| Guten Morgen, | | |
war gestern was …? Tja. Reden wir nicht lange drumherum, Sie wissen es ja ohnehin längst: Die deutsche Nationalelf hat es nicht über die WM-Vorrunde hinausgeschafft und im Spiel gegen Südkorea kläglich versagt. Auch im Zeitverlag war die Stimmung gestern dementsprechend, nun ja, gedrückt. Wurde mittags noch auf der Damentoilette gefachsimpelt (gut, wenn man vorher ein paar kluge Sätze aus dem Fußball-Bingo auswendig gelernt hat …), während in Deutschlandtrikots gekleidete Kinder am Büro vorbeidribbelten (ob die jemand engagiert hat …?), herrschte am Nachmittag eine geradezu gespenstische Stille im Haus, durchbrochen nur von einzelnen gequälten »Aaargh«-Rufen, die von irgendwoher durch die Gänge schallten. Nach dem Spiel: lange Gesichter, wütendes Schnauben und wiederum sehr kluge Einwände einzelner Kollegen, die »ja sowieso nicht mehr!« mit einem Sieg gerechnet hätten. Ja, hinterher ist man immer klüger. Mehr zum Spiel lesen Sie wie immer weiter unten in unserer WM-Kolumne, der »11vertiefung«. Doch genug vom Fußball, kommen wir zur Politik. In der gestrigen Bürgerschaftssitzung standen schließlich so einige nicht ganz unwesentliche Themen auf der Agenda: debattiert wurde etwa über die Einführung der Kennzeichnungspflicht für Polizisten und über den geplanten Lärmschutzdeckel an der A7. Doch rätselhafterweise schienen einige Abgeordnete nicht so ganz bei der Sache zu sein. Mit fortschreitender Stunde senkten sich jedenfalls verdächtig viele Köpfe nach unten, einige Plätze blieben ganz leer. Ob hier diverse WM-Live-Ticker auf den Smartphones für Ablenkung sorgten, können wir natürlich nicht mit Sicherheit sagen. Allerdings hatten SPD, Grüne und CDU sich vorher gewünscht, die Bürgerschaftssitzung zumindest während der zweiten Halbzeit zu unterbrechen (die anderen Fraktionen waren dagegen).
Dass Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit die Abgeordneten ausgerechnet während der Diskussion über den mutmaßlichen NSU-Mord an dem Gemüsehändler Süleyman Taşköprü ermahnen musste, die Debatte »in Würde zu Ende zu führen«, stieß allerdings schon bitter auf. Taşköprü wurde am 27. Juni 2001 im Lebensmittelgeschäft seiner Familie in der Altonaer Schützenstraße erschossen. Auf Antrag von Rot-Grün hat die Bürgerschaft gestern, an seinem 17. Todestag, eine Resolution verabschiedet, in der die Hinterbliebenen des Opfers für die mit einem falschen Verdacht geführten Ermittlungen um Entschuldigung gebeten werden. Denn wie schon bei den NSU-Morden in anderen Bundesländern hatten die Hamburger Ermittler lange nicht erkannt, dass die rechtsradikale Terrorgruppe hinter der Tat steckte. Die Täter wurden im Bereich der organisierten Kriminalität und im Rotlichtmilieu vermutet, rassistische Motive waren ausgeschlossen worden. Und noch heute gibt es offene Fragen; so ist etwa nicht klar, warum und wie ausgerechnet Taşköprü als Opfer ausgewählt wurde – seine Hinterbliebenen wollen diese Fragen in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss klären, den lehnt der Senat jedoch ab. So bleibt es bei der Entschuldigung.
Wie sich ein rassistisches Verbrechen auch Jahre später noch auf eine Familie auswirken kann, hat Vanessa Vu übrigens am Beispiel des 1980 in Hamburg ermordeten Do Anh Lan für ZEIT ONLINE recherchiert.
Doch nun zu dem, was sonst noch war.
Droht den katholischen Schulen endgültig das Aus? Es sieht nicht gut aus für die von Schließung bedrohten katholischen Schulen. Die Gremien des Erzbistums haben am Dienstagabend gegen eine Kooperation mit der Schulgenossenschaft gestimmt. »Ausschlaggebend war, dass die Gremien den wirtschaftlichen Sanierungskurs in Gefahr sehen, weil durch die Kooperation mit der Schulgenossenschaft eine hohe zusätzliche finanzielle Belastung auf das Erzbistum zukommen könnte«, sagte Bistumssprecher Manfred Nielen. Es sei bisher unklar, ob die Schulgenossenschaft wie angekündigt eine bedeutende Summe für die Weiterführung der vor dem Aus stehenden Schulen beisteuern könnte. Das letzte Wort hat nun Erzbischof Stefan Heße, der seine Entscheidung kommende Woche bekannt geben will. Mit einfließen sollen auch die Stellungnahmen der Hamburger schulischen Gremien wie der Schulleiterkonferenz und der Gesamtelternvertretung, die gestern und vorgestern getagt haben. »Es ist noch nichts endgültig entschieden, aber die Bistumsgremien haben durch ihr deutliches Votum ein Gewicht gesetzt«, betont Nielen. Vonseiten der Schulgenossenschaft kamen gestern zurückhaltende Töne: »Wir warten selbstverständlich ab, was der Erzbischof sagt. Er hat das zu vertreten und trifft die Entscheidung«, sagte uns Initiativensprecher Nikolas Hill. Kämpferischer gab sich hingegen Pascal Landahl, der der sich für den Erhalt der Schulen einsetzt, einen offenen Brief an den Papst mitinitiiert hat und damit nach Rom gereist ist (wir berichteten): »Die Entscheidung der Gremien war sehr erwartbar und ist trotzdem enttäuschend.« Für ihn hat die katholische Kirche in der Stadt so keine Zukunft. Gerade sitzt er an einem »Hamburger Manifest« mit 21 Thesen zur Erneuerung der Kirche, das er noch diese Woche veröffentlichen will – unabhängig davon, wie sich der Erzbischof schlussendlich entscheidet. |
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