Kiechle folgt in Bayern auf Spaenle I Staatssekretär Krach will Wissenschaftspolitik aus KMK herauslösen I Staatssekretär a.D. Lange beantwortet 3 1/2 Fragen I Wiarda kommentiert Industriepromotionen

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
Überraschend scheidet Kultus- und Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle aus dem bayerischen Kabinett aus. Seine Nachfolge an der Spitze des Wissenschaftsministeriums tritt die Münchner Medizin-Professorin Marion Kiechle an. Der Berliner Staatssekretär Steffen Krach will die Wissenschaftspolitik aus der KMK herauslösen. Josef Lange, Vorsitzender des Rats für deutsche Rechtschreibung, beantwortet unsere 3 1/2 Fragen, und Jan-Martin Wiarda bezieht einen Standpunkt zum Positionspapier von BDA, BDI, HRK und Stifterverband zu Industriepromotionen.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Krach will Wissenschaftspolitik aus KMK herauslösen
Der Berliner Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) will die KMK neu sortieren. Das schreibt er in einem Gastbeitrag für Jan-Martin Wiardas Blog. Die politische Steuerung und Koordination zwischen dem Bildungs- und dem Wissenschaftsbereich unterscheide sich erheblich voneinander. Folglich wäre es klug, so Krach, den unterschiedlichen Bedarfen und Logiken der Bildungspolitik mit dem Fokus auf Schule einerseits und der Wissenschaftspolitik mit dem Fokus auf Hochschulen und Forschung andererseits auch institutionell stärker Rechnung zu tragen. Konsequent wäre laut Krach, den Wissenschaftsbereich aus der KMK herauszulösen und die Debatten über Hochschulen und Forschung in der GWK zu konzentrieren. Die GWK könnte dabei in ihrer Grundstruktur bestehen bleiben, müsste jedoch im Sinne einer Wissenschaftsministerkonferenz neu akzentuiert werden. 
  
 
 
Premiere für Karliczeck
Ihre erste öffentiche Rede hielt die neue Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) am vergangenen Montag in der Berlin-brandenburgischen Akademie der Wissenschaften bei der Verleihung der Leibniz-Preise der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Wie der Tagesspiegel berichtet, wählte sie als Schlusssatz das Platon-Zitat: „Das Staunen ist der Anfang der Erkenntnis.“ Im Zentrum der Rede standen Appelle der Ministerin an die Länder, in ihrem Engagement für Bildung und Wissenschaft nicht nachzulassen, auch wenn der Bund künftig verstärkt in diese Bereiche investieren wird. So werde der Bund für den Hochschulpakt zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze und für den Qualitätspakt Lehre bis 2023 rund 20 Milliarden Euro bereitstellen. 
  
 
 
Hans unterstützt Macrons Vorschlag für eine "Europäische Universität"
Wie die Welt berichtet, unterstützt der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) den Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für eine «Europäische Universität». Eine gute Grundlage dafür könnte die Universität der Großregion (UniGR) sein, schlug Hans in einer Rede vor. Dieses Netzwerk verbindet die Universität des Saarlands mit Hochschulen in Kaiserslautern, Trier, Metz, Luxemburg und Lüttich. Die UniGR umfasst 132 500 Studierende und mehr als 10 000 Dozenten oder Forscher. Bislang gibt es in dem Verbund 18 mehrsprachige Studiengänge und einen gemeinsamen Studierendenausweis. Die UniGR verfüge damit über die entscheidenden Voraussetzungen für eine «Europäische Hochschule», die es Studierenden und Forschern ermögliche, europäische Erfahrungen zu sammeln und eine umfassende Anerkennung ihrer Abschlüsse sicherzustellen, erklärte Hans.
  
 
 
Protest gegen Kürzungen
Für Völkerverständigung und kulturellen Austausch haben 550 Fulbright-Stipendiaten am Dienstag Mittag bunte Ballons vor dem Roten Rathaus steigen lassen. Hintergrund ist die Initiative #standforfulbright, die gegen die drohenden Kürzungen beim größten US-amerikanischen internationalen Austauschprogramm Fulbright demonstriert. Aktuell plant die US-amerikanische Regierung Einsparungen von 71 Prozent im Budget 2019. Der Deutschlandfunk hat dazu mit dem Fulbright-Direktor Oliver Schmidt gesprochen.
  
 
 
Johnson vs. Macron
Wenn zwei sich vertragen, eifert der Dritte. Die Rede ist von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und Indiens Premier Narendra Modi auf der einen Seite – und Großbritanniens Außenminister Boris Johnson auf der anderen. Eine weitreichende Zusammenarbeit haben Indien und Frankreich kürzlich laut United News of India beim ersten bilateralen Hochschulgipfel in Delhi unterzeichnet. Den Coup garnierte Macron mit einem Tweet in englischer Sprache an Indiens Studierende: „I want to double the number of Indian students coming to France. If you choose France you gain access to francophonie, you gain access to europe.“ Das war laut Guardian für London offensichtlich zu viel. Boris Johnson twitterte umgehend: „We are proud too to have more than 14.000 Indian students coming to the UK in 2017 – up a quarter over last year – choosing the home of the geratest universities, including four of the global top ten.“ 
  
   
   
   
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Überraschender Wechsel in Bayern 
Der bisherige bayerische Kultus- und Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) gilt als Söder-Weggefährte. Deshalb ist für viele überraschend, dass er dem neuen Kabinett nicht mehr angehört. Das Kultus- und Wissenschaftsministerium wird wieder geteilt: Bildungsminister wird der bisherige Staatssekretär Bernd Sibler (CSU), Wissenschaftsministerin überraschend die hochangesehene Münchner Medizin-Professorin Marion Kiechle – eine externe Besetzung. Das gesamte neue bayerische Kabinett listet zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung auf. 

Neuer Kanzler in Frankfurt am Main
Albrecht Fester hat vergangene Woche sein Amt als Kanzler der Goethe-Universität angetreten. Nach dem Abschied des früheren Kanzlers Holger Gottschalk hatte der promovierte Chemiker das Amt bereits kommissarisch ausgeübt. In der Amtszeit seines Vorgängers war er zudem dessen Stellvertreter gewesen.

Top-Pflanzenexpertin/-experte gesucht
Wenn sie sich mit Kulturpflanzen im Ackerbau, in Grünland, Obst- und Weinbau, in Gemüse- und Zierflanzenbau, in urbanem Grün und Forst so richtig gut auskennen, dann sind Sie vielleicht die oder der Richtige für die anspruchsvolle Aufgabe als Präsident/in des Julius Kühn-Instituts (Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen). Näheres dazu im Stellenmarkt der aktuellen ZEIT.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Dr. Josef Lange

Staatssekretär a. D. und Vorsitzender des Rats für deutsche Rechtschreibung
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Es ist erschreckend, wie wenig Einsicht in die Notwendigkeit wissenschaftsförderlicher rechtlicher Rahmenbedingungen in manchen Ministerien und Landtagen herrscht. Die Erfolgsaussichten der Hochschulen im nationalen und internationalen Wettbewerb werden nicht durch die Neueinführung organisierter Verantwortungslosigkeit verbessert. Der internationale wissenschaftliche Wettbewerb geht weiter und wartet nicht auf gesetzliche Regelungen in deutscher Kleinstaaterei.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Vielfach werden Hochschulgesetze geändert mit im Ergebnis größerer Kontrolldichte, zunehmend komplexer werdenden Abstimmungsmechanismen auf allen Ebenen der Hochschule und – in undifferenzierter Ablehnung starker, das heißt entscheidungsfähiger Hochschulleitungen mit persönlich zurechenbarer Verantwortung – weitgehender Verlagerung von Entscheidungen in Gremien. Hochschulen sind dem Gemeinwohl verpflichtet. Sie müssen entsprechend ihrer Verantwortung für ihre Leistungsfähigkeit und Leistungen in einem von den Steuern zahlenden Bürgern finanzierten Hochschulsystem organisiert werden. Dass eine kluge Hochschulleitung  in der „Expertenorganisation Hochschule“ Leistungsträgerinnen und -träger frühzeitig vor grundlegenden Entscheidungen einbindet, ist selbstverständlich.

