Facebook: Till Steffen ab heute Abend ohne Profil

 
+ Alter? Vergessen Sie’s! + Puigdemont bleibt in Gewahrsam + Kennzeichnungspflicht für Polizisten + Michel Abdollahi +
Alle Vöglein sind noch nicht da +

 

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Erst aufgelockert, dann bewölkt – so präsentiert sich der Himmel über Hamburg heute. Studieren Sie ihn lieber nicht zu lange, der Regen könnte Ihnen direkt ins Gesicht klatschen. Neun Grad gibt’s dazu. Besser als nichts, oder?
   
 
Guten Morgen,
 
Annika Lasarzik / Foto: Gretje Treiber
 
vor einiger Zeit war ich auf einem Treffen meines Abiturjahrgangs. Als ich das Hotel betrat, in dem die Veranstaltung stattfand, fürchtete ich erst, ich sei am falschen Ort: Statt meiner ehemaligen Mitschüler kamen mir lauter mindestens mittelalte Frauen und Männer entgegen. Und ich weiß bis heute nicht, wer der nette kahlköpfige Herr war, der mich später kichernd daran erinnerte, dass ich einst beim Volleyball eine Lampe von der Turnhallendecke schoss, die ihn um ein Haar »erwischt« hätte.

Welch Labsal für die Seele, da zu lesen, dass Lebensjahre heute immer weniger eine Rolle spielen, sich die Begriffe »Jugend« und »Alter« auflösen, die Dreiteilung des Lebens in Ausbildung, Beruf und Ruhestand überholt ist. Das schreiben zumindest der Hamburger Zukunftsforscher Horst W. Opaschowski und dessen österreichischer Kollege Peter Zellmann in ihrem Buch »Du hast fünf Leben!«.

Demnach ist unser Leben nun also fünfgeteilt, jede Altersspanne werde zu einem Start-up mit neuen Anfängen, Aufgaben und Schwerpunkten. Wo die Prioritäten liegen, haben die beiden Forscher aus repräsentativen Umfragen herausdestilliert: Die unter 20-Jährigen legten großen Wert auf »Medien und Kommunikation«. Für die Ü20er zählten besonders Arbeit, Wohnen und moderne Mobilitätsangebote. Menschen ab 40 sind für Opaschowski und Zellmann »Best-Ager«, die sich Zeit zum Leben nähmen, es beruflich »geschafft« hätten, kurz: am besten lebten. Für die 60-plus-Generation sei die Pflege der Generationenbeziehungen und der Zusammenhalt von Jung bis Alt wichtig, und die über 80-Jährigen entdeckten den Wert der Familie neu (weil sie am meisten auf deren Unterstützung angewiesen seien).

Vielleicht stellen Sie ja auch bei sich gewisse Verschiebungen gegenüber den Umfrageergebnissen fest. Wie auch immer: In jeder Phase müsse man bereit sein für Lernen und Neubeginn, so die Zukunftsforscher, müsse sich immer wieder eine neue Herausforderung suchen, einen Job, ein Ehrenamt, ein Gesundheitsziel. Und die Altersgrenze, sagte Opaschowski zur Nachrichtenagentur dpa, die könne man vergessen. Allerdings räumen die Forscher ein: Für die über 80-Jährigen werde es dann doch etwas schwieriger, das Leben intensiv zu leben.

 


