| Guten Morgen, | | |
woran liegt es nur, dass wir in diesem Newsletter lediglich das Wort »Radfahrer« tippen müssen, und schon läuft unser Briefkasten über? Dito »Autofahrer«. Oder auch nur »Fußgänger«. Wieso kochen beim Thema Verkehr selbst die friedlichsten Gemüter über? Weil wir hier »abgedroschene Klischees über die bösen Radfahrer bemühen«, wie Leser Ralph W. uns vorwirft?
Irgendwie ist man in Hamburg bei diesem Thema ganz besonders unentspannt. Andauernd verhält sich jemand falsch, und immer sind das die anderen. Selbst befolgt man natürlich alle Regeln! Na ja, die wichtigen zumindest.
Wie kommt es dann, dass ich heute auf dem Weg in die Redaktion eine der wenigen Radfahrerinnen war, die an roten Ampeln gehalten hat? (Glauben Sie mir, da fühlt man sich richtig alt.) Wie kann es sein, dass mir, wenn ich nach der Arbeit spätabends am Kaiser-Friedrich-Ufer entlangfahre, wieder mindestens die Hälfte der Radler ohne Licht entgegenkommen werden? Weil das nicht so schlimm ist? Nun, genau dasselbe denkt sich auch der SUV-Fahrer, der kurz einmal auf dem Radweg parkt.
Der Punkt ist: Alle machen Fehler. Ja, sogar die Fußgänger, die gern auf dem Radweg spazieren gehen. Und entweder wir finden in Hamburg eine tolerante Haltung, um all die (kleinen) Fehler nicht nur bei uns, sondern auch bei allen anderen ein wenig entspannter zu sehen – oder die Stadt trennt in Zukunft alle Fortbewegungsarten strikt voneinander.
Und wie wahrscheinlich das ist, wissen wir mittlerweile.
Ob Kennzeichen für Radfahrer hier helfen würden, ist ein Thema für sich. In der Schweiz wurden sie – anders, als wir gestern berichteten – mittlerweile wieder abgeschafft.
Nur der Vollständigkeit halber: Ich träume von einer autoarmen Stadt, die viel sauberer, ruhiger und entspannter ist als das aktuelle Hamburg. Gut, ein Traum. Aber einfach nur deutlich weniger Autoverkehr würde sich bereits positiv auf die Gemüter aller auswirken, in mehrerlei Hinsicht. Von der Gesundheit wollen wir hier gar nicht sprechen. Und je entspannter (und möglicherweise auch regelkonformer) wir den Autofahrern etwas vorradeln, desto eher sind die vielleicht endlich zum Umsteigen bereit.
Apropos Umsteigen: Unser heutiges »Meine Stadt«-Bild hat in Eimsbüttel einige Tage lang für viel Gesprächsstoff gesorgt. Erst einmal stand da nur dieser merkwürdige Poller. Kurze Zeit später wurden zwei Piktogramme daneben auf den Boden geschraubt, die viele Passanten mindestens ebenso ratlos zurückließen. Die Handwerker, live bei der Arbeit ertappt, konnten auch nicht erklären, was sie da Interessantes montierten. »Hamburg hat zu viel Geld«, war ihre simple Schlussfolgerung.
Die Auflösung dieses Bilderrätsels (bitte nach unten scrollen!) hilft den feindlichen Gruppen im Straßenverkehr vielleicht dabei, sich öfter einmal in den jeweiligen Gegner hineinzuversetzen.
G20: Wie weit ist die Aufarbeitung? Während die linke Szene zum G20-Jahrestag am Sonnabend mit einem friedlichen Demo-Rave an die Geschehnisse erinnerte, werden in den Ermittlungsbehörden weiter Aktenordner gewälzt. 687 Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Randalierer hat die Staatsanwaltschaft inzwischen eingeleitet. Die Bilanz: 160 Anklagen, 59 Strafbefehle. 190 Fälle wurden mangels Tatverdachts eingestellt. Und 69 Urteile gab es bislang, wie uns Kai Wantzen, Sprecher des Landgerichts, bestätigte. Viel zu tun hat auch die Soko »Schwarzer Block«. 3200 Verfahren im Zusammenhang mit den Ausschreitungen wurden dort eingeleitet, über 800 Tatverdächtige sind inzwischen namentlich bekannt – und dass die Polizei im Zuge ihrer umstrittenen Öffentlichkeitsfahndung über 200 Fotos veröffentlichte, zeigte Wirkung. Immerhin 54 Personen wurden so identifiziert. Doch Gewalt ging während der Gipfeltage eben nicht nur von Krawallmachern auf der Straße aus. Die zahlreichen Beschwerden über mutmaßlich gewalttätige Polizisten hängen noch immer in der Luft. Wie kommt die Aufarbeitung hier voran? Rund 160 Verfahren hat das Dezernat für Interne Ermittlungen eingeleitet. 138 Fälle hat die Staatsanwaltschaft bearbeitet, wie Sprecherin Nana Frombach erklärt. Die Bilanz: 67 Einstellungen mangels Tatverdachts, 89 Beschuldigte wurden namentlich erfasst. Eine Anklage? Gab es bisher nicht. Und auch kein Urteil. Wird hier mit unterschiedlichem Maß gemessen? Laut Frank Reschreiter, Sprecher der Innenbehörde, sei es vielmehr »mühsame Kleinstarbeit«, den Vorwürfen gegen Polizeibeamte nachzugehen. Oft fehle es an Zeugenaussagen, nur 30 Prozent der Verfahren im Dezernat gingen auf Anzeigen von Geschädigten zurück. Ob es mit den linken G20-Reminiszenzen zu tun hatte, dass in der Nacht zum Montag mehrere Autos in Ottensen und Hohenfelde brannten, ist indes weiter unklar. So oder so: Die Gräben bleiben tief – und werden auch durch die juristische Aufarbeitung vorerst nicht geschlossen. |
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