Das Wunder von Kassel | Liebling Berlin | 3 ½ Fragen an Bärbel Schön | Standpunkt Jan-Martin Wiarda: Kommt die NC-Zeitenwende?

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
hervorragend, Sie sind gerade online und damit dort, wo Sie sich in dieser Woche hoffentlich besonders oft aufhalten. Es ist schließlich Open Education Week. Ansonsten schauen wir genauso gespannt wie Sie nach Berlin, wo Merkel & Co nach der monatelangen Operation Regierungsbildung nun wirklich bald die Ärmel hochkrempeln können. Die Chancen auf eine Zeitenwende beim NC klopft Jan-Martin Wiarda im Standpunkt ab. Und Bärbel Schön regt im Fragebogen eine "Mee Too"-Debatte zur Benachteiligung junger Wissenschaftler an.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Wundersame Geldvermehrung in Kassel
Wir starten mit einer kleinen Posse in die Woche, und zwar aus Kassel. Versehentlich hat die Universität von ihren Studierenden 82 Cent zu viel als Semesterbeitrag eingezogen. Wer wollte, konnte sie wieder abholen – was aber kaum jemand getan hat. Jetzt hat die Uni 21.000 zusätzliche Euro im Säckel; der Asta will den Betrag im Bereich Mobilität und Kultur ausgeben (HNA).
  
 
 
Kanada geht auf Risiko
Justin Trudeau fällt in diesen Wochen nicht nur wegen seiner Kleiderwahl aus dem Rahmen. Mindestens genauso bemerkenswert ist seine Forschungspolitik. Mit ihr landete Kanadas Premierminister nun auch in nature. Denn: Trudeau erhöht das Forschungsbudget in den nächsten fünf Jahren a) um 2,3 Milliarden Euro und stellt b) rund 180 Millionen Euro in einem Extrafonds für riskante, interdisziplinäre und internationale Projekte bereit. Kanadas Unichefs sind begeistert (InsideHigherEd). Die Investitionen wären „historisch“, loben sie in einer Stellungnahme.
  
 
 
Liebling Berlin
Im Nordduell der Wissenschaftsstandorte Hamburg und Berlin muss die Hansestadt einen Dämpfer hinnehmen. Erck Rickmers, Spross einer  traditionsreichen Hamburger Reederfamilie, stiftet rund acht Millionen Euro für die Erforschung des gesellschaftlichen Wandels – ohne seine Geburtsstadt zu bedenken. Der Mäzen entschied sich stattdessen für Unis im kalifornischen Santa Barbara, in Venedig, Cambridge und in Berlin für die Humboldt-Universität. Das HU-Wissenschaftlerteam wird von der Philosophin Rahel Jaeggi geleitet und soll die Krisen der Demokratie und des Kapitalismus erforschen (rbb, Handelsblatt, Hansa International Maritime Journal).
  
 
 
CEU ist reakkreditiert
Neuigkeiten aus Budapest: Die bedrohte Central European University ist reakkreditiert worden. Das Siegel der ungarischen Akkreditierungskommission ist nach CEU-Informationen wenige Tage alt und gilt für fünf Jahre. Mit ihm ist die US-geführte Universität allerdings längst noch nicht vom Haken der nationalistisch-populistischen Regierung Viktor Orban. Wie ein CEU-Sprecher der New York Times erklärte, existiert weiterhin kein staatliches Dokument, das den Bestand der CEU dauerhaft garantieren würde. Gegründet 1991 von Orbans Lieblingsfeind, George Soros, steht die Hochschule seit einer Gesetzesnovelle im vergangenen Jahr vor dem Aus (ZEIT).
  
 
 
In eigener Sache
Erinnert sich noch irgendjemand an den deutschen Liedermacher Funny von Dannen und dessen großartigen Song „Gutes tun“? Das sei, so heißt es im Refrain, gar nicht schwer. Das Lied mündet am Ende in der Aufforderung an alle: „Versuchs doch mal mit Gutes tun, dann geht alles besser“. Hervorgekramt haben wir das mehr als 20 Jahre alte Stück aus – wie es so schön heißt – aktuellem Anlass. Die Deutsche Universitätsstiftung und die Wissenschaftliche Buchgesellschaft zeichnen die ZEIT-Stiftung als „Wissenschaftsstiftung des Jahres 2018“ aus (idw-online, Hochschulverband). Wir freuen uns mit den Kolleginnen und Kollegen der ZEIT-Stiftung und verlinken zum "Gutes tun"-Song.
  