Lektüre muss sein. Welche?
Kurt Tucholsky: Das große Lesebuch. Satiren, die nicht nur historisch und vergnüglich, sondern manchmal auch beklemmend aktuell sind.

Und sonst so?
Wir leben in einem der reichsten und wirtschaftsstärksten Länder der Welt. Nicht dauernd klagen, sondern mit Zuversicht anpacken und Zukunft gestalten für unsere Kinder und Enkel auf einem zusammenwachsenden Globus.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Standpunkt
 
 
   
   
von Jan-Martin Wiarda
Notwendige Klarstellung
Eigentlich sollte das Positionspapier gar nicht nötig sein. Es betont Selbstverständliches. Das Promotionsrecht obliege ausschließlich den promotionsberechtigten Hochschulen, schreiben Arbeitgeber, Hochschulrektorenkonferenz und Stifterverband in ihrer gemeinsamen Wortmeldung, die gestern veröffentlicht wurde. Die Liste der vermeintlichen Trivialitäten setzt sich fort: Alle Recht und Pflichten im Promotionsverfahren regle die jeweilige Promotionsordnung verbindlich. Und ob ein Doktorand und sein Forschungsthema überhaupt angenommen werden, liege ganz allein bei der Hochschule.  
Warum das Positionspapier trotzdem überfällig ist? Weil die sogenannten Industriepromotionen, denen sich BDA, BDI, HRK und Stifterverband widmen, in Verruf geraten sind. Deren Idee scheint verlockend: Unternehmen finanzieren Doktoranden, deren Projekte sich dann an den Forschungsinteressen der Unternehmen orientieren. Im Idealfall erhält das Unternehmen zweierlei: neue Erkenntnisse und die Loyalität eines hochqualifizierten Nachwuchsforschers.
Doch was bekommt die Uni im Gegenzug? Genau hier setzte im vergangenen Jahr die Kritik der im TU9-Verband organisierten Technischen Universitäten an: Es sei „irritierend, dass in jüngerer Zeit vermehrt Personalmanager aus der Wirtschaft das Promotionsversprechen als nützliches Werbeinstrument entdeckt haben“. Sie verschleierten, dass die Abnahme der Promotion bei der Hochschule liegen muss und ließen die Bewerber über die konkrete Betreuungssituation im Unklaren. Sogar von „Kuckucksei“-Promotionen war in der TU9-Brandpapier die Rede, wenn zumeist international tätige Unternehmen so täten, als könnten sie eigene Promotionsprogramme ausschreiben.
Und jetzt ist also alles wieder gut nach dem so große Einheit demonstrierenden neuen Positionspapier? Sicher nicht. Daran ändert auch die Tatsache, dass die meisten Promotionsverfahren wirklich in großer Eintracht und Professionalität zwischen Hochschulen, Promovierenden und Unternehmen laufen, nur wenig. Hängen bleibt, dass sich in der Vergangenheit einige Universitäten und Professoren darauf eingelassen haben, entscheidende Inhalte von Doktorarbeiten langfristig geheimzuhalten. Weil die finanzierenden Unternehmen ihre Interessen bedroht sahen. Hängen bleibt auch, dass sich offenbar einzelne Professoren für die Betreuung der Promovierenden mit externem Arbeitsvertrag (so ihre offizielle Bezeichnung) ein Extra-Honorar bezahlen ließen.
Und doch helfen die aktuellen Klarstellungen. Sie polieren das arg angekratzte Image der Industriepromotion ein wenig auf, vor allem aber dienen sie als plakative Leitlinien für all jene Unternehmen, Doktoranden und Hochschulen, die das Beste aus dieser Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft machen wollen. Vielleicht wäre es an der Zeit, über diese positiven Seiten mal wieder etwas häufiger zu reden.

Jan-Martin Wiarda ist Wissenschafts- und Bildungsjournalist in Berlin
   
   
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– oder twittern Sie unter #ChancenBrief
   
 
 
   
   
   
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Foto: Manuel J. Hartung
 
 
 
 
 
 
 
 
   
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