| Soziale Erhaltungsverordnung: Wirkt sie oder nicht?
Hamburg ist teuer, bezahlbare Wohnungen sind rar. Nichts Neues? Stimmt. Doch das ist neu: In der nördlichen Neustadt gilt jetzt eine Soziale Erhaltungsverordnung. Die soll rund 6000 Menschen vor Verdrängung aus dem Stadtteil schützen. Okay, ganz neu ist die Idee doch nicht, eine solche Verordnung gilt bereits in zehn Stadtteilen: seit 1995 in der südlichen Neustadt, seit 2012 auch in St. Georg und St. Pauli; in den letzten fünf Jahren kamen weitere, etwa in Altona, Eimsbüttel und Ottensen, hinzu. Doch ist eine solche Verordnung wirklich eine Gentrifizierungsbremse? Christiane Hollander, Mietrechtsspezialistin vom Verein »Mieter helfen Mietern« sagt: »Einen umfassenden Schutz für alle Mieter garantiert die Verordnung allein nicht. Aber in bestimmten Bereichen ist sie eine Art Schutzschirm.« Das heißt: Bauliche Veränderungen, die den Wert einer Wohnung erhöhen können, muss sich der Vermieter vom Bezirksamt genehmigen lassen. Werde etwa ein Balkon angebaut, erhöhe sich die Miete im Schnitt um 100 Euro pro Monat, so Hollander. Auch Veränderungen am Grundriss einer Wohnung könnten so verwehrt werden. »Gerade wollte ein Vermieter zwei Wohnungen in St. Georg zu einer großen Luxuswohnung umbauen, hat aber keine Baugenehmigung dafür bekommen.« Und: In Gebieten mit einer Erhaltungsverordnung könnten Umwandlungsverordnungen erlassen werden – damit Miet- nicht einfach so zu Eigentumswohnungen würden. Eines sei sicher: Die Verordnung wirke. Dort, wo sie gelte, seien weniger Wohnungen umgewandelt, weniger Mieter verdrängt worden, so Hollander. Doch: »Steigende Mieten kann auch sie nicht verhindern, hier ist etwa die Mietpreisbremse entscheidend. Die aber ist in Hamburg in ihrer bisherigen Form leider wenig wirksam.« Problematisch sei auch, dass die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht, das in Gebieten mit der Erhaltungsverordnung gilt, kaum Gebrauch mache. Welche Stadtteile sollten noch unter den »Schutzschirm« kommen? »Hamm, Eilbek, Horn, Barmbek, Langenfelde und Lokstedt sind gerade stark im Kommen«, sagt Hollander. Da sei es »nur eine Frage der Zeit, bis Alteingesessene aus den Quartieren gedrängt werden«.
»Auf Verkehrsinseln dürfte es ruhig häufiger blühen«
Eine Million Bienen, die in Hammerbrook herumschwirren? Was nach einer Plage klingt, ist ein ambitioniertes Projekt: Auf dem Großmarkt sollen ab diesem Frühjahr zwanzig Bienenvölker ein Zuhause finden. Das Ziel ist nicht nur, süßen Honig zu produzieren – sondern auch im urbanen Raum Bewusstsein fürs Bienensterben zu schaffen. Hinter dem Projekt stehen die drei Bestäubungsimker Otmar Trenk, Wolfgang Reuter und Nils Gerber. Wir haben mit Wolfgang Reuter gesprochen. Elbvertiefung: Warum wollen Sie gerade in Hammerbrook den Kampf gegen das Bienensterben angehen? Reuter: Wir allein können das Bienensterben sicher nicht beenden, doch Aufklärung ist schon mal ein sehr wichtiger Schritt: In einem umgebauten Schiffscontainer auf dem Großmarkt richten wir einen sogenannten Bildungscontainer ein, in dem wir über die Imkerei und Honiggewinnung informieren. Wir erklären auch, welche Auswirkungen für die Umwelt durch das Bienensterben drohen. Es wird interaktive Wissensmodule und Imkerzubehör zum Anfassen geben. Unser Ziel ist außerdem, zwanzig Bienenvölker in dem Container anzusiedeln, zur Hochzeit im Sommer ließen sich dann rund eine Million Bienen aus nächster Nähe beobachten ... EV: Welche Zielgruppen wollen Sie mit dem Projekt erreichen? Reuter: Bienenfreunde, Imker, Landwirte, aber auch Privatpersonen, wir bieten etwa auch Führungen für Schulen und Kindergärten an, in denen es um den Tier- und Artenschutz gehen soll. Das Imkern in der Stadt wird schließlich immer beliebter. 2010 gab es noch etwa 300 Imker in ganz Hamburg. Inzwischen sind es schon um die 1000, die auf Balkonen, Dächern und in Kleingärten Bienen züchten. 4800 Bienenvölker gibt es in der Stadt. Diesen Trend wollen wir unterstützen – letztlich sprechen wir aber alle an, die etwas gegen das Bienensterben tun wollen. EV: Und was hat Hamburg davon? Reuter: Ganz einfach – Bienen bewahren das städtische Grün! Leider gibt es nicht genug verwilderte Grünflächen für Bienen in Hamburg, hier könnte mehr getan werden. Etwa indem Pflanzen auf Verkehrsinseln nicht zurechtgestutzt werden, da dürfte es ruhig mehr blühen. EV: Ein Bienenstock auf dem Balkon wird das Sterben der Bienen kaum beenden können ... Reuter: Das ist richtig. Wir setzen eher auf den Netzwerkgedanken, darum haben wir außerdem die Online-Plattform BEEsharing gegründet. Wenn ganze Bienenvölker aussterben, ist die Artenvielfalt gefährdet. Das ist ein großes Problem, auch für die heimische Landwirtschaft: Der Apfelbauer im Alten Land braucht die Bienen ja für die Bestäubung seiner Felder. EV: Und wie hilft das Netzwerk den Landwirten? Reuter: Bauern können zum Beispiel online unsere Bestäubungsberatung buchen, und wenn sie unserem Vorschlag zustimmen, dann transportieren wir Bienenstöcke von den Imkern zu den Feldern und holen sie nach etwa zwei Wochen wieder ab. Wir geben außerdem konkrete Tipps zum Artenschutz, erarbeiten Stellmuster für ganze Anbauflächen, vermitteln Experten. Und Händler können online regionalen Honig bestellen. Den Honig, der in Hammerbrook produziert wird, werden wir auf Märkten verkaufen, wir wollen aber auch beispielsweise Kindergärten beliefern. Noch bis zum 16. Mai sammelt BEEsharing per Crowdfunding Geld für den Bienencontainer – weitere Infos hier. |
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