Marion Kiechle unter DruckNach gut 100 Tagen im Amt gerät Bayerns Wissenschaftsministerin
Marion Kiechle in Erklärungsnot. Als Professorin der TU München hat die
Gynäkologin im Februar
für ein Produkt in der Krebsmedizin geworben und dabei
verschwiegen, dass sie selbst
vom Verkauf profitiert (
Süddeutsche Zeitung,
BR). Nach den Regeln
guter wissenschaftlicher Praxis sind solche
Interessenkonflikte anzuzeigen. Den Berichten zufolge ist Kiechle zu etwa 10 Prozent an der Therawis Diagnostics GmbH beteiligt, die den Biomarker-Test "therascreen PITX2" auf den Markt brachte. Er soll bei der Entscheidung über Chemotherapieen für Brustkrebspatientinnen helfen. „
Dieser neuartige Test bedeutet für uns Ärzte einen großen Fortschritt in der Behandlungsoptimierung“, lässt sich Kiechle in einer Pressemitteilung zitieren. Ihre wissenschaftlichen Titel sind aufgeführt, nicht aber ihre Beteiligung an der Firma. Besondere Brisanz erfährt das Marketing für den
Biomarker-Test auch, weil PITX2
noch nicht ausreichend erforscht sein soll, um für den Einsatz im klinischen Alltag empfohlen werden zu können. "Das sind interessante Daten, die
weiter validiert werden müssen, bevor sie klinische Anwendung finden", erklärte
Nadia Harbeck von der Leitlinienkommission Mammakarzinom dem BR und der SZ. Räumte Kiechle in einer ersten Reaktion ein, dass „es besser gewesen“ wäre, „an dieser Stelle
meine Firmenbeteiligung noch deutlicher darzustellen“ (
BR), kündigte sie später eine
rechtliche Prüfung der Berichterstattung an: "Tatsachen“ würden „mit Fehlinterpretationen und Falschbehauptungen vermengt; das
schadet meiner wissenschaftlichen Reputation", sagte die 58-Jährige am Freitag in München (
AZ,
Passauer Neue Presse). In gut zwei Monaten wird in Bayern gewählt. Die CSU mit Ministerpräsident
Markus Söder an der Spitze hing Mitte Juli im Umfragetief bei
38 Prozent (
ZEIT-Online). SPD-Fraktionschef
Markus Rinderspacher forderte „eine
lückenlose Aufklärung“, und
Ludwig Hartmann, Spitzenkandidat der Grünen, legte Kiechle einen Rücktritt nahe: „Wer im wissenschaftlichen Bereich
trickst und täuscht, ist
für das Amt der Wissenschaftsministerin denkbar ungeeignet" (
SZ,
BR). Söder stellte sich noch am Freitag hinter seine Ministerin.
Rückendeckung erfährt Kiechle auch von
TUM-Präsident Wolfgang Herrmann. Die Vorwürfe ließen „jedes Augenmaß vermissen“ und gingen „an der
exzellenten wissenschaftlichen und klinischen Arbeit der Gynäkologin grob vorbei“, erklärte Herrmann in einer
Pressemitteilung.