und noch ein kleiner Politskandal: Wie es aussieht, ist heute eine Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft, parallel zum WM-Spiel Deutschland – Südkorea. Und wie es weiter aussieht, wird nicht gemeinsam Fußball geschaut, sondern debattiert. Auch wenn SPD, Grüne und CDU sich eigentlich zumindest in der zweiten Halbzeit aufs Runde konzentrieren wollten: Die kleinen Fraktionen wollen unbedingt arbeiten oder zumindest die großen zwingen, das zu tun. Vermutlich wird die Politarbeit dann mit ähnlicher Konzentration vor sich gehen, mit der die Zuschauer der Karl-May-Festspiele die Aufführung während des Spiels Deutschland – Schweden verfolgten. (Wir haben debattiert, ob wir Ihnen den Link zur Bürgerschaftssitzung beifügen sollen, und uns dagegen entschieden.)
Jetzt auch Harburger Groko vor Zerreißprobe? Reicht es nicht, dass die Bundesregierung wackelt? Müssen wir den Koalitionsstreit regional nachmachen? In Harburg sieht es derzeit fast danach aus. Auch dort kriselt es in der großen Koalition; es könnte zum Zerwürfnis kommen. Denn SPD und CDU können sich nicht auf eine Kandidatin für die Leitung des Harburger Bezirksamtes einigen. Die SPD wünscht sich Jugend-Dezernentin Sophie Fredenhagen, die CDU will Verwaltungsfachfrau Petra Gerlach. Weil sich eine Lösung nicht abzeichnet, wurde die für Montag geplante Wahl abgesagt, der Harburger SPD-Kreisvorsitzende Frank Richter hat stattdessen für heute eine Sondersitzung einberufen. Hat die Groko in Harburg ein Ende? Noch sei alles offen, beschwichtigt Jürgen Heimath, SPD-Fraktionsvorsitzender in Harburg. Aktuell gebe es zwar Schwierigkeiten, gerade für die Kandidatinnen sei das eine »missliche und inakzeptable Situation«, aber eine Untergangsstimmung wolle er nicht heraufbeschwören. »In den nächsten Tagen müssen wir alle wieder etwas ruhiger werden und eine Lösung finden«, meint er. Und bleibt optimistisch, schließlich habe die Zusammenarbeit bislang sehr gut geklappt. Auch Rainer Bliefernicht, Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Harburg Süd, sieht das so. »Ich bin nach wie vor ein großer Verfechter der großen Koalition«, sagt er. Und: »Eigentlich waren wir uns am Sonntagabend einig, dass wir die Koalition nicht wegen dieser Frage aufs Spiel setzen wollen«, erzählt er – nicht wenig überrascht von den neusten Wendungen. Schließlich habe die CDU bereits zuvor eingelenkt und weitere Gespräche mit der SPD-Kandidatin angedacht. »Die Sondersitzung kam für uns aus dem Nichts«, so Bliefernicht. Ist da ein einzelner SPD-Mann eventuell vorschnell in die Offensive gegangen? |
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