Puigdemont bleibt in Gewahrsam

Carles Puigdemonts Aufenthalt in Deutschland könnte sich unfreiwillig noch auf mindestens zwei Monate verlängern. So lange kann die deutsche Justiz den katalanischen Ex-Regierungschef, der vorgestern in einer Raststätte an der A7 nahe Schleswig festgenommen wurde, in Auslieferungshaft behalten. Vorerst muss jedoch erst festgestellt werden, ob die Voraussetzungen für eine Auslieferung vorliegen. Gestern wurde Puigdemont dem Amtsgericht in Neumünster vorgeführt, das seine Identität feststellte (offenbar war er es tatsächlich) und ihm den Grund für seine Festnahme mitteilte. Nun prüft die zuständige Generalstaatsanwaltschaft, ob die Voraussetzungen für eine Auslieferung nach Spanien vorliegen. Gegen Puigdemont wird dort unter anderem wegen Rebellion ermittelt. Dieser Straftatbestand kommt im deutschen Strafgesetzbuch nicht vor, weshalb die Justiz entscheiden muss, ob er beispielsweise mit dem deutschen Hochverrat gleichzusetzen ist. Dann wäre als Nächstes das Oberlandesgericht Schleswig dran. Dies wird allerdings nicht mehr in dieser Woche geschehen. Für Puigdemonts Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas ist eine Auslieferung nicht selbstverständlich, wie er gestern dem katalanischen Sender Radio Euskadi sagte. Dafür müsse gewährleistet sein, dass dem 55-Jährigen in Spanien ein fairer Prozess gemacht werde. Man werde jedenfalls nicht in Deutschland um Asyl bitten. Die deutsche Politik versuchte sich gestern tunlichst aus dem Konflikt herauszuhalten, nur die Bundestagsfraktion der Linken will den Rechtsausschuss und den Auswärtigen Ausschuss einberufen.
 
   
   
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Kennzeichnungspflicht für Polizisten
 

138 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte gab es im Zusammenhang mit den Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel im Juli 2017. 33 Verfahren wurden eingestellt – damit wollten sich die Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft nicht abfinden. Eine Kleine Anfrage an den Senat sollte klären, wie viele der Verfahren eingestellt werden mussten, weil die betreffenden Polizisten nicht identifiziert werden konnten. »Leider haben wir darauf keine Antwort erhalten«, sagte uns gestern Christiane Schneider, Fachsprecherin für Antifaschismus, Flüchtlinge, Innenpolitik, Religion, Verfassungspolitik. Ein Antrag der Linken für die morgige Bürgerschaftssitzung fordert nun die »Einführung einer Ausweis- und Kennzeichnungspflicht von Polizeibediensteten«. Schon 2015 hätten SPD und Grüne im Koalitionsvertrag vereinbart, zu prüfen, wie dies bei der Hamburger Bereitschaftspolizei umgesetzt werden könne. »Seit nunmehr drei Jahren hat die Regierungskoalition allerdings keinerlei Bemühungen unternommen, um eine Kennzeichnungspflicht zu verankern.« Eine weitere Verzögerung sei nicht hinnehmbar, zumal es laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte »einen Verstoß gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention« darstelle, wenn »keine Mechanismen zur effektiven Strafverfolgung gegen Polizeibedienstete bestehen«. Unterstützung kommt von der FDP mit einem eigenen AntragRenate Pinzke, Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, kündigte gestern an, dass beide Anträge in den Innenausschuss überwiesen werden sollen. »Das Thema ist lange liegen geblieben, das finden wir auch«, räumte sie ein.

 


Facebook: Till Steffen künftig ohne Profil

Till Steffen vertraut Facebook nicht mehr. Darin unterscheidet sich Hamburgs grüner Justizsenator wohl kaum von vielen Nutzern des sozialen Netzwerks, denen nach dem Datenskandal der Glaube an die Integrität des kalifornischen Unternehmens abhandengekommen ist. Steffen aber will konsequent sein: Via Facebook (sic!) kündigte er an: »Am Dienstagabend werde ich mein Facebook-Profil löschen.« Nach der »Debatte der letzten Tage« könne er »Facebook nicht mehr das nötige Mindestmaß an Vertrauen entgegenbringen«. Zu diesem Entschluss veranlasst hat Steffen demnach die unerlaubte Nutzung der Daten von Millionen Facebook-Nutzern durch die Analyse-Firma Cambridge Analytica, die im Verdacht steht, die US-Präsidentschaftswahl 2016 zugunsten Donald Trumps beeinflusst zu haben; inzwischen steht auch die Frage im Raum, ob und inwieweit das Brexit-Referendum dadurch manipuliert worden sein könnte. »Bei der Nutzung von Facebook werden besonders viele persönliche Daten erhoben. Das müsste eigentlich zur Konsequenz haben, dass das Unternehmen noch stärker auf den Datenschutz achtet als andere. Das Gegenteil ist aber der Fall«, stellte Steffen fest. Außerdem werde durch eine Umstellung im Algorithmus »der Echokammer-Effekt noch verstärkt«: Man bekomme nur Inhalte zu sehen, die man bisher schon mit »Gefällt mir« markiert habe. »Von öffentlicher politischer Debatte ist das weit entfernt.« Er glaube, »dass Facebook als Mittel der politischen Kommunikation bald überholt sein wird«. 
 
