Freitext: Tijan Sila: Über den Abgrund hinaus

 
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10.05.2018
 
 
 
 
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Über den Abgrund hinaus
 
 
Ach, lieber FC Kaiserslautern, wie warst du einst glorreich. Aber ich bleibe dir treu und reise mit dir selbst ins letzte Kaff. Eine Liebeserklärung zum Abstieg
VON TIJAN SILA

 
© Andreas Schlichter/Bongarts/Getty Images)
 

Madame de Staël sagte, dass Reisen von allen Vergnügen das traurigste sei. Auswärtsfahrende Tifosi des 1. FC Kaiserslautern wissen ganz genau, was sie meinte. Nehmen wir mal das Spiel in Darmstadt: Dort waren wir in dieser Saison zwei Mal, allerdings nicht, weil es so schön war, sondern da das erste Spiel abgebrochen wurde, nachdem Jeff Strasser, unser damaliger Trainer, in der Halbzeitpause kollabiert war – Verdacht auf Herzinfarkt, das ganze Stadion verabschiedete den Krankenwagen mit You’ll Never Walk Alone. Die Ursache seines Zusammenbruchs war eine ins Trainingslager verschleppte Grippe; er hatte sich in seinen Bemühungen um den Klassenerhalt derart verausgabt, dass sein Herz aussetzte.
 
Fußballpathos ist einzigartig.
 
***
 
Ich habe in Heidelberg studiert, doch während meines Auslandsjahres in England beantwortete ich die Frage danach, woher ich komme, stets mit Kaiserslautern. Ich hatte nämlich festgestellt, dass nur jeder zehnte Brite von Heidelberg gehört hatte, sie alle jedoch Kaiserslautern kannten.
 
Nicht unbedingt die Stadt – aber den Fußballverein, und es reichte mir, wenn sie sich bei ihrer Einschätzung davon, wer ich war, daran orientierten.
 
Vergangenes Jahr, als ich in meine alten Heimat Sarajevo reiste und dort von meiner neuen Heimat Kaiserslautern erzählte, überraschte mich einer meiner Gesprächspartner – ein bosnischer Schriftsteller, der nie in Deutschland gewesen war – mit der Feststellung, wie schade er es doch finde, dass der 1. FC Kaiserslautern nicht mehr so erfolgreich sei wie in den Neunzigerjahren; das sei nämlich damals ein „zajeban tim“ gewesen, ein „galliger„, „gefährlicher“ Verein. Ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass es nur wenige deutsche Vereine gibt, deren Niedergang in Südosteuropa überhaupt bemerkt werden würde. Aber der FCK ist nicht irgendein Verein. Ich muss nicht die Vielzahl unserer Errungenschaften auffächern – und auch nicht der (irrwitzigen, haarsträubenden, tragischen) Fehlentscheidungen, die nun in unserem Abstieg in die dritte Liga ihren vorläufigen Höhepunkt finden.

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