| | Molotow (Michael Palin), Malenkow (Jeffrey Tambor), Wassili Stalin (Rupert Friend), Chruschtschow (Steve Buscemi) und Beria (Simon Russell Beale) in dem Film „The Death of Stalin“ (von links nach rechts) © 2017 Concorde Filmverleih GmbH |
Читайте этот текст на русском языке. Das Kulturministerium der Russischen Föderation hat den Verleih der britischen Komödie The Death of Stalin gestoppt, da sie „Informationen enthält, deren Verbreitung die Gesetzgebung der Russischen Föderation untersagt“. In Belarus wird der Film gezeigt, und das hat nicht allein mit dem unterschiedlichen Sinn für Humor zu tun. The Death of Stalin lässt sich ziemlich leicht beschreiben. Man erinnere sich einfach an die Episode aus Julian Barnes‘ Roman Der Lärm der Zeit, in der Dmitri Schostakowitsch nach dem ersten Verhör die Marotte entwickelt, jeden Abend seinen Mantel anzuziehen und mit dem gepackten kleinen Koffer im Treppenhaus zu nächtigen. Schostakowitsch rechnet mit seiner Verhaftung und will verhindern, dass die NKWD-Schergen klingeln und die Familie aufschrecken. Nun stelle man sich vor, Schostakowitsch würde von Steve Buscemi gespielt und jeder seiner Auftritte von Konservengelächter begleitet. Angst ist doch einfach saukomisch! Zuletzt stelle man sich noch vor, die Szene, in der Schostakowitsch von seiner Angst zermürbt selbst zum NKWD geht, um sich zu stellen, dort aber erfährt, dass sie ihn nur noch nicht einkassiert haben, weil sein zuständiger Ermittler noch vor ihm verhaftet wurde – diese entsetzliche Szene also werde als der Gipfel der Komik dargestellt. So ist der Film The Death of Stalin. Authentische Episoden wie die um das Mozart-Klavierkonzert, das eigens für Stalin in der versiegelten Philharmonie eingespielt wurde (damit das Publikum nicht weglaufen konnte und die authentische Akustik erhalten blieb) werden ins Komische gewendet. Möglicherweise ist The Death of Stalin für britische Zuschauer und Zuschauerinnen, deren Väter und Großväter den stählernen Geschmack in Erwartung einer unmotivierten nächtlichen Verhaftung nie kennengelernt haben, ja tatsächlich ein grandioser Film. Ich habe ihn mit stockendem Herzen angeschaut. Mir war nicht nach Lachen zumute. Restaurierung des Stalin-Kultes Aber es soll hier weniger um den Film selbst gehen als um sein Schicksal an den Orten, in denen sein Protagonist gelebt und gewirkt hat. Dass The Death of Stalin in Belarus laufen kann, in Russland aber nicht, ist doch einigermaßen verwunderlich. Belarus wurde noch vor Kurzem als „sozialistisches Freilichtmuseum“ tituliert, aktuell trifft es das vom Lonely Planet geprägte Schlagwort „communism with cappuccino“ wohl besser, dennoch ist der sowjetische Konservatismus hierzulande nach wie vor eine tragende Säule der Staatsideologie. Erwähnt sei hier nur die Stalin-Linie – ein groß angelegtes Freiluftmuseum, das mehrere Artilleriestellungen im befestigten Raum Minsk miteinander verbindet, um die militärische Stärke der UdSSR in der Stalin-Zeit zu verherrlichen. Eine Erklärung für die Freigabe einer Satire über Stalin und seinen Tod im Land der Stalin-Linie könnte vielleicht das Bestreben Minsks sein, seine Unabhängigkeit von russischer Kulturpolitik deutlich herauszustellen. Zumal die Kultur noch das Gebiet ist, auf dem Russland Unabhängigkeitsbestrebungen bisweilen duldet. Aber die Sache ist komplizierter.
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