Hamburgs stellvertretender Datenschutzbeauftragter Ulrich Kühn begrüßte den Schritt des Justizsenators »ausdrücklich«. Solch eine Abkehr habe »Symbolkraft, den gesamtgesellschaftlichen Gefahren muss aber auf andere Weise begegnet werden«. Wie das? »Offenlegung und Kontrolle von Algorithmen über Regulierung marktbeherrschender Unternehmen bis zur Bildung im Bereich der Medienkompetenz«, so der Datenschützer. Da sei auch die Politik gefordert. Wenn Sie selber noch bei Facebook registriert sind und Justizsenator Steffens Position in Gänze lesen wollen: Halten Sie sich ran. 
 
   
   
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Von Teheran über Eidelstedt zum Allround-Talent

Stilsicher, eloquent und souverän kommt Michel Abdollahi eigentlich immer daher. Das wird der 36-Jährige, geboren in Teheran und aufgewachsen in Hamburg, sicher auch wieder unter Beweis stellen, wenn in der Nacht von Karfreitag auf Sonnabend seine neue Late-Night-Show »Der deutsche Michel« im NDR Premiere feiert (zu Gast übrigens Wigald Boning). Doch der Weg dahin war selbst für den umtriebigen und mit zahlreichen Talenten gesegneten Abdollahi, seines Zeichens unter anderem Moderator, Conferencier, Journalist und Maler, kein leichter. Vom Bangen auf Behördenfluren darum, ob das Visum erneut um zwei Monate verlängert wird, und vom Leben mit fünf Familien in einer 70-Quadratmeter-Wohnung in Eidelstedt berichtete Abdollahi ZEIT:Hamburg-Autorin Sarah Levy in der Serie »Über Geld spricht man (nicht)« ebenso wie über Jobs im Biber- oder Weihnachtsmannkostüm. Und auch, warum eine eigentlich tolle Tätigkeit in der Senatskanzlei unter Bürgermeister Ole von Beust einen Wendepunkt in seinem beruflichen Werdegang markierte. All das lesen Sie, wenn Sie es noch nicht getan haben, in der aktuellen ZEIT:Hamburg, am Kiosk oder digital hier.

 


Alle Vöglein sind noch nicht da

Seit einigen Tagen klingelt jeden Morgen wieder der schönste aller Wecker: Hamburgs Singvogel-Männchen spüren den Frühling und beginnen mit dem alljährlichen Kampf um die besten Reviere – und die besten Weibchen. »Die können ja nicht einfach bei Parship suchen«, sagt Eva Goris von der Deutschen Wildtierstiftung. Deshalb wird also geschmettert, dass sich die Äste biegen, weil: Wer am lautesten singt, zeigt damit, dass er ein großer, starker und gesunder Vogel ist, der besonders tolle Küken ... Sie wissen schon: quasi das Pendant zum aufgemotzten Audi auf der Reeperbahn. Dass die Saison für sie begonnen hat, merken die Tiere an der zunehmenden Helligkeit und den – theoretisch – steigenden Temperaturen. »Die ersten Amseln legen ja sogar schon im Winter los, wenn es etwas wärmer ist«, sagt Marco Sommerfeld vom Nabu. Allmorgendlich starten die einzelnen Vogelarten übrigens nach einem festgelegten Schema. »Der Hausrotschwanz beginnt schon 70 Minuten vor Sonnenaufgang«, sagt Eva Goris. Der Star erst 15 Minuten davor. Das fleißige Rotkehlchen singt von 50 Minuten vor Sonnenaufgang oft bis knapp vor Mitternacht. Da nur wenige Vogelarten die Uhr lesen können, richten sie sich nach der Helligkeit. »Das hat sich im Laufe der Evolution so entwickelt«, sagt Marco Sommerfeld. »Die wissen einfach, wann die Sonne aufgeht.« Er hält den derzeitigen Gesang übrigens noch für »ein bisschen zögerlich«. Viele Sänger, darunter die Nachtigall (und nicht die Lerche), seien noch gar nicht nach Hamburg zurückgekehrt.

