| Offene Fenster gegen die Hitzewelle
Es mutete fast dramatisch an, als die Hochbahn sich gestern per Twitter an ihre Fahrgäste wandte: Aufgrund der Hitzewelle kämen die Klimaanlagen in den U-Bahnen »an ihre Grenzen. Darum haben wir ab heute alle Fenster entriegelt, sodass Ihr diese auch hier jederzeit öffnen könnt«. In den älteren Bahnen ohne Klimaanlage sei das ohnehin der Fall. Drohen in der U-Bahn also gar klimatische Verhältnisse wie einst in den ICEs? Keine Sorge. Hochbahn-Sprecherin Constanze Dinse: »Es gab nur vereinzelte Ausfälle der Klimaanlagen. Betroffene Fahrzeuge werden umgehend ausgewechselt und instand gesetzt.« Aber ab 33 Grad Außentemperatur sei »die volle Kühlungsleistung erreicht«, auch wenn die Anlage dann immer noch dafür sorge, »dass die Innentemperatur die Außentemperatur nicht übersteigt«. Deshalb also grünes Licht für geöffnete Fenster: Die Klimaanlagen blieben eingeschaltet, der Fahrtwind kühle zusätzlich. »Und es hat keine Auswirkungen auf die Leistung der Klimaanlage«, so Dinse. Das bezweifelten gestern einige Twitter-Nutzer. Wir sagen: ausprobieren! Die voll klimatisierten Busse der Hochbahn stecken laut Dinse dagegen klaglos noch höhere Außentemperaturen weg. Und in den S-Bahnen sind Klimaanlagen ohnehin kaum ein Thema. Wie uns Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis mitteilte, seien in den Zügen des Typs BR 474 kleine Fenster zu öffnen, Klimaanlagen befänden sich dagegen nur in den wenigen neuen Zügen des Modells BR 490. Und sonst? »Da auf jeder Station die Türen offen sind für den Fahrgastwechsel, erfolgt auch die Luftzirkulation«, so Meyer-Lovis. Tja – auch ausprobieren?
»Ich werde mich konzentriert treiben lassen«
Ab August wird Autor Tilman Strasser, 33, drei Monate lang Hamburger Luft schnuppern. Er ist der neue Stipendiat des Literatur-Stipendiums »Hamburger Gast« und wird je einen Monat im Bergedorfer Schloss, im Schmidt Theater und in der Kulturwerkstatt Harburg öffentlich in die Tasten hauen. Wir haben Strasser gefragt, was genau er denn bei uns literarisch vorhat. Elbvertiefung: Ein Münchner als Hamburger Stadtschreiber – haben Sie sich das gut überlegt? Tilman Strasser: Alle meine Kinder- und Jugendfreunde haben es nicht weiter als nach Nürnberg geschafft und empfanden schon dort die Luft als recht dünn. Bei mir ist das anders. Während meiner Studienzeit in Hildesheim habe ich auch Hamburg, Bremen, Kiel kennengelernt und mich im Norden immer wohlgefühlt. EV: Der »Hamburger Schnack« ist Ihnen demnach nicht fremd? Strasser: Ich konnte mir schon eine Meinung bilden und weiß noch, wie ich damals verblüfft gedacht habe, dass mir das Hamburgische sehr entgegenkommt. Ich selbst rede zwar gern oft und viel, aber wenn dann ein Norddeutscher mit einer bedachten Silbe perfekt auf den Punkt artikuliert antwortet, ist das ein beflügelnder Gegenentwurf. EV: Sie wollten in Hamburg die »spezifische Schnoddrigkeit, das Zusammenspiel aus steifer Brise und knappem Witz« dokumentieren ... Strasser: Das habe ich damals so in mein Motivationsschreiben geschrieben. Das las sich gut. Ich kenne Hamburg noch nicht gut genug, um mehr als ein Klischee im Kopf zu haben, deswegen dachte ich, ich fange damit an und gucke vor Ort, was die Wirklichkeit ist. Das wird sich wahrscheinlich alles schnell und stark relativieren. Aber als gebürtiger Münchner und in Köln Lebender denke ich, dass sich eine spezifische regionale Färbung auch in unserer globalisierten Welt nicht vermeiden lässt. Diese Essenz, dieses Typische interessiert mich. Das kann ein Geruch sein, die Art, wie geredet wird, ein Gefühl oder alles zusammen ... EV: Und wie wollen Sie dieser Essenz auf die Spur kommen? Wird man Sie in den kommenden Monaten in den Kneipen der Stadt sehen, wo Sie sich im Feldversuch unters Volk mischen, um uns auszuspionieren? Strasser: Ich werde mich konzentriert treiben lassen, ziemlich bewusst planlos durch die Stadt laufen, Augen und Ohren offen halten und Dinge aufschnappen. Mir schwebt eine Art Dreimonatspanorama vor, mit Szenen, Gedanken und meinem Blick auf Hamburg und die Menschen in der Stadt. EV: Was haben Sie sich literarisch genau vorgenommen für Ihre Hamburg-Zeit? Strasser: Zum Stipendium gehört der Blog. Den werde ich mit irgendwas speisen, wahrscheinlich mit meinen Notizen in dramaturgisierter Form. Außerdem bringe ich mehrere unabgeschlossene Kurzgeschichten mit, die ich beenden möchte. Ansonsten habe ich das bewusst offengelassen, ich muss erst einmal gucken, was in Hamburg passiert. EV: Klingt, als sollten wir nicht auf einen großen Hamburg-Roman aus Ihrer Feder hoffen ... Strasser: Der Stadtschreiber, der den Promo-Roman schreibt, ist ein logischer Gedanke. Das Tolle an dem Hamburger Gaststipendium ist aber, dass man seine ganz normale Arbeit an neuem Ort weiterführen kann. Und wenn man drei Monate an einem Ort ist, dann wird der Einfluss auf den Text sowieso nicht verhinderbar sein. Das kann sprachlich oder thematisch sein. Vielleicht durchzieht dann auch eine edle Kühle den Text. Die Begrüßungsfeier mit Strasser und den Zweitplatzierten des Ausschreibungswettbewerbs Miriam Spinrath und Marcus Hammerschmitt findet am Sonntag ab 18.30 Uhr im Bergedorfer Schloss statt. | |
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