| | Markus Söder im Wahlkampf für die CSU, Juli 2018 © Matthias Merz/dpa |
Hier bin ich Mensch, hier kauf‘ ich ein: So wirbt ein großer Drogeriemarkt für sich. Und eine Supermarktkette verheißt auf einem Banner, welches sich über die gesamte Wand eines Gebäudes in München spannt, dass man sich in 800 Metern endlich wieder verlieben könne – dann nämlich, wenn besagte Filiale wieder eröffne. Das Menschliche am Mensch ist also der Konsum, in den Konsumkathedralen ist das Menschenkind wesenhaft bei sich. Kunde und Dienstleister paaren sich zu glücklichen Liebesbeziehungen; matchen, nennen Partnerbörsen das. Überhaupt hat der Mensch Konjunktur; auch die Politiker wenden sich kaum mehr an die Bürgerinnen und Bürger (oder Wählerinnen und Wähler), sondern an die Menschen. „Die Menschen in unserem Lande erwarten …“ – so beginnt jeder zweite Satz. Beim Mensch handelt es sich also in Wahrheit um die eigene Klientel. Der so Angesprochene hat mit dem oben erwähnten umworbenen Kunden vieles, wenn nicht gar alles gemeinsam: Der Klient – der Kunde ist König – darf bestimmen, was in den politischen Warenregalen feilgeboten werden soll, er darf mit „schmeckt mir nicht“ – als maximal komplexes Argument – die Auswahl reklamieren, bzw. verlangen, dass unattraktive Ware auf die Wühltische des Aussortierten verbannt wird, gleich, ob es sich um Artikel 1 des Grundgesetzes handelt oder um das christliche Gebot der Nächstenliebe. Schmeckt uns nicht. Weg damit. Geködert wird der Kunde Wähler mit Emotionen: Wir wissen, was dir fehlt – und wir haben es im Angebot. Die Mogelpackungen sind ins Geschenkpapier einer sowohl verkitschten („Heimat“) als auch verrohten Sprache („Asyltourismus“) gewickelt. Ist die Nachfrage einmal durch gezielte Paranoia-Kampagnen („Flüchtlingstsunami“) gesteuert und sind Bedürfnisse einmal generiert, kann man in schöner Eintracht und geteiltem Ressentiment die Einsicht, Humanität, Besonnenheit, Toleranz und Fähigkeit zur Selbstkritik verramschen. Die infame Rhetorik der Politverkäufer spart auch auf der symbolischen Ebene nicht mit Verstärkern: In Bayern wird wohl demnächst auch in Supermärkten, Nagelstudios und Wettbüros das Kreuz hängen. Der gemarterte Leib Christi muss herhalten für eine Politik der Unbarmherzigkeit, die Pharisäer in den Amtsstuben halten das Kruzifix womöglich in guter alter Exorzismustradition für ein probates Mittel der Teufelsbannung: Kein Fremder übertrete diese Schwelle. Und die Christsozialen, die mit „christlich“ und „sozial“ gleich zwei freche fakes im Namen führen, haben auch das Lager wieder salonfähig gemacht: Viele der Geflüchteten, die an Deutschlands Grenzen anlanden, sollten erst einmal in Lager verräumt werden, Mängelware, Ladenhüter, geschäftsschädigend, Spielverderber.
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