| Guten Morgen, | | |
es ist vorbei. Ein Wochenende, das sich so viel länger angefühlt hat als zwei Tage. Eines, an dem mitten in der Stadt gelaufen, geschwommen, geradelt wurde – und anderswo getanzt, gegrölt und gesoffen. Eine Stadt wie im Rausch: Das Volksparkstadion wurde erneut zum Helene-Fischer-Tempel, Tausende Sportbegeisterte jubelten den Triathleten an der Alster zu. Und dann war da noch die lange Schlagermove-Raupe, die sich bierselig und lautstark durch St. Paulis Straßen wälzte. Ich bin an solchen Tagen froh, nicht im Epizentrum der guten Laune zu wohnen und sämtliche »Hossa, hossa!«-Rufe mit einer Fahrt über die Elbe hinter mir lassen zu können. Auch die Lamenti über Großevents und die alljährlich diskutierte Frage, welche Daseinsberechtigung das Schlagerfest eigentlich noch hat, lassen sich so recht leicht ausblenden. Doch das Prinzip »Aus den Augen, aus dem Sinn« funktioniert auf lange Sicht selten gut. Und ist für die Bewohner von St. Pauli ohnehin keine Option. Das Ergebnis unserer kleinen Leserumfrage zeigt mir, dass es eben nicht reicht, jedes Jahr im Juli für ein paar Tage zu schimpfen und die Innenstadt zu meiden. Eine Lösung muss her. Die Frage »Schlagermove: ja oder nein?« polarisiert, Gräben ziehen sich auch durch unsere Leserschaft. »Der Schlagermove ist eine Heimsuchung, hinterlässt nichts als Müll und Fäkalien und darf nie wieder stattfinden!«, sagten 35 Prozent. Etwas gelassener, doch wohl nicht minder abgeneigt sind die 15 Prozent, die für »Ich sag mal so: Schön ist das nicht« votierten. 5 Prozent hauen lieber ab nach Pinneberg, denn »da ist es ruhig!«. Und 30 Prozent geben sich ganz tolerant: »Jedem Tierchen sein Pläsierchen, wir leben schließlich in einer freien Stadt.« Unter den restlichen Antworten finden sich dann noch einige Ideen, wie das kollektive Besäufnis künftig organisiert werden könnte, etwa diese: »Wenn der Veranstalter für alle Reinigungskosten aufkommt und noch etwas für den Stadtteil spendet, soll der Schlagermove durchaus stattfinden. Aber wie wäre es denn mit Hamm oder Horn?« Überhaupt plädierten viele Leser für eine Verlegung der Schlagerparade in andere Stadtteile oder eine jährlich wechselnde Strecke.
Wir halten fest: Die meisten von Ihnen haben genug von Federboas auf dem Kiez. Bliebe noch eine Frage: Schlagermove oder Triathlon? 45 Prozent bevorzugen den sportliche Wettkampf, 43 Prozent finden, beide Großevents sollten ihren Platz in der Stadt haben. Und nun? Repräsentativ ist unsere Umfrage sicher nicht, so viel ist klar. Zumal fast die Hälfte der Befragten außerhalb des Stadtzentrums wohnt, und nur 26 Prozent in der City. Und lediglich 13 Prozent wissen, wie sich so ein stundenlanger Schlager-Hitmix vor der Haustür wirklich anfühlt: Sie leben auf St. Pauli.
»Das Schönste? Morgens um 7 in der Alster schwimmen«
Über 8000 Teilnehmer starteten in den Einzelwettbewerben des Hamburger Triathlons. Am Sonnabend gewannen die Französin Cassandre Beaugrand und der Spanier Mario Mola die Sprintdistanzen (500 Meter Schwimmen, 20 Kilometer Radfahren, 5 Kilometer Laufen), Laura Lindemann sicherte sich Platz 2. Am Sonntag ging es dann über die olympische Distanz (1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren, 10 Kilometer Laufen). Die Mainzerin Elisa Scholl, mit der wir schon vor dem Rennen sprachen, war zum ersten Mal dabei und schaffte es in der Frauenwertung auf Platz 427 unter 664 Teilnehmerinnen. Wir haben sie gefragt, wie es war, und wissen jetzt: Sport macht glücklich. Elbvertiefung: Gratulation zum ersten Triathlon, Frau Scholl! Wie war’s? Elisa Scholl: Klasse! Man sagt ja immer, die Hamburger wären steif und zurückhaltend, aber ich habe selten so tolle Helfer und Wasseranreicher gesehen. Mein Bruder war ja später gestartet, und trotzdem durfte ich dann noch einmal über die Absperrung und die letzten Meter mit ihm mitlaufen. EV: Sie hatten also nach Ihrem Triathlon noch genug Power, um noch ein bisschen weiterzulaufen? Scholl: Das waren ja nur 30 Meter. Trotzdem ist es nicht die Norm, dass man das darf. Aber jeder war so hilfsbereit, da hat man sich einfach gut aufgehoben gefühlt. Am längsten wird mir das Gesicht des jungen Mannes in Erinnerung bleiben, der mir nach dem Schwimmen aus dem Wasser geholfen hat. Jeder hat einem gesagt: »Klasse gemacht!« EV: Sie sind ja noch voller Endorphine! Scholl: Ja! Und ich glaube, das wird auch noch ein bisschen anhalten! EV: Wie lief es denn sportlich? Scholl: Ich habe 3 Stunden und 3 Minuten gebraucht. Da denkt man sich nachher natürlich auch: Hm, eine Zwei davor wäre schon schöner gewesen. Aber ich bin zufrieden mit meiner Leistung. Beim Laufen hätte ich mir mehr Power gewünscht, dafür klappte das Schwimmen besser als im Training. EV: Sie haben jetzt den Hamburgern voraus, dass Sie in der Alster geschwommen sind. Wie ist das denn so? Scholl: Die hatte 20 Grad und war sehr angenehm, auch von der Strömung her. Aber wenn man mit dem Kopf unter Wasser geht, ist halt alles schwarz. Da sieht man all die Moosbrocken. Und wenn man später den Badeanzug auszieht, merkt man auch, wie viele man davon mitgenommen hat … EV: Wie klappte das frühe Aufstehen? Scholl: Besser als gedacht. In der S-Bahn waren dann auch schon einige andere Teilnehmer. Und an der Reeperbahn sind noch Leute vom Schlagermove eingestiegen. EV: Die hätten ja nahtlos weitermachen können. Scholl: Da hätte ich aber den Hut gezogen. EV: Was war der schönste Moment beim Triathlon? Scholl: Morgens um sieben Uhr in der Alster zu schwimmen: Da glaubt man selbst nicht, wo man gerade ist und was man gerade macht. Und nach dem Wenden dieser tolle Blick auf den Jungfernstieg! |
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