| Pflegeheime – außer Kontrolle? Zu wenig Personal, überforderte Pfleger, hilflose Angehörige – und der Staat schaut nicht hin? Pflegeheime in Hamburg müssen laut Gesetz einmal im Jahr kontrolliert werden, so soll die Qualität der Betreuung und Pflege sichergestellt werden. Doch nicht einmal jedes vierte Pflegeheim wird so geprüft wie vorgeschrieben, wie die Journalistin Anne Ruprecht für die NDR-Sendung »Panorama 3« recherchiert hat. Elbvertiefung: Dem »Panorama 3«-Bericht zufolge lag die Prüfquote in Hamburg 2016 bei nur acht Prozent, 2017 bei 22 Prozent. Wie haben Sie das herausgefunden? Ruprecht: Die Kontrollen übernehmen die jeweiligen Wohn-Pflege-Aufsichten in den einzelnen Hamburger Bezirken, dort habe ich die Zahl der Kontrollen für die letzten drei Jahre abgefragt und die gesetzlichen Vorgaben mit der Realität verglichen. In allen Bezirken wurde diese Vorgabe teils dramatisch unterschritten. Und das über Jahre hinweg. EV: Sie haben in Kooperation mit dem MDR auch die Lage in anderen Bundesländern untersucht. Wie steht Hamburg im Vergleich da? Ruprecht: In Bremen und Sachsen sind die Quoten ähnlich schlecht, in Bremen wurden 2016 etwa 24 Prozent der Heime untersucht, fürs letzte Jahr lagen noch keine Zahlen vor. Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern schafften die vorgegebenen Prüfungen. Ein Muster zeigte sich aber über die Landesgrenzen hinweg: Der Pflegenotstand ist auch bei den Heimaufsichtsbehörden angekommen ... EV: Was heißt das? Ruprecht: Die zuständigen Stellen klagen über fehlendes Personal. Die Mitarbeiter sind so damit beschäftigt, anlassbezogene Kontrollen einzuleiten, das heißt Beschwerden von Angehörigen und Pflegern nachzugehen, dass kaum Zeit für die regulär vorgesehenen Kontrollen bleibt – denn die Zahl der Beschwerden hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die Folge ist, dass es zwar immer mal wieder »Feuerwehreinsätze« bei der Kontrolle von Pflegeheimen gibt – aber eben keinen Brandschutz. EV: Ihre Recherche betrifft die Heimaufsicht, also die staatlich geregelte Kontrollinstanz. Auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) prüft Pflegeheime in den norddeutschen Ländern – reicht das nicht? Ruprecht: Nein, denn im Gegensatz zum MDK können die staatlichen Behörden auch sanktionierend eingreifen, etwa einen Aufnahmestopp erwirken oder Heime schließen. Die Kontrolle der Pflege ist eine hoheitliche Aufgabe, Hamburg hat sich hier selbst Standards gesetzt – und daran muss sich das Land messen lassen. EV: Wie gehen Pflegekräfte und Angehörige mit den Missständen in Pflegeheimen um? Für zwei Reportagen hat Ihre Redaktion mit Betroffenen gesprochen … Ruprecht: Die Situation ist in vielen Heimen sehr angespannt, und wegen des Personalmangels kann sie jederzeit kippen. Viele Pfleger sind überfordert, fühlen sich hilflos und hadern mit dem System. Für eine würdevolle Pflege bleibe kaum noch Zeit, das berichteten uns viele Mitarbeiter. Um das Arbeitspensum zu schaffen, könne man oft etwa kaum darauf warten, wenn ein Patient mal länger brauche, um ein Glas Wasser zu trinken. Viele reiben sich völlig für den Beruf auf oder steigen irgendwann ganz aus der Pflege aus. Weil ihre Kräfte aufgezehrt sind. Oder weil sie die Zustände in den Heimen einfach nicht mehr mittragen wollen. EV: War es schwierig, Angehörige und Pflegekräfte zum Sprechen zu bewegen? Ruprecht: Ja, unter Pflegern ist es nicht gern gesehen, das System zu kritisieren, die Angst, als Nestbeschmutzer und Querulant zu gelten, ist groß. Und Angehörige schrecken davor zurück, an die Öffentlichkeit zu gehen, weil sie fürchten, dass ihre Verwandten negative Folgen zu spüren bekommen, also schlechter behandelt werden.
Zu Gast beim virtuellen Udo: Ein Besuch in Panik City Rein in den Aufzug und hinauf in Richtung »GaGa«, hinein in das Udo-Lindenberg-Universum auf der von ihm viel besungenen »geilen Meile« (Reeperbahn): in die »Panik City«, die seit Montagabend geöffnet hat. In dem neuen Multimedia-Museum über den Rockstar mit Hut und Sonnenbrille wartet eine eineinhalbstündige Reise durch »panische Zeiten«. Ein Trip, der in der Raucherlounge des Hotel Atlantic beginnt, »seinem Wohnzimmer«. Lindenberg sitzt seinen Gästen virtuell gegenüber, plappert munter los in Udo-Sprech, ist da und doch nicht da, aber so nahbar, als begrüße er alte Freunde. Und ein paar hartgesottene »Paniker« sind wirklich gekommen, singen bei den eingespielten Songs mit, lachen über Udos Ansagen von der Leinwand und lassen sich von seinem virtuellen Ich entführen, in die verschiedenen Räume, in denen in einem Medley aus Bild und Ton das Leben des Rockers erzählt wird. Nicht etwa mit Udo-Devotionalien hinter Vitrinenglas, sondern hochmodern mit viel Technik-Brimborium und Mitmach-Gestus. In den »Boogie Park Studios« treten – »Ready, Teddy?!« – die 20 Besucher gemeinsam hinters Mikro, für die Aufnahme von »Ich mach mein Ding«, erst schüchtern, dann – Udo fordert »mehr Temperament« – lassen sie es krachen. Den Mitschnitt dürfen sie später mit nach Hause nehmen. Eine Überraschung, die für erste feuchte Augen sorgt. Spätestens jetzt ist das Eis gebrochen. Mit Tablet und Kopfhörer lauschen die Fans den Geschichten über den vergoldeten Trabbi oder die Honecker-Gitarre und malen danach am Touchscreen Udo-Likörelle aus, bevor es zum Grande Finale geht – auf die Bühne. Der Besucher neben Lindenberg und seiner Crew auf den Brettern, die die Welt bedeuten, im Rücken das Publikum, 360-Grad-Konzerterlebnis, die Virtual-Reality-Brille macht’s möglich. Und dann ist sie plötzlich aus, die große Udo-Show, der Ohrwurm bleibt noch eine Weile: »Ich mach mein Ding, egal was die andern labern ...« Und auf dem Heimweg ertappt man sich beim Tänzeln. |
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