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Lieber Dr. acad. Sommer, ich habe eine Projektidee, mit der ich gerade zum dritten Mal bei einer Antragstellung gescheitert bin. Für mich steckt hier viel Herzblut drin, aber umso größer ist natürlich der Frust. Ist es jetzt Zeit, die Idee zu begraben? Oder sollte ich einfach hartnäckig bleiben und den Antrag weiter an verschiedenen Stellen einreichen?
Liebe/r X, viele der bisherigen Nobelpreise basierten zunächst auf obskuren Ideen, die nur schwer zu finanzieren waren. Insofern lohnt es sich, hartnäckig zu bleiben. Aber Achtung: Nur eine obskure Idee zu haben, führt selten zu einem Nobelpreis – der Umkehrschluss funktioniert also leider nicht! Das Wichtigste an einem abgelehnten Antrag sind die Kommentare der Gutachter. Sie ermöglichen es Ihnen, zwei grundsätzliche Fälle zu unterscheiden: Wurde Ihre Idee einfach nicht verstanden? Dann müssen Sie an der Darstellung Ihrer Idee arbeiten. Oder wurde sie verstanden, aber inhaltlich kritisiert? Dann müssen Sie sie überdenken, vielleicht sogar anpassen. Die schlechteste Strategie besteht jedenfalls darin, den nächsten Projektantrag genau so einzureichen wie bisher. Dazu folgende numerische Betrachtung: Die großen Drittmittel-Förderprogramme haben Zusagequoten von etwa 20%. Rein statistisch (!) betrachtet, sind für einen durchschnittlichen Antrag also fünf Anläufe nötig, bis dieser Erfolg hat. Nach drei Absagen ist es also definitiv zu früh, das Handtuch zu werfen. Viel wichtiger ist aber die Frage: Kritisieren die Gutachter immer dieselben Punkte? Dies wäre ein deutlicher Hinweis, dass Ihre Projektidee tatsächlich Schwächen hat. Diese Kommentare sind auch deshalb so wertvoll, weil sie die Schwächen Ihres Antrags offen und direkt ansprechen. Wenn Sie hingegen Ihre Kollegen nach ihrer Meinung fragen, kommt eine soziale Komponente hinzu: Wer Ihnen nahesteht, möchte Ihnen nicht mit Kritik wehtun – auch wenn vielleicht genau das notwendig wäre. Falls Ihre Institution ein Büro für Forschungsförderung hat, sollten Sie unbedingt auch dort um Rat fragen. Denn die Drittmittel-Referenten sehen jährlich mehrere Dutzend Anträge und können daher beurteilen, wo Ihr Projekt ggf. Schwächen hat und wie Ihre Chancen bei einer weiteren Einreichung stehen. Möglicherweise haben Sie ja auch nur das falsche Förderprogramm gewählt, oder Sie haben ein Alleinstellungsmerkmal nicht ausreichend herausgearbeitet? In jedem Fall kann Ihr nächster Antrag von einer kritischen Überarbeitung nur profitieren.
Dr. Uli Rockenbauch ist Persönlicher Referent der Geschäftsführerin der Helmholtz-Gemeinschaft und berät die Scientific Community im ZEIT CHANCEN Brief als "Dr. acad. Sommer". | | | | |
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