| Guten Morgen, | | |
Radfahrer, die tagtäglich im rauen Hamburger Straßenverkehr bestehen müssen, benötigen offenbar einen gewissen Gehalt an Adrenalin im Blut, der sie befähigt, auf Verkehrshindernisse, plötzlich auftauchende Autos, Fußgänger oder Kritik reagieren zu können – blitzschnell und mitunter unbarmherzig. Nur so ist es zu erklären, dass selbst die Ankündigung in der Betreffzeile dieses Letters, diesmal seien Fahrräder KEIN Thema, energische Reaktionen hervorrufen konnte. »Halten Sie, Herr Spörrle, Radfahrer etwa für zu unwichtig, um sie zu thematisieren?«, schrieb Frau N. »Und wissen Sie was? Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie selber Rad fahren. SIE nicht!« Ich werde Ihnen, Frau N. und liebe andere Leserinnen und Leser, bei Gelegenheit ein Foto von mir auf einem echten Fahrrad zur Verfügung stellen. Gut, dass es auch besonnenere Zuschriften gibt. So schreibt Leser D. D., in Sachen Verkehr vom Fach: »Ich denke, der Anteil von aggressiven Menschen ist bei Fußgängern, Fahrgästen, Radfahrern und Autofahrern ungefähr gleich. Nur die Radfahrer kann man von allen am schlechtesten einschätzen.« Bei Autofahrern, so D., auch er bekennender Radfahrer – der unlängst erst von einem PKW abgedrängt wurde und stürzte (der Feigling am Steuer floh) –, bei Autofahrern könne man sich immerhin »weitgehend darauf verlassen, dass sie wenigstens nicht auf der falschen Straßenseite fahren«. Er macht die hohe Betriebstemperatur, mit der viele Radler unterwegs sind, daran fest, dass sich diese Zweiradisten »wahrscheinlich in ihrer Mehrzahl benachteiligt« fühlten, »in der Regel vom Autoverkehr«. Und hier, mailt D., gelte auch im Hinblick auf Fußgänger »die klassische Redewendung ›nach oben buckeln und nach unten treten‹«. Vielleicht sei es wirklich so, dass ein Versicherungskennzeichen, wie es Fahrräder in der Schweiz haben, das Schlimmste verhindern könne. »Man ist nicht mehr anonym unterwegs, und das ist den Herrschaften bewusst. Schließlich sind auch die verbalen Ausfälle im anonymen Internet um Potenzen schlimmer als im persönlichen Gegenüber.« Das stimmt. Und ein Versicherungskennzeichen, über das der Radbesitzer klar zuordenbar ist – das könnte sicher sehr viel Dampf aus der ganzen Sache rausnehmen. Das tue ich jetzt auch. Ab morgen begrüßt Sie an dieser Stelle wieder einmal Sigrid Neudecker. (Die ist, wie Sie wissen, unbarmherzig gegenüber radikalen Autoposern.) Ich möchte Ihnen aber noch einmal schnell und herzlich danken für all Ihre netten Mails mit freundlichem Zuspruch. »You made my day«, schrieb eben ein Leser. Seien Sie sicher: Umgekehrt ist das genauso. (Und eins noch: Wenn Sie bei unserem Tippspiel mitmachen und genauso staunen wie wir über diese WM, schauen Sie doch mal unten in die »11vertiefung«. Sie können Punkte gutmachen …)
Aus für den Schlagermove? Sonnabend wird ein großer Tag für Perückenträger – und eine Gelegenheit, ordentlich Fersengeld zu geben. Zwar dürften zumindest die Lockenköpfe in Schwarz-Rot-Gold inzwischen aus dem öffentlichen Raum verschwunden sein und das WM-Spiel um Platz drei – ohne das Fanfest auf dem Heiligengeistfeld – entsprechend nüchterner zur Kenntnis genommen werden. Mehr als ausgeglichen wird das jedoch durch den Schlagermove: Schon am Freitag wird St. Pauli wieder einmal zur feuchtfröhlichen Partyzone. Zum Davonrennen dürften das einige finden, deren Hauseingang in solchen Fällen als öffentliche Bedürfnisanstalt missinterpretiert wird (auch wenn die Move-Veranstalter sich da um Aufklärung und bessere Orientierung bemühen). Für Unmut sorgt das Schlagerfest aber auch, weil gleichzeitig in der City der Hamburger Triathlon starten soll (kommt Ihnen bekannt vor? Stimmt – das gab es schon 2017). Schwimmen, Radfahren, Rennen und gleichzeitig Tanzen, Trinken, Feiern – das sei zu viel für Hamburg, sagen nun auch die SPD und die Grünen im Bezirk Mitte. Weichen soll der Schlagermove, wie SPD-Fraktionschef Arik Willner gegenüber der »Welt am Sonntag« unmissverständlich klarmachte: »Hamburgs Idee von der Active City spielt eine größere Rolle als Betrink-dich-City!«, zitieren die Kollegen. Sollte der Veranstalter keine andere Route einschlagen, als weiterhin durch den Kiez zu ziehen, werde man Parade und Partys nicht mehr genehmigen. Eine klare Prioritätensetzung – aber hat nicht auch der Move selbst seine Daseinsberechtigung? Denken Sie an die Biene-Maja-Kostüme, und stimmen Sie ab – hier geht es zu unserer Umfrage. |
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