| | Der Wiener Hutmachermeister Shmuel Shapira © Marko Lipuš für ZEIT ONLINE |
Über den Musiker und Schauspieler John Lurie schrieb Tad Friend einst im New Yorker: „He wore a Borsalino Fedora and old suits. Between Fourteenth Street and Canal—the known universe, basically—he was the man.” Es waren die Achtzigerjahre, in denen sich John Lurie bewegte, aber die Zeiten, in denen sich ein Mann über seinen Hut definierte, waren eigentlich längst vorbei. Gemeinhin wird der Beginn der Sechszigerjahre als jene Zeit angesehen, in welcher der Hut weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwand – John F. Kennedy war 1961 der erste US-Präsident, der sich ohne angeloben ließ. Eine neue Haarmode (Elvistolle!) sowie das Automobil als Massentransportmittel (ein VW-Käfer war einfach zu niedrig, um darin einen Hut zu tragen) trugen maßgeblich dazu bei. Die gut aussehenden, Hut tragenden Mad Men aus der Madison Avenue hatten ausgedient. Löbliche und weniger löbliche Ausnahmen gab und gibt es natürlich auch in den Jahrzehnten danach: Sangesbarde Leonard Cohen ging nie ohne seinen Fedora auf die Bühne, mit diesem „Tschako“ rundete er das Gesamtbild eines vollkommenen Gentleman ab. Und Radaubruder Pete Doherty stieß unter den jungen Nachahmern sogar so etwas wie ein kurzes Hutrevival an. Davon, deswegen „the man“ zu sein, war er aber weit entfernt. Sein Gesamtbild litt nicht zuletzt unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol, da nützte auch der Fedora nichts. Und Bob Dylan? Naja. Die Verzweiflung der leidenschaftlichen Hutträger Der Fedora geht auf die Schauspielerin Sarah Bernhardt zurück, die 1882 in einem gleichnamigen Theaterstück eine Prinzessin Fédora (Romanoff) spielte. Der Hut, den sie dabei trug, wurde fortan nach dieser Figur benannt. Er bezeichnet einen (oft weichen) Filzhut, der längs der Krone eingeknickt ist und sich an der Vorderseite nach unten biegt. In den Zwanzigerjahren löste er den zuvor von den meisten Männern getragenen Homburg ab. Das war ein recht hoher Hut mit hochgebogener, eingefasster Krempe, den man noch am jungen Willy Brandt sehen konnte. Nun, da die Firma Borsalino in Konkurs gegangen ist (oder jedenfalls jener Teil, der vom Investor mit Schulden belastet wurde), wird auch wieder verstärkt die wirtschaftliche Seite der Hutfertigung beleuchtet. Dieser Markt wird mittlerweile wie alle anderen Märkte auch mit Waren aus China überschwemmt. Was die Bauern im Lagerhaus vorfinden oder die Touristen am Strand, das hat daher längst nichts mehr zu tun mit dem, was die Gangsterbosse der Zwanzigerjahre trugen oder Humphrey Bogart in Casablanca. Nicht zuletzt deshalb fragen sich die wenigen verbliebenen, aber leidenschaftlichen Hutträger der Welt in Internetforen wie The Fedora Lounge zunehmend verzweifelt: „Are there no hatters anymore?“
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