Wer wissen und hören will, wann welcher Vogel loslegt, kann die Vogeluhr des Nabu konsultieren.
   
   
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Kaffeepause
 
 
Im Tortenhimmel

Man könnte es als glücklichen Umstand bezeichnen, dass das Caféhaus in Rahlstedt liegt und die Anfahrt etwas dauert. Denn sonst müsste täglich der Kampf gegen den Besuch dieses Tortentempels gewonnen werden. Achten Sie nicht auf die einfache Einrichtung, konzentrieren Sie sich auf die Kuchentheke. Hier stehen in großer Zahl schönste Torten und Teilchen von feinster Qualität: Bienenstich, Obsttorten, Sahnetorten, Nusstorten –hergestellt in der angeschlossenen Backstube mit guten Zutaten aus dem Umland. Die edle, leichte, cremige, aromatische Himbeersahnetorte mit Schokoüberzug überlebte gerade einmal fünf Minuten auf dem Teller, die aufwendig hergestellte feine Sachertorte nicht viel länger. Dazu ein Biokaffee aus Eigenröstung, rund und aromatisch. Hier fehlt nichts zum süßen Glück. Nebenbei wird der benötigte Strom selbst produziert und auf Bioqualität und Nachhaltigkeit geachtet. Der Familienbetrieb existiert seit über 60 Jahren, und die Schlange der Kunden reißt nie ab. Wen wundert’s.

Rahlstedt, Das Caféhaus, Rahlstedter Straße 68, täglich 8.30–18 Uhr

Christiane Paula Behrend


Korrektur: Bei den Öffnungszeiten des Café Confiserie Hosch in Winterhude ist uns ein Fehler unterlaufen: Das Café hat nur dienstags geschlossen und an dem anderen Tagen von 10 - 18 Uhr geöffnet.

 
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Was geht
 
 
 
»Flucht nach Palästina: 60.000 deutsche Juden fanden auf der Flucht vor den Nazis in Palästina eine neue Heimat. Im »sicheren Hafen« aber entstanden zwischen Neuen und Alteingesessenen bald Konflikte. »Zwischen Orientalen und Ostjuden – Deutsche Juden in Palästina«; Vortrag der Historikerin Viola Alianov-Rautenberg in der Reihe »Konflikte und Kontroversen. Die israelische Gesellschaft als Streitgesellschaft«.
Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Beim Schlump 83, 18.30 Uhr, Eintritt frei
»R’n’B on Tour: Ihr Sound klingt soulig und experimentell wie R’n’B aus der Vergangenheit, aber auch nach futuristischen Lines. Das Duo Majid Jordan überzeugte damit bereits Größen wie Beyoncé und Drake (»Mine«). Jetzt sind die Jungs solo auf Tour, entführen in »The Space Between«.
Docks, Spielbudenplatz 19, Einlass 19 Uhr, VVK 37 Euro
»Trans und gut: Was bedeutet es für einen Menschen, sich als trans* zu identifizieren? Der Streifen »Female to What The Fuck« nähert sich in persönlichen Porträts Hintergründen und Motiven, Identitäten und Lebenswegen. Dokumentarfilmsalon auf St. Pauli.
B-Movie, Brigittenstraße 5, 20 Uhr, Spenden erbeten
 
 
 
 
 
   
   
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Hamburger Schnack
 
 
Im Auto mit einem älteren Ehepaar. Der Mann steuert den Wagen durch Nebenstraßen von Winterhude. »Mensch, pass doch auf, rechts hat Vorfahrt!«, schreit die Frau, als es fast zu einem Auffahrunfall gekommen wäre. Daraufhin der Mann, völlig ungerührt: »Da kommt sonst nie einer.«

Gehört von Evelyn Holst
 
 
 
 
Meine Stadt
 
 
 
 
Immer noch gespaltene Meinung im Karolinenviertel.
 

Foto: Britta Zimmermann
 

Das war sie wieder, die Elbvertiefung. Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, über das wir berichten sollten? Schreiben Sie uns: elbvertiefung@zeit.de

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Morgen lesen wir uns wieder, wenn Sie mögen!
 
Ihr
Mark Spörrle
 
 
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