Bürgerwehr gegen Dealer?CDU-Politiker Christian Abel und die
Drogenverkäufer im Schanzenpark sind keine Freunde. Er will sie loswerden. Bereits vor Monaten forderte er Maßnahmen und drohte der Stadt sogar mit einem Volksbegehren. Jetzt sorgt er mit einem neuen Vorhaben für Furore. Mit einer
Gruppe von rund 30 Gleichgesinnten, darunter viele Kampfsportler, will er künftig selbst Hand anlegen, wie das »
Hamburger Abendblatt« berichtet. Die Dealer sollen demnach im Park beim Verkauf ertappt, wenn nötig auch verfolgt und festgenommen werden. Rechtsanwalt Abel, den wir gestern nicht erreichen konnten, beruft sich auf das
»Jedermannsrecht«, das Bürgern gestattet, Verdächtige wie Handtaschendiebe festzuhalten. Auch Hunde sollen mitpatrouillieren. »Wir sehen mit Sorge, insbesondere durch die martialische Diktion, dass massiv Straftaten gegen mutmaßliche Drogendealer, aber auch gegen völlig unbeteiligte im Park aufhältige Personen bevorstehen«, zitiert die »
Hamburger Morgenpost« eine Pressemitteilung der
Hamburger Arbeitsgemeinschaft für Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger. Der Verein habe
Anzeige »wegen der Bildung bewaffneter Gruppen, Volksverhetzung und Amtsanmaßung« erstattet. Und: Das von Abel als »Jedermannsrecht« bezeichnete Festnahmerecht gelte nicht, wenn die Polizei vor Ort präsent sei und ermittele. Das sei derzeit vermehrt der Fall, so
Polizeisprecher Timo Zill gegenüber dem Hamburger Abendblatt.
Gedankenspielen einer »privaten Streife« trete die Polizei klar entgegen. »Im öffentlichen Raum ist die Polizei die alleinige Institution, die Recht und Gesetz durchsetzen kann«, so Zill. Auch
Justizsenator Till Steffen meldete sich dazu bereits Freitag bei Twitter zu Wort, nannte das Vorhaben eine »Schwachsinnsidee«. Ob demnächst selbst ernannte Wächter des Rechts im Schanzenpark patrouillieren oder sich die Drohung von der
Bürgerwehr nur als heiße Luft entpuppt, wird sich wohl schon diese Woche zeigen: Eine erste Aktion hat Abel bereits angekündigt.
Erst Kirche, jetzt MoscheeEine Kirche ist eine Kirche ist eine Kirche – außer in Hamburg-Horn. Am Mittwoch eröffnet in der
ehemaligen evangelisch-lutherischen Kapernaum-Kirche die Masjid Al-Nour Moschee. Eine Kirche wird damit zur Moschee – zum ersten Mal in Deutschland. Möglich war das nur durch außergewöhnliche Umstände. Denn eigentlich dürfen Kirchen nur an christliche, im Ausnahmefall auch an jüdische Religionsgemeinschaften verkauft werden. Das besagt die Rechtsverordnung der Landeskirche. Die Kapernaum-Kirche war aber bereits 2002 entwidmet und drei Jahre später von einem privaten Investor übernommen worden. 2012 verkaufte der an das Islamische Zentrum Al-Nour, das sich dem verfallenden Gebäude annahm und
rund vier Millionen Euro investierte.
Klaus Schäfer, Direktor des Zentrums für Mission und Ökumene in der Nordkirche, betonte gegenüber der dpa den Ausnahmecharakter des Projekts: »Wir möchten nicht den Eindruck erwecken, dass eine Religion die andere ablöst.« Dem pflichtet auch
Daniel Abdin, Vorsitzender des Al-Nour-Zentrums und der Schura, des Rates der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg, bei: »Wir Muslime wollen, dass Kirchen Kirchen bleiben«, sagte er uns. Nach dem Motto
»Außen Kirche, innen Moschee« habe eine »friedliche Umwandlung« stattgefunden. »Wir haben das Innere so verändert, dass es den Bedürfnissen der Muslime gerecht wird – aber dezent, der Raum wurde bewahrt.« Fünf Jahre dauerte der Bauprozess, während dessen immer wieder auch das Gespräch mit Anwohnern und Kirchenvertretern gesucht worden war. »Die meisten kritischen Stimmen sind inzwischen revidiert worden«, erzählt Abdin. Anfang September wurde die ehemalige Kirche allerdings
mit fremdenfeindlichen Parolen wie »Deutschland den Deutschen« beschmiert. Die Täter konnten bislang nicht ermittelt werden. Sorgen macht sich Abdin dennoch keine: »Durch die vielen Hundert Solidaritätsbekundungen haben wir gemerkt, dass wir in Hamburg in einer gesunden Gesellschaft leben. Wir haben tolle Nachbarn.«
Eine multimediale Dokumentation von Özgur Uludag zur Umwandlung der Kirche in eine Moschee finden Sie hier.