| »Wir wollen mit unseren Tönen Glauben vermitteln« Kiel wird am kommenden Wochenende zur norddeutschen Blechbläser-Hochburg. Grund sind der Landesposaunentag der Posaunenmission Hamburg – Schleswig-Holstein und der Tag der evangelischen Kirchenmusik. Nur ein Treffen für Traditionalisten? Mitnichten. Der (kirchlichen) Bläserszene geht es gut, wie uns Landesposaunenwart Daniel Rau im Interview erklärt hat. Elbvertiefung: Herr Rau, alle vier Jahre findet der Landesposaunentag statt. Was gibt es denn so Neues bei den Posaunisten? Daniel Rau: Entgegen dem allgemeinen Trend, dass die Teilnehmerzahlen in kirchlichen Kontexten rückläufig sind, haben wir einen großen Sprung nach vorne gemacht. Bisher gab es bei den Landesposaunentagen zwischen 850 und 1000 Anmeldungen, diesmal haben wir mehr als 1350. Darunter sind etwa 300 Kinder und Jugendliche – das freut uns besonders. Vor allem, weil es ja nicht unbedingt hip ist. Weltliche Posaunenchöre beispielsweise sind in Norddeutschland nicht so stark vertreten wie im Süden, wo sie eine viel stärkere Tradition haben. EV: Umso erstaunlicher ist die Steigerung im kirchlichen Bereich. Wie erklären Sie sich die? Rau: Dabei spiegelt sich die gute Arbeit in den Gemeinden wider. Dort werden Anfänger für die Chöre gewonnen, häufig ehrenamtlich. Und dank Subventionen seitens der Kirche gibt es den Unterricht oft kostengünstig oder sogar kostenfrei. Außerdem sind gemeinsame Unternehmungen attraktiv, der Eventcharakter. Es ist was anderes, ob ich mit ein paar Leuten auf dem Dorf musiziere oder mit 1000 Bläsern in einer Stadt, wie es am Freitagabend auf dem Asmus-Bremer-Platz in Kiel stattfinden wird. EV: Posaunenchöre assoziieren viele sicher eher mit ländlichen Gebieten als mit einer Großstadt. Wie ist es um die Bläser in Hamburg bestellt? Rau: Gut, die Zahlen sind stabil. Es gibt rund 50 Posaunenchöre in Hamburg. Die machen gerade in den Randgemeinden viel Jugendarbeit und haben Angebote, die sich in den Alltag der Kinder und Jugendlichen einfügen, weil wir zum Beispiel auch auf das Wochenende ausweichen können. Etwa ein Viertel der Teilnehmer des Posaunentags kommt aus Hamburg. EV: Und was genau bietet ein Posaunenchor nun dem Stadtkind? Rau: Ein Punkt ist der soziale Aspekt. Eine der großen Stärken ist, dass Kinder das Musizieren im geschützten Rahmen lernen, in einem überschaubaren Bereich. Da steht der Achtjährige neben dem 30-Jährigen und dem Professor im Ruhestand. Das erfordert gegenseitige Rücksichtnahme, trainiert das Konzentrationsvermögen. Wer das schafft, hat schon viel gelernt fürs Sozialverhalten. Außerdem ist der Kontrast für junge Leute interessant, zwischen dem Selbstgemachten und dem Technischen: Sie können sich diese Fähigkeit nicht ergoogeln, sondern erbringen selber eine wertvolle kulturelle Leistung. EV: Mit Verlaub: Diesen Eindruck gewinnt man nicht bei jedem Posaunenchor. Haben die Chöre nicht auch mit einem angestaubten, provinziellen Image zu kämpfen? Rau: Doch, schon. Aber es gehört dazu, etwa bei Kranzniederlegungen oder Volksfesten präsent zu sein. Und wir arbeiten daran, dass jeder Posaunenchöre gerne hört. Unsere Hauptschlüssel sind Qualität und Aussage und das Gemeinschaftliche. Dabei verstecken wir auch nicht unsere Verbindung zur Kirche … EV: Dazu passt natürlich der Name Posaunenmission Hamburg – Schleswig-Holstein. Rau: Ja. Dahinter steht für uns schon der Gedanke der Missionierung. Der ist für uns zentral, obwohl der Begriff Mission ja auch eine eckige Bedeutung hat. Aber wir wollen mit unseren Tönen einfach Glauben vermitteln. Es gibt diesen gemeinschaftlichen Moment beim Musizieren, der sehr kostbar ist. Und das Ziel beim Posaunentag ist es, den zu schaffen. EV: Wieso hat man sich für all das eigentlich ausgerechnet Blechblasinstrumente ausgesucht, in die man noch so merkwürdig reinpusten muss, damit da überhaupt ein Ton herauskommt? Rau: Zur Entstehungszeit der Posaunenchöre vor über 150 Jahren suchte man nach Instrumenten, deren Klang weit trägt. Und da der Himmel schon voller Geigen hängt, hat man sich hier unten für das Blech entschieden, das auch deutlich wetterresistenter ist.
Trauerspiel um Schweinswale Sie besuchen Hamburg im Frühjahr, jagen Stinte und verzücken Beobachter: Schweinswale, die ihre Verwandtschaft mit Delfinen optisch kaum leugnen können (und sicher auch nicht wollen). Wenn die Meeressäuger genug haben vom Trubel in, auf und an der Elbe, schwimmen sie zurück in die Nordsee. Wie es ihren Artgenossen in der Ostsee geht, werden sie kaum wissen. Nicht gut, weiß hingegen der WWF. Die Organisation für Natur- und Artenschutz schlug angesichts des Internationalen Tags des Ostseeschweinswals am Pfingstsonntag Alarm. »Höchstens 500 Schweinswale gibt es noch in der zentralen Ostsee. Auch in der westlichen Ostsee ist ihr Bestand rückläufig«, so die Umweltschützer. Schätzungen zufolge, berichtet die dpa, leben dort, in der Beltsee, immerhin noch 30.000 Exemplare. Das Problem der Schweinswale östlich des Darß hingegen: Keines der fünf Schutzgebiete vor der deutschen Ostseeküste stellt laut WWF ein echtes Refugium für die Tiere dar. »Es klingt absurd, aber Fischerei, auch mit gefährlichen Stellnetzen, ist in allen Meeresschutzgebieten der Ostsee erlaubt, sodass die kleinen Wale sich weiterhin in den unsichtbaren Netzen verfangen und ertrinken«, kritisierte WWF-Meeresschutzexperte Stephan Lutter. Zudem störe Schiffslärm ihr natürliches Verhalten. »Sie brechen das Auftauchen zum Luftholen ab, hören auf, Fische zu jagen, und schwimmen zum Meeresgrund«, erläutert Lutter. Riskant ist nach Ansicht des WWF eine Maßnahme, die dem Schutz der Tiere dienen soll: PAL-Sender (»Porpoise Alert«) an Netzen imitieren die Warnrufe der Schweinswale, um zu vermeiden, dass sich die Tiere in selbigen verfangen. Aber: »Falls die Warnsignale die Schweinswale aus ihren geschützten Lebensräumen vertreiben, erreicht man das Gegenteil von Schutz«, warnt Lutter. Es sei ein »Trauerspiel, dass der Schweinswal nicht mal im Schutzgebiet Ruhe finden kann«. |
|
|