| Große Geschütze gegen kleinen Vitrinenprotest
Großer Wirbel um einen kleinen Sturm im Wasserglas, oder besser: einen Protest im Glaskasten des Vereins für Gemeinwesen-, Kultur- und Sozialarbeit St. Pauli (GWA) gestern Nachmittag an der S-Bahn-Haltestelle Reeperbahn. Keine Demonstration, sondern eine Protest-Performance hatten die GWA-Leute geplant, hatten diese nicht angekündigt, sondern waren direkt in die Vitrine gestiegen. Allerdings blieben sie nicht lange, dann griffen Sicherheitsleute ein, selbst die Bundespolizei rückte an. Was die Aktion überhaupt sollte? Die Deutsche Bahn will mit ihrem Konzept »Zukunft Bahn« auch die Tunnelstationen der S-Bahn Hamburg auffrischen, ihnen ein modernes und helles Erscheinungsbild verleihen. Einheitlich soll es werden. Und was nicht dazu passt, muss weichen. So auch die etwa 1,60x1,20 Meter große Vitrine, die einst Ladenbetreibern im Viertel als Werbefläche diente und nun seit mehr als 20 Jahren vom Verein GWA bestückt wird und Wartenden am Gleis einen Einblick ins Stadtteilgeschehen gewährt. Hier wurde darüber informiert, was die Menschen im Viertel bewegt – der Kampf um die Esso-Häuser beispielsweise. In Zukunft aber soll es am Gleis nur noch digitale Werbedisplays geben, zentral gesteuert aus München. Dagegen wehrt sich der GWA. »Weit über 100 Mails haben wir erhalten, in denen Nachbarn und auch S-Bahn-Mitarbeiter ihre Sympathie für die Vitrine aussprechen«, erzählt Mitglied Carola Plata. Diese Mails wollten die GWA-Leute gestern in Auszügen und anonymisiert aus dem Inneren der Vitrine mit Megafon verlesen. Aber nach kurzer Zeit war Schluss. Und die DB-Pressestelle vermeldete nur lapidar: »Die DB bedauert, dem Wunsch des GWA St. Pauli nicht entsprechen zu können.«
Schlappe für Heidi
»Heidi᾽s Girl? Not me!« – zum gestrigen Auftakt der 13. Staffel von Germany᾽s Next Topmodel zeigt eine Gruppe Hamburger Mädchen im Musikvideo, was sie von der Casting-Show hält: nichts. Gemeinsam mit den Gender-Aktivistinnen von Pinkstinks Germany haben die 11- bis 15-jährigen Mädchen – ein Junge wirkt auch mit –einen »Ohrwurm gegen Heidi« erarbeitet. »Die Mädchen stören sich an der Inszenierung des Zickenbilds in der Sendung. Und sie fühlen sich von dem Körperbild, das dort gezeigt wird, unter Druck gesetzt«, sagt Ariane Elettow von Pinkstinks. So fragen sie in ihrem Lied »Not Heidi’s Girl« unter anderem »Was ist mit denen, die nicht ins Bild passen?«, singen von einer Fashion-Diktatur und von Sexismus in den Medien. »Den Mädchen geht es um einen grundsätzlichen Protest, sie wollen zeigen, dass solche Sendungen nicht in Ordnung sind, und wollen dies ins öffentliche Bewusstsein bringen«, erklärt Elettow. Sie wollen mehr sein als ihr Aussehen. Im Video zeigen sie sich stark, selbstbewusst und vor allem individuell. Sie fahren Skateboard, boxen und haben ein klares Statement: Hört auf, euch und andere zu hassen, und fangt lieber damit an, euch gegenseitig zu unterstützen! Bis Redaktionsschluss wurde das Video auf Facebook bereits über 33.000-mal geklickt und knapp 1000-mal geteilt. Aber es gab auch Kritik. »Ja, ganz cool, aber in dem Video sind auch nur normschöne Menschen«, schreibt eine Userin und macht damit genau das, was die Mädchen kritisieren – oberflächlich bewerten. So kommentiert Pinkstinks: »Auch normschöne Menschen, wenn ihr sie denn so nennen möchtet, dürfen protestieren, sich scheiße fühlen, wenn sie GNTM gesehen haben, und sich wünschen, dass sie nicht so viel Druck bekommen.« | |
|
|