| | | | von Jan-Martin Wiarda | | | Kommt die NC-Zeitenwende? Der Zeitplan ist ehrgeizig. Bis Mai sollen die Wissenschaftsministerien der Länder für ihre Chefs die Grundzüge eines neuen Staatsvertrages zur Medizin-Studienplatzvergabe erarbeiten. Beine macht ihnen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das kurz vor Weihnachten die bisherigen Regelungen für teilweise verfassungswidrig erklärt hatte. Zwei Knackpunkte werden die Verhandlungen bestimmen. Nummer eins: die Wartezeitquote. Bislang gehen 20 Prozent der Studienplätze an die Bewerber, die am meisten Geduld hatten. Konkret: bis zu 15 Semester Geduld. Zu lang, maximal acht Semester sind zumutbar, sagen die Richter. Klingt einleuchtend. Doch was wird aus all jenen, die bei Inkrafttreten der Reform schon jenseits der acht Semester sind? Fliegen die raus, und zwar ohne Studienplatz? Neben derlei persönlichen Sorgen haben die Mitglieder der Kultusministerkonferenz (KMK) über eine zweite Weichenstellung zu befinden, die weit über das Fach Medizin hinausweist: Wird jetzt die Abiturnote, der klassische NC, entwertet? Die Verfassungsrichter hatten dem Bildungsföderalismus eine gehörige Ohrfeige verpasst, als sie befanden: Die Abschlussniveaus sind mittlerweile von Land zu Land so unterschiedlich, dass die Durchschnittszensur allein keinesfalls mehr maßgeblich über Hochschulkarrieren entscheiden darf. Für viele Experten lautet die Antwort: Standardisierte, studienganggenaue Eignungstests. Sie seien aus „wissenschaftlichen und pragmatischen Gründen“ als Ergänzung zum Abischnitt zu empfehlen, da sie die Nachteile von Schulnoten nicht aufwiesen, sagt zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Psychologie und appelliert an Bund Länder: Macht es – und macht es richtig. Gründet jetzt eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung, die die dafür nötigen Tests entwickelt. Es brächte einen enormen Fortschritt für die Bildungsgerechtigkeit, wenn nicht mehr das Zertifikat in den Händen der Bewerber die entscheidende Eintrittskarte für NC-Fächer wäre, sondern das, was sie tatsächlich an Fähigkeiten mitbringen. Natürlich nur, wenn die nötigen Tests die Bewerber nichts kosten und so konzipiert werden, dass übermäßiges Pauken oder gar bezahlte Vorbereitungskurse ihr Ergebnis unzulässig verzerren. Was bei guten Eignungstests aber ja gerade der Clou ist. Wird sie kommen, die große NC-Zeitenwende? Wohl nicht. Vor allem die Schulminister machen Druck in der KMK, um genau das zu verhindern. Aber wie wäre es, wenn wenn – unbeschadet weiterer Kriterien – künftig beides obligatorisch wäre und gleich viel zählen würde: Abinote und Eignungstest? Jetzt ist das Verhandlungsgeschick der Wissenschaftsminister gefragt. | | | | |
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