| | Das ist Begi, das berühmteste Nilpferd Georgiens (© Vano Shlamov/AFP/Getty Images) |
Der Zoo von Tbilisi liegt im toten Winkel eines Autobahnkreuzes. Der Eintritt kostet bis zum Alter von drei Jahren nichts, danach einen und ab zwölf zwei Lari, weniger als einen Euro. Für das Taxi vom Liberty Square hierher habe ich acht Lari bezahlt, was vermutlich verhandelbar gewesen wäre, wenn ich auf diesem Gebiet nicht so unfähig wäre. Im Eingangsbereich finden sich keine Tiere, es sieht aus wie auf dem Rummel: Eine Schießbude, ein Karussell in Heißluftballonform, eine Würstchenbude, ein Autoscooter, ein Klettergarten und sechs immobile Rütteleinheiten (ein Motorrad, zwei Autos und drei Dinosaurier), für die ich dank der Alltagsprobleme eines Übersetzerkollegen die Vokabel kenne. Außerdem gibt es ein Dings, für das ich keine Vokabel habe, es handelt sich um drei Feuerwehrautos auf Schienen, in denen Kinder im Kreis fahren. Die Würstchenbude steht bei Betrachtung aus der Nähe leer, und alle Hütten sehen aus, als könnten sie einen frischen Anstrich vertragen. Ich denke an E., die mir gestern vom Zoobesuch abriet. Sie erzählte von der Überschwemmung Tbilisis im Juni 2015, bei der 19 Menschen starben und etwa 300 Zootiere ertranken. „Since then“, sagte sie, „it’s a depressing place“. Ich wollte trotzdem oder gerade deshalb hin, und mir fiel im Gespräch mit E. erst auf, dass Zoos schon lange eine Anziehung auf mich haben: Etwa einmal pro Jahr zieht es mich in einen der Berliner Zoos, wobei ich aus Gründen der Weitläufigkeit den Tierpark bevorzuge. Und in einer gewissen schwierigen Zeit meines Lebens habe ich keine Folge von Panda, Gorilla & Co. verpasst. Es hat eine merkwürdige Folgerichtigkeit, Georgien nicht zu verlassen, ohne in den Zoo zu gehen.
Die erste Ahnung, dass hier irgendwo Tiere wohnen, verbreitet sich angesichts eines großen, verglasten Beckens und bleibt eine Ahnung, denn das Becken ist leer. Vielleicht hat es die 20 Pinguine beherbergt, von denen 17 während der Überschwemmung gestorben sind, vielleicht auch ein paar Seehunde oder große Fische. Im nächsten Gehege leben vier Lemuren aus Madagaskar. Auf der Begleittafel steht, sie betrachteten liebend gern den Sonnenaufgang und ähnelten dabei meditierenden Menschen. Ich ähnele vermutlich eher einem Bartkauz beim Hypnoseversuch, während ich die Lemuren anstarre und beschließe, mein Zoointeresse in verschiedene Aspekte zu gliedern. Ich notiere: 1. Vermenschlichung von Tieren, Vertierlichung von Menschen: Wer ähnelt wem (wann und wozu)?
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