Theresia Bauer auf Talfahrt | Trump stellt chinesische Forscher unter Spionageverdacht | Open Science in München | 3 ½ Fragen an Anne-Sophie Waag

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
morgen ist Schaulaufen im wissenschaftspolitischen Berlin. Die Humboldt-Stiftung feiert mit Anja Karliczek als Rednerin 10 Jahre Humboldt-Professuren, und die Acatech zelebriert im Beisein von Angela Merkel die Präsidentschaftsübergabe. Derweil denkt Donald Trump in Washington darüber nach, Chinesen von der Forschung auszuschließen. In Stuttgart gerät Theresia Bauer immer tiefer in den Strudel der Zulagenaffäre. München eröffnet ein Open Science Center, und Anne-Sophie Waag plädiert in unserem Fragebogen dafür, Hochschullehrer gleich bei Stellenantritt in Didaktikseminare zu schicken.
   
 
 
 
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Theresia Bauer auf Talfahrt
Professoren mögen sie, und auch bei den Unichefs hat Theresia Bauer ein Stein im Brett. Mit ihrem Faible für die Hochschulautonomie ist die bündnisgrüne Politikerin aus Baden-Württembergs bereits drei Mal zur Wissenschaftsministerin des Jahres gewählt worden. Jetzt erfährt die 53-Jährige Ressortchefin im grün-schwarzen Kabinett von Winfried Kretschmann Stück für Stück, wie sich eine politische Talfahrt anfühlt. Seit Monaten hat sie die sogenannte Zulagen-Affäre mit einem Untersuchungsausschuss an den Hacken, in dem es um ungerechtfertigte Zahlungen an Professoren und um mögliche Versäumnisse der Ministerin geht, die bis zu Pflichtverletzung und Rechtsbeugung reichen könnten (Südwestpresse, Süddeutsche Zeitung). Vergangene Woche nun forderte Sascha Binder, SPD-Fraktionsvize und Obmann seiner Partei im Untersuchungsausschuss, politische Konsequenzen. „Eine laxe Rechtsaufsicht, wie sie Wissenschaftsministerin Bauer gern walten lässt, wird zu einer Gefahr für die Hochschulautonomie“, ließ sich Binder öffentlich zitieren. Anlass für die Offensive war eine Enthüllung, die die Hochschule Konstanz betrifft. Dort wurden über fünf Semester hinweg insgesamt 89 Lehraufträge an Angehörige der Hochschule vergeben. Das ist gesetzeswidrig. Die Staatsanwaltschaft ermittelt (Stuttgarter Nachrichten).
  
 
 
Chinesische Forscher in den USA unter Spionage-Verdacht
Im Schatten des Handelsstreits zwischen China und den USA droht nun auch den Wissenschaften beider Staaten Ungemach. US-Präsident Donald Trump möchte Wissenschaftler mit chinesischem Pass von „sensiblen Forschungen an amerikanischen Universitäten und Forschungseinrichtungen“ ausschließen. Die Begründung: Sie könnten geheimes Wissen an ihre Heimatländer weitergeben (New York Times). Medienberichten zufolge zieht das Weiße Haus Visa-Restriktionen in Betracht. Vertreter von Hochschulen und Wissenschaft halten dagegen. „Scientific progress depends on openness, transparency and the free flow of ideas", erklärte Rush Holt von der American Association for the Advancement of Science, "these principles have helped the United States to attract and benefit from international scientific talent" (InsideHigherEd). Was den wissenschaftlichen Austausch mit einer weiteren Forschungsgroßmacht Japan angeht, sind die USA gegenüber China schon heute ins Hintertreffen geraten. So zählen Japans Hochschulen aktuell rund 4.500 Kooperationen mit China, mit den USA dagegen knapp 3.200 (University World News). Anders ist das Bild in Deutschland. Dort zählen die Hochschulen 2.300 Partnerschaften in den USA, und 1.300 Kooperationen mit China (HRK).
  
 
 
Open Science in München
Transparent und replizierbar muss jede Forschung sein, die den Ansprüchen guter wissenschaftlicher Praxis genügen will. So die Theorie. Dass es in der Praxis mit der Reproduziertbarkeit von Forschungsergebnissen nicht besonders weit her ist, hat der Wissenschaftsrat längst in einem Positionspapier zur Integrität der Wissenschaft (PDF) angemahnt. Ein Echo dazu kommt jetzt, fast drei Jahre später, aus München. Die dortige Ludwig-Maximilians-Universität eröffnet am morgigen Dienstag ein interdisziplinäres Open Science Center. „Das Open Science Center ist ein starkes Signal und ein Programm“, erklärt der Geschäftsführer des Zentrums Felix Schönbrodt vollmundig in einer Pressemitteilung, „wir stehen für Integrität und Verlässlichkeit“. 
  