   
   
   
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Die Zahl
 
 
   
504

Seiten umfasst der jüngste Bericht der EU-Kommission zu Wissenschaft, Forschung und Innovation in Europa. Jetzt nur keine Panik: Wem das zu fett ist, der kann sich in einem Video Mut machen lassen
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3½  Fragen an…
 
 
   
Prof. Dr. Bärbel Schön

Bis 2015 Professorin für Erziehungswissenschaft an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Eine MeToo-Debatte, über all das, was Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Ignoranz, Benachteiligung und Zumutungen auf dem Weg nach oben erfahren, wäre auch nicht schlecht.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Wissenschaftliche Leistungen nur an Veröffentlichungen, Impact Faktoren oder Beiträgen in peer-reviewed journals zu messen, reproduziert den Mainstream und das System der Macht („Old-Boy-networks“). Statt dessen könnte man bei Berufungen auch gute Lehre, Querdenken, Interdisziplinarität und den Gang nach „draußen“ als Kriterien berücksichtigen. Ich weiß, dass mir wenigstens hinter vorgehaltener Hand viele Wissenschafterinnen und Wissenschaftler recht geben, also lasst uns endlich damit beginnen.

Lektüre muss sein. Welche?
Martin Seligman: Flourish. Wie Menschen aufblühen: Suche das Glück in der Verbundenheit mit anderen Menschen und engagiere Dich für das, was Sinn macht

Und sonst so?
Ob Pupsen oder Maulwurfmatsche – Kinder finden immer was zum Lachen, wir können von ihnen lernen.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Standpunkt
 
 
   
   
von Jan-Martin Wiarda
Kommt die NC-Zeitenwende?
Der Zeitplan ist ehrgeizig. Bis Mai sollen die Wissenschaftsministerien der Länder für ihre Chefs die Grundzüge eines neuen Staatsvertrages zur Medizin-Studienplatzvergabe erarbeiten. Beine macht ihnen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das kurz vor Weihnachten die bisherigen Regelungen für teilweise verfassungswidrig erklärt hatte.
Zwei Knackpunkte werden die Verhandlungen bestimmen. Nummer eins: die Wartezeitquote. Bislang gehen 20 Prozent der Studienplätze an die Bewerber, die am meisten Geduld hatten. Konkret: bis zu 15 Semester Geduld. Zu lang, maximal acht Semester sind zumutbar, sagen die Richter. Klingt einleuchtend. Doch was wird aus all jenen, die bei Inkrafttreten der Reform schon jenseits der acht Semester sind? Fliegen die raus, und zwar ohne Studienplatz?
Neben derlei persönlichen Sorgen haben die Mitglieder der Kultusministerkonferenz (KMK) über eine zweite Weichenstellung zu befinden, die weit über das Fach Medizin hinausweist: Wird jetzt die Abiturnote, der klassische NC, entwertet? Die Verfassungsrichter hatten dem Bildungsföderalismus eine gehörige Ohrfeige verpasst, als sie befanden: Die Abschlussniveaus sind mittlerweile von Land zu Land so unterschiedlich, dass die Durchschnittszensur allein keinesfalls mehr maßgeblich über Hochschulkarrieren entscheiden darf.
Für viele Experten lautet die Antwort: Standardisierte, studienganggenaue Eignungstests. Sie seien aus „wissenschaftlichen und pragmatischen Gründen“ als Ergänzung zum Abischnitt zu empfehlen, da sie die Nachteile von Schulnoten nicht aufwiesen, sagt zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Psychologie und appelliert an Bund Länder: Macht es – und macht es richtig. Gründet jetzt eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung, die die dafür nötigen Tests entwickelt.
Es brächte einen enormen Fortschritt für die Bildungsgerechtigkeit, wenn nicht mehr das Zertifikat in den Händen der Bewerber die entscheidende Eintrittskarte für NC-Fächer wäre, sondern das, was sie tatsächlich an Fähigkeiten mitbringen. Natürlich nur, wenn die nötigen Tests die Bewerber nichts kosten und so konzipiert werden, dass übermäßiges Pauken oder gar bezahlte Vorbereitungskurse ihr Ergebnis unzulässig verzerren. Was bei guten Eignungstests aber ja gerade der Clou ist.
Wird sie kommen, die große NC-Zeitenwende? Wohl nicht. Vor allem die Schulminister machen Druck in der KMK, um genau das zu verhindern. Aber wie wäre es, wenn wenn – unbeschadet weiterer Kriterien – künftig beides obligatorisch wäre und gleich viel zählen würde: Abinote und Eignungstest? Jetzt ist das Verhandlungsgeschick der Wissenschaftsminister gefragt.
   
   
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Quelle: Twitter
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   
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