Theater und Kirche machen beim
Projekt New Hamburg auf der Veddel seit 2014 gemeinsame Sache. Mit dem
Festival »SoliPolis« wird die Zusammenarbeit zwischen Schauspielhaus, Kirchenkreis und Kirchengemeinde von Sonnabend an zwei Wochen lang gefeiert. Im Mittelpunkt stehen
Ideen und Konzepte einer solidarischen Stadt mit Performances, Installationen, Tanz, Theater, Puppenspiel, Konzerten und Diskussionen. Wir sprachen mit
Anja Redecker, einer der vier Kuratorinnen.
Elbvertiefung: Frau Redecker, wie sollte eine solidarische Stadt aussehen?Anja Redecker: Das wollen wir herausfinden. Fertige Antworten gibt es nicht, es geht mehr darum, Fragen zu stellen. Wir gehen gemeinsam mit den Festivalbesuchern auf die Suche und fangen mit den Themen an, denen wir im Stadtteil begegnen. Zum Beispiel Asyl. Da geht es im Sinne einer solidarischen Stadt um den Zugang zum Arbeitsmarkt, zum Gesundheitswesen – und auch zur Kultur.
EV: Wie sieht diese Suche konkret aus?Redecker: Sehr vielfältig. Wir nähern uns dem Thema unter anderem mit einer Diskursreihe unter dem Titel »Institut für Grauzonen und Solidarische Praxis«. Da haben wir auch spezialisierte Workshops, zu denen wir gute Beispiele aus anderen Städten eingeladen haben, etwa aus Köln, wo Ausländerbehörde und Flüchtlingsrat versuchen, aus einem Abschiebe- ein Bleibemanagement zu machen. Das ist auch für Hamburg interessant.
EV: Auch Essen gehört zu Ihrem Festivalkonzept. Wie binden Sie das ein?Redecker: Auf der extra dafür gesperrten Wilhelmsburger Straße gibt es jeden Abend eine lange Tafel, an der die Besucher miteinander ins Gespräch kommen sollen. Wir sind kein reines Kulturfestival. Uns ist es wichtig, Verbindungen zu schaffen. Auch das ist Solidarität.
EV: Aber Kultur gehört trotzdem dazu. Was gibt es da zu erleben?Redecker: Ein Theaterstