Freitext: Manfred Rebhandl: Tschüss Flip, Ciao Flop

 
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03.09.2018
 
 
 
 
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Tschüss Flip, Ciao Flop
 
Nackte Männerfüße gehen gar nicht? Sagt wer? Seit Mai rekelten sich die Zehen unseres Autors in der Sonne. Aber mit dem Sommer schwinden auch die Latschen. Ein Abschied
VON MANFRED REBHANDL

 
© [M] Ian Waldie / Getty Images
 

Das war’s dann also mit uns dreien, nun ist es Zeit für den Abschied, hinweg mit euch zweien. Auf den Friedhof des Sommers mit euch, in den Plastikcontainer oder lieber doch in den Sondermüll? Wir haben schließlich viel erlebt miteinander, und an euren Sohlen klebt nicht nur Kaugummi.
 
Es war Mitte Mai, als ich ihrem verlockenden Ruf nicht mehr widerstehen konnte. Sie steckten in einer Schütte vor dem 1-Euro-Shop, und ich stand in meinen festen, gut ausgetretenen Lederhalbschuhen davor, stieg unschlüssig von einem Fuß auf den anderen und überlegte: Hm? Ja? Nein? Was würden wohl meine Mitmenschen dazu sagen? Und was meine Schuhe?
 
Meine treuen Halbschuhe, die ich tagein, tagaus trage, immer mit Kellnersocken (aus dem 1-Euro-Shop natürlich!) in Schwarz, in Dunkelblau oder in Braun. Ganz selten auch in Bordeaux, aber da muss dann schon das Oberhemd dazu passen, sonst sieht das nach nichts aus.
 
Ansonsten gilt: Langärmeliges Hemd, bis zu den Ellenbogen aufgerollt natürlich, gebügelte Anzughose, Socken, Schuhe, winters und sommers. Die Treter habe ich von meinem Schuster in der Wollzeile, den ich in jedem Herbst, sobald er das SALE-Schild an die Auslage geklebt hat, frage: „Hast du auch spitze?“ Denn spitz müssen sie schon sein.
 
Nacktheit gehört ins Schlafzimmer
 
Noch wichtiger war aber, was meine Füße zu dieser Verlockung sagen würden, und die sagten: Kaufen! Sofort! Mach endlich! Als die erste Hitzewelle des Sommers dann auch noch am zweiten Tag anhielt, schlug ich zu und bezahlte 4,99 Euro (und nicht etwa einen!) für ein Paar Flipflops der Billigmarke SUPA – Basisfarbe Blau, das Fußbett grau und gerippt wegen des Massagewohlgefühls. Nach meiner Größe 46 musste ich allerdings erst fragen, denn die Chinesen produzieren zwar in riesigen Mengen, aber nicht für Riesen. Mischa, der ukrainische Chef des 1-Euro-Lagers, brachte mir das letzte Paar von ganz weit hinten, dann rauchte er wieder eine. Dabei stand er in seinen Arbeitsschuhen und langen Cordhosen vor der Türe in der Hitze der Stadt. Ein Verwandter im Geist eigentlich, der aber meinen Flipflopkauf mit Verachtung im Blick quittierte, der Blick sagte: „Flipflops? Du?“ Zusatz: „Trägst du dann auch bald kurze Hosen?“
 
Probiert habe ich die Dinger nicht, ich verschwand so schnell wie möglich. Mein Vertrauen in den 1-Euro-Shop ist grenzenlos. Alles, was dort aus China importiert wird, ist großartig. Von den Fidget-Spinnern im letzten Jahr (oder sind es zwei Jahre?) kaufte ich sofort fünf Stück, mittlerweile gibt es zehn Stück zum Preis von einem. Ich überlegte kurz, was wohl die Flipflops im Herbst kosten würden? Einen Euro?

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