| Guten Morgen, | | | | Sigrid Neudecker / Foto: Gretje Treiber | |
haben Sie Mitleid mit uns! Wir wollten gestern auf keinen Fall zu zivilem Ungehorsam aufrufen, als wir, Pardon, als der Meteorologe zum Blaumachen aufrief. Doch wir gestehen, dass wir am Sonntag unter dem schönen Wetter ein wenig gelitten haben. Draußen vor dem Fenster jubelten spielende Kinder, die Freunde posteten Sonnenfotos auf Facebook, die Temperatur im Arbeitszimmer stieg – und die einzige Möglichkeit, wie wir Sonntagsarbeiterinnen von den sommerlichen Temperaturen profitieren konnten, war, zwischen zwei dienstlichen Telefonaten endlich einmal alle Bettvorleger durchzuwaschen. Da ging die Fantasie ein wenig mit uns durch.
Aber wir wussten auch, dass unsere Leserinnen und Leser zu verantwortungsbewusst und selbstbestimmt sind, um sich von einem kleinen, sehnsuchtsgesteuerten Aufruf zur Anarchie beeinflussen zu lassen. Entsprechend kamen Ihre entrüsteten Mails auch fast alle vor 10 Uhr, das zeigt uns also, dass Sie uns völlig zu Recht ignoriert haben. (Die Mails all derer, die unserem Aufruf gefolgt sind, kommen dann vermutlich, sobald das Wetter wieder schlechter wird.)
Sie sind übrigens auch zu gebildet, um uns unwidersprochen abzukaufen, dass Phil Collins damals, 1971, als »The Return Of the Giant Hogweed« rauskam, bereits Genesis-Frontman war. Das war selbstverständlich noch Peter Gabriel. Der Fehler war eindeutig der Überhitzung anzulasten.
Und jetzt zurück zum Ernst des Lebens. Wer in Hamburg etwa an Depressionen oder Angststörungen erkrankt, muss durchschnittlich 18 Wochen auf eine Psychotherapie warten. Viele psychisch Erkrankte telefonieren lange Listen an Therapeuten ab, bis sie endlich behandelt werden. In Hamburg sind die Wartezeiten kürzer als im Bundesdurchschnitt – aber länger als im Schnitt der deutschen Großstädte, die generell besser versorgt sind als der ländliche Raum. ZEIT:Hamburg-Kollegin Ruth Eisenreich recherchiert gerade zum Thema Wartezeiten und sucht Betroffene in Hamburg, die von ihren persönlichen Erfahrungen erzählen können und möchten. Die Namen können bei Bedarf im Text geändert werden. Sie freut sich über Mails an ruth.eisenreich@zeit.de.
Tödlicher toter Winkel Ein Lkw und eine Radfahrerin stehen an einer roten Ampel. Der Lkw will rechts abbiegen, die Radfahrerin geradeaus fahren. Als es grün wird, kommt es zur Tragödie. Der Lkw-Fahrer übersieht die Radfahrerin, sie erliegt noch an der Unfallstelle ihren Verletzungen. So ähnlich könnte sich gestern ein tödlicher Unfall in Eimsbüttel zugetragen haben. Und er ist leider kein Einzelfall. Immer wieder übersehen Lkw-Fahrer gerade Radfahrer – 38 Todesopfer gab es deswegen allein vergangenes Jahr bundesweit – und zwar auch dann, wenn der Lenker sich vor dem Abbiegen so gut wie möglich abgesichert hat. »Aber durch den toten Winkel kommt es oft dazu, dass er schlicht nichts sieht«, sagt Hans Piper vom ADAC. Jeder Lkw habe zwar mittlerweile nicht weniger als drei Außenspiegel, verriet uns ein befreundeter Berufsfahrer, »aber das reicht immer noch nicht. Selbst, wenn du dich dreimal umgedreht hast, kommt da noch ein Radfahrer, den du gar nicht wahrnehmen konntest.« Assistenzsysteme, die durch Blinken oder Piepsen signalisieren, dass sich etwas im toten Winkel bewegt, wären laut Hans Piper Teil einer Verbesserung. »Die werden derzeit jedoch nur von einem Hersteller angeboten.« Und sind noch nicht verpflichtend, auch wenn das Bundesverkehrsministerium den Einbau solcher Systeme fördert und sich für ein entsprechendes Gesetz auf internationaler Ebene einsetzt. Laut Dirk Lau vom ADFC habe jedoch ausgerechnet Hamburg einer entsprechenden Bundesratsinitiative mehrerer Länder Ende April nicht zugestimmt. Eine weitere Möglichkeit wären eigene Ampelphasen, die verhindern sollen, dass dem Abbiegeverkehr überhaupt noch jemand in die Quere kommt. Doch auch diese sind Zukunftsmusik. Bis dahin hilft nur erhöhte Vorsicht bei allen Beteiligten sowie ganz prinzipiell davon auszugehen, dass man vom Lkw-Lenker nicht gesehen wird. Sicherheitshalber. |
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