   
 
 
   
   
   
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Die Zahl
 
 
   
 
   
26
Prozent der Hochschulbeschäftigten sind in Deutschland mittlerweile über Drittmittel finanziert, sechs Prozent mehr als 2006. Die bundesweit höchsten Anteile an Drittmittel-Personal verzeichnen Bremens Hochschulen mit 40 Prozent, die niedrigsten die Hochschulen in Sachsen-Anhalt (16 Prozent).
   
 
   
   
Quelle: Destatis
   
   
 
 
   
 
 
   
 
 
 
 
3½  Fragen an…
 
 
   
 
   
Anne-Sophie Waag

Doktorandin an der Universität Mannheim
Was haben Sie zuletzt von jemand anderem gelernt?
Dass man nicht immer warten sollte, bis man das Gefühl hat, wirklich alles, alles bis ins letzte Detail zu wissen oder abgeklärt zu haben, denn vieles kann man erst im Tun selber lernen und daran wachsen. Trauen wir uns! Besonders bei Frauen beobachte ich häufig, bei mir selber eben auch, dass wir uns oftmals zurücknehmen, weil wir das Gefühl haben, noch nicht genug Expertise oder Wissen angehäuft zu haben, um uns beispielsweise auf eine bestimmte Stelle zu bewerben oder unsere Meinung zu einem Thema kundzutun. Es geht mir nicht um gedankenlose Meinungsäußerung oder überhöhte Selbsteinschätzung, aber wir können uns ruhig mehr zutrauen und darauf vertrauen, dass wir im Prozess und in der Praxis weiter dazulernen und nicht von Anfang an perfekt sein müssen.
 
Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Je länger ich mich mit dem Thema Hochschullehre auseinandersetze, desto mehr bin ich der Überzeugung, dass es ganz normal und selbstverständlich werden sollte, dass jede/r Hochschullehrende direkt zum Stellenantritt ein Hochschuldidaktikseminar belegt. Dies könnte den Stellenwert der Lehre langfristig aufwerten, uns Lehrende auch interdisziplinär besser untereinander vernetzen und der Lehrqualität und -innovation zugutekommen.
 
Lektüre muss sein. Welche?
Hannah Arendt. Ich bin begeistert davon, dass sie es schafft, komplexe politische Inhalte in eine verständliche und nachvollziehbare Sprache einzubetten und erschüttert davon, wie aktuell viele ihrer Analysen heute noch sind.
 
Und sonst so?
Ich bin sehr dankbar, in so tollen Arbeitsgruppen mitarbeiten zu dürfen! Der gute Austausch und die Wertschätzung, die wir einander entgegenbringen, tragen sehr dazu bei, die manchmal anstrengende und aufreibende Promotionszeit so gut bewältigen zu können. Danke euch!
   
 
   
 
 
   
 
 
   
   
   
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»Wenn man ehrlich ist …« ... wissen die einen nichts vom Leben der anderen. Obwohl sie in derselben Stadt wohnen. Die einen im armen Hamburger Osten, die anderen im reichen Hamburger Westen. Vier Jugendliche diskutieren über Markenklamotten, Kopftücher und Versagensängste

Beschäftigt – oder aufbewahrt Kitas sollen alle Kinder fördern. Dafür müssen sie aber gut sein. Und das ist das Problem. Besuch in zwei Frankfurter Einrichtungen Die Sorgen junger Europäer Eine Studie zeigt: Jugendliche in Europa beunruhigt die Kluft zwischen Arm und Reich

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c.t.
 
 
   
 
Gut, einen Rhetorikpreis wird Angela Merkel mit ihren Video-Podcasts nicht erringen. Freundlich formuliert zeichnen sich die Filmchen mit Kanzlerin eher durch ihre geradezu entwaffnende Reduziertheit aus, in der ein Lächeln der Hauptdarstellerin bei der Erinnerung an das eigene Physikstudium bereits als Preziose gelten darf. Unbedingt anklicken und ganz schnell Minute 1:42 ansteuern.
 
Quelle: Bundesregierung / Die Kanzlerin direkt
 
 
 
 
 
   
Wir warten ganz gespannt auf die Merkel-Rede am Dienstag bei der Acatech...

Ihr CHANCEN-Team


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