Werde einer aus diesem Schweigen schlau. Zwei Wochen ist es nun her, dass ein südkoreanischer Emissär vor dem Weißen Haus in Washington
ein Gipfeltreffen zwischen Donald Trump und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un ankündigte. Bis heute fehlt jede offizielle Bestätigung aus Pjöngjang. Haben die Südkoreaner da etwas missverstanden? Sind sie, von Trump angespornt,
zu schnell vorgeprescht? Wollten sie Fakten schaffen, bevor sich Kim Jong Un eines anderen besinnt? Südkoreas Außenministerin sagte bei einer Reise nach Washington, Kim habe "sein Wort gegeben", atomar abrüsten zu wollen. Aber was ist das wert?
Man muss also Zeichen deuten. Und die weisen darauf hin, dass sich hinter den Kulissen eine ganze Menge tut. So besuchte Nordkoreas Außenminister Ri Yong Ho gerade Schweden und alles deutet darauf hin, dass es bei seinem Besuch um den Gipfel zwischen Trump und Kim ging. Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven hat gesagt, Stockholm sei gern Gastgeber der historischen Begegnung. "Wenn wir in irgendeiner Weise helfen können, werden wir dies tun."
Schweden bietet sich also als Vermittler zwischen den beiden verfeindeten Staaten an. Es ist eines der wenigen westlichen Länder mit einer Botschaft in Pjöngjang; das Land vertritt die USA dort konsularisch. Deshalb dürfte bei dem Besuch von Außenminister Ri auch über eine mögliche Freilassung von drei in Nordkorea inhaftierten Amerikanern gesprochen worden sein. Wiederholt gab es in Stockholm schon vertrauliche Gespräche zwischen beiden Seiten – warum sollen sich hier nicht auch Trump und Kim treffen?
Oder in Helsinki? Finnlands Hauptstadt hat während des Kalten Krieges mehrere bedeutsame Gipfeltreffen erlebt. Hier kam dieser Tage ein hoher nordkoreanischer Diplomat mit früheren amerikanischen Regierungsmitarbeitern und akademischen Experten aus den USA und Südkorea zu sogenannten Track-1.5-Gesprächen zusammen. Es ging also halb offiziell zu, ein in der Außenpolitik bewährtes Format, um auszuloten, was geht und was nicht.
Kurz zuvor trafen sich in San Francisco die nationalen Sicherheitsberater der USA, Südkoreas und Japans. Falls es wirklich zur Begegnung zwischen Trump und Kim kommt, dann sollen das weitere Vorgehen zwischen den drei Verbündeten eng abgestimmt und alle möglichen Differenzen rechtzeitig ausgeräumt werden.
Sicherheitspolitische Falken in der Regierung Gipfel paradox:
Ausgerechnet Donald Trump setzt im Atomkonflikt mit Nordkorea jetzt auf Diplomatie. Und er tut es ausgerechnet in einem Moment, in dem er sich von immer mehr Moderaten in seiner Regierung trennt und sie durch sicherheitspolitische Falken ersetzt. Als Nachfolger von Rex Tillerson soll der
bisherige CIA-Chef Mike Pompeo das State Department übernehmen. Pompeo hat sich ausdrücklich für einen "Regimewechsel" in Pjöngjang ausgesprochen – im direkten Widerspruch zu Tillerson, der versichert hatte, es gehe Washington nicht um den Sturz Kim Jong Uns. Ob das Vertrauen schafft für die vor den US-Amerikanern und Nordkoreanern liegenden Gespräche?
Auch die Tage von
Sicherheitsberater McMaster, heißt es in Washington, seien gezählt. Als ein möglicher Nachfolger gilt der ehemalige UN-Botschafter John Bolton. Schon McMaster hat im Konflikt mit Nordkorea scharfe Töne angeschlagen; die Kriegsgefahr auf der Koreanischen Halbinsel steige "mit jedem Tag", sagte er vor Weihnachten. Bolton aber formuliert gern noch kerniger. Er hält Verhandlungen mit Kim für Zeitverschwendung.
Gipfel paradox – auch deshalb, weil Donald Trump bis Mitte Mai das Atomabkommen mit dem Iran aufkündigen könnte, also genau dann, wenn der Gipfel mit Kim möglicherweise unmittelbar bevorsteht. Wie aber soll sich Nordkoreas Diktator bei Verhandlungen auf das Wort des US-amerikanischen Präsidenten verlassen, wenn dieser vor seinen Augen einen mit seinem Vorgänger geschlossenen Vertrag zerreißt?
Alles an dieser Gipfelplanung wirkt überstürzt, undurchdacht, unseriös und ganz auf Effekthascherei aus. "Eine normale Regierung würde das nicht machen", sagt Michael J. Green, unter George W. Bush im Nationalen Sicherheitsrat für Asien zuständig, über den geplanten Gipfel. "Seit dem Ende des Kalten Krieges haben es sich die Nordkoreaner gewünscht,
dass ein amerikanischer Präsident die Familie Kim trifft, um der Welt zu demonstrieren, dass ihr Atomprogramm den amerikanischen Präsidenten dazu gebracht hat, sie von gleich zu gleich zu behandeln."
Und doch kann es sein, dass Trump mit seinen Kriegsdrohungen bei Kim Eindruck gemacht hat – mehr jedenfalls, als der besonnene Obama mit seiner Politik der "strategischen Geduld". Es soll ja vorkommen, dass der dümmste Bauer die dicksten Kartoffeln erntet. Wünschen wir Trump also viel Erfolg.