| | | | | Klein anfangen, klug weiterplanen: So macht es Groningen
Stress auf der Straße, Radfahrer gegen Fußgänger, Autofahrer gegen Radfahrer – das muss doch besser zu regeln sein. Die Stadt Groningen in den Niederlanden macht es vor: Auch ohne weitläufige Straßen und breite Fahrspuren kommen sich Verkehrsteilnehmer immer weniger in die Quere! Rad- und Fußverkehrskoordinator Jaap Valkema erklärt, wie das funktioniert. Elbvertiefung: Wie gelingt es der Stadt Groningen, Radfahrern und Autofahrern gleichermaßen Raum zu geben? Jaap Valkema: Vor fünf Jahren haben wir angefangen, den Verkehr in großem Maßstab zu überdenken. Wir haben uns etwa die Straßen angeschaut, wo ohnehin weniger Autoverkehr fließt, und dort die Priorität auf den Radverkehr gelegt. Auf einigen Wegen verbieten wir den Autoverkehr, manchmal muss das aber gar nicht sein. Es geht uns darum, dass sich die Leute je nach Route bewusst entscheiden, ob sie das Auto, den Bus oder das Fahrrad nehmen. Führt ihr Weg durch einen Park oder ein Wohngebiet, nehmen sie eher das Rad, weil sie dort viel angenehmer fahren können. Wer die Hauptverkehrsstraße entlangmuss, entscheidet sich eher für das Auto. EV: Verbote für Autofahrer gibt es aber auch – denn quer durch die Innenstadt dürfen Autos in Groningen nicht fahren. Valkema: Das ist unser berühmter Verkehrszirkulationsplan, schon 1977 eingeführt. Wir haben mehrere Ringe, die um die Innenstadt herumführen. Das Zentrum ist in vier Sektoren eingeteilt. In diese Sektoren können Sie zwar mit dem Auto rein- und rausfahren, aber Sie kommen nicht von einem Sektor in den nächsten. Dafür müssen Sie wieder auf einen Ring. EV: Ist es wichtig, Rad- und Autoverkehr zu trennen? Valkema: Wir schauen da auf die spezifische Verkehrssituation: Auf größeren Straßen, wo 50 km/h oder schneller gefahren wird, sorgen wir für getrennte Radwege. In Wohngebieten entscheiden wir uns meistens dafür, Radfahrer und Autofahrer zusammen auf der Straße fahren zu lassen. Wenn ohnehin nicht schneller gefahren wird als 30 km/h, kommen auch die Radfahrer sicher durch. EV: Funktionieren solche Lösungen auch für eine Stadt mit rund zwei Millionen Einwohnern und Tausenden von Pendlern, nennen wir sie mal Hamburg? Valkema: Der Maßstab oder die Einwohnerzahl sind nicht so entscheidend. Wir bekommen ständig Besuch von Verwaltungsleuten, auch aus dem Ausland, die wissen wollen: Wie läuft das hier, und wie regelt ihr das? Denen können wir nur sagen: Wir haben einfach ein Konzept gemacht und losgelegt. Gegen einige Pläne wird dann protestiert, gegen andere weniger. Da hilft es meistens, erst mal klein anzufangen. EV: Wie denn zum Beispiel? Valkema: Im Westen der Innenstadt haben wir eine große Grünfläche, da führte früher eine Tempo-50-Straße mittendurch. Ende der achtziger Jahre kam die Idee auf, diesen Park den Radfahrern und Fußgängern zurückzugeben. Natürlich kann man da teure Eingriffe unternehmen – oder man testet es einfach. Die Stadt hat dann entschieden: Wir stellen auf der einen Seite einen großen Bulldozer auf die Straße und auf der anderen Seite auch, und dann warten wir mal zwei, drei Monate ab, was die Leute davon halten. Es gab dann ein Referendum, da waren 49 Prozent gegen die Sperrung und 51 dafür. Das war knapp, aber die Mehrheit hat entschieden, und so wurde es auch gemacht ... EV: Also lieber erst mal mit den Bürgern sprechen als groß umbauen? Valkema: Unsere »schlaue Fahrradroute« zum Campus hat auch klein angefangen. Da hatten wir anfangs ein Budget von 15.000 Euro, um Radfahrer von der Autostraße weg auf diese Route zu bringen. Da sagten alle: »Radfahrer zum Umdenken zu bewegen, das klappt doch nie!« Es hat dann aber doch funktioniert. Nach einigen Monaten war die Route so voll, dass wir die Radwege ausbauen mussten. Inzwischen überlegen wir, ob wir auf der Strecke noch eine Autostraße für die Radfahrer untertunneln. Das kostet zwar ein paar Millionen, aber dass sich das lohnt, ist für Bürger, Politiker und Verwaltung gar keine Frage mehr. EV: Ist es möglich, das Radfahren attraktiver zu machen, ohne gleichzeitig den Autofahrern etwas wegzunehmen? Valkema: Man muss natürlich schon irgendwo Prioritäten setzen. Wir versuchen dann das Augenmerk darauf zu lenken, was man dadurch gewinnt, wenn man woanders etwas einschränkt. Vor einigen Jahren haben wir zum Beispiel angefangen, die Zahl der Busse in der Innenstadt zu verringern. Den Platz auf der Straße, den wir damit gewonnen haben, wissen die Bürger schon zu schätzen. Oft bestätigt sich auch gar nicht, was die Leute befürchten. Als wir unseren Zirkulationsplan für die Innenstadt eingeführt haben, protestierten die Ladenbesitzer. Die meinten, die Leute würden nicht mehr kommen, wenn sie nicht mit dem Auto zum Einkaufen fahren könnten. Das Gegenteil war der Fall. Die Innenstadt hat für die Leute viel mehr Aufenthaltsqualität bekommen. Jetzt heißt es sogar: Die Stadt geht nicht weit genug, es sind immer noch zu viele Autos da! EV: Wir erleben immer wieder Situationen, in denen Radfahrer Autofahrer bewusst behindern und umgekehrt, einfach weil sich die Leute jeweils im Recht sehen. Gibt es das in Groningen auch? Valkema: Wenn es ums Radfahren geht, haben wir in den Niederlanden schon eine etwas andere Haltung. In Deutschland ist man vielleicht eher entweder Autofahrer oder Radfahrer. Natürlich sind sich die Leute hier auch mal im Weg oder regen sich übereinander auf. Aber hier sitzt jeder, der sich am Steuer über Radfahrer ärgert, noch am gleichen Tag selbst auf dem Fahrrad. Das macht einen großen Unterschied. EV: Oft hören wir, dass Fußgänger sich von Radfahrern gefährdet fühlen. Wie geht die Stadt Groningen damit um? Valkema: Die Debatte kennen wir, vor allem wenn es um die Innenstadt geht, wo sich viele Fußgänger und Radfahrer begegnen. Im Rahmen unseres neuen Innenstadtkonzepts probieren wir jetzt sogenannte hybride Zonen aus. Da gibt es rechts und links Streifen, auf die Radfahrer oder Fußgänger ausweichen können – je nachdem, welche Gruppe gerade größer ist. In der Theorie heißt das: Samstagnachmittags nehmen die Radfahrer Rücksicht und schränken sich ein, am Montagmorgen, wenn die Läden noch zu sind, weichen die Fußgänger aus. Wie das klappt, wird sich zeigen, aber bisher habe ich wenig Beschwerden gehört.
Heiße Tipps für Freiluftsport im Sommer »In diesem Frühling mache ich Sport«: Wer mit solchen Vorsätzen ins Jahr gestartet ist, sollte nicht zu eisern daran festhalten – oder die Kategorie »Frühling« überdenken. Denn bei 30 Grad und mehr kann Bewegung an der sogenannten frischen Luft auch zum Kollaps führen. Wolfgang Schillings, Sportmediziner am UKE Athleticum, gibt Tipps für das gesunde Mittelmaß. Die Morgen- und Abendstunden sind klüger als der Tag: Wenn die Sonne mal scheint, sollte man das durchaus nutzen – das tut der Haut und der Psyche gut. Aber wie immer kommt es auf die Dosis an. Wenn es so heiß ist, dass man sich draußen unwohl fühlt, sollte man Bewegung an der frischen Luft eher auf die kühleren Stunden des Tages verschieben. Vorsicht bei Sport in und auf dem Wasser: Leichte Bewegung in der Sonne, zum Beispiel Paddeln auf der Alster, ist für junge, gesunde Menschen schon okay. Dabei sollte man aber den Kopf vor der Sonne schützen, sonst drohen Übelkeit und Kopfschmerzen bis hin zum Kreislaufkollaps. Das gilt auch beim Schwimmen im Freibad: Subjektiv fühlt man sich im kühlen Wasser vielleicht wunderbar frisch – aber der Kopf bekommt trotzdem die volle Sonnendosis ab (denn so lange können nicht mal Sie tauchen). Fahrradhelm auf dem Kopf lassen: Auch wenn Sie schwitzen und sich wie ein nasses Brötchen fühlen – wenn es zum Unfall kommen sollte, ist die Verletzung das größere Problem. Fahren Sie also lieber kürzere Strecken, aber mit Helm, idealerweise mit einem, der genug Luft an den Kopf lässt. Oder schieben Sie das Rad, und denken Sie, Sie seien im Urlaub. (Dabei können Sie den Helm sogar abnehmen.) Die Runde um die Alster verschieben: Sieben Kilometer sind kein Halbmarathon, aber schon eine läuferische Anforderung. Die sollte man bei 30 Grad plus nicht angehen, auch weil die Schweißbildung für die Haut gefährlich werden kann: Sonnencreme – wenn sie überhaupt benutzt wurde – hält auf schwitzender Haut nicht lange, obendrein verstärkt der Feuchtigkeitsfilm die Sonneneinstrahlung. Aber für den Abendlauf gibt es heutzutage ganz hervorragende LED-Kopfleuchten (wenn Sie sie so aufsetzen, dass das Licht nicht SIE blendet, fallen Sie auch nicht in die Alster). Die eigene Fitness realistisch bedenken: Ein 25-jähriger Triathlet, der schon in anderen Klimazonen Wettkämpfe absolviert hat, steckt die zusätzliche Belastung bei heißem Wetter besser weg und trifft in der Regel auch die richtigen Schutzmaßnahmen, trägt also ein Käppi und trinkt genug. Wer weniger trainiert ist oder ohnehin Kreislaufprobleme hat, sollte sich zurücknehmen, sofern er nicht vorzeitig zum Erblasser werden will. Kühlen Kopf bewahren – auch bei der Arbeit: Man muss gar nicht mal Sport machen; in nicht klimatisierten Räumen oder draußen können hohe Temperaturen die geistigen Fähigkeiten und die Konzentration durchaus auch so einschränken. Ob es dann sinnvoll ist, den Achtstundentag abzusitzen, ist fraglich. (Wenn Sie es nicht schaffen, Ihren Chef von der Fraglichkeit zu überzeugen, denken Sie einfach daran, dass hohe Temperaturen auch die geistigen Fähigkeiten von Chefs einschränken können.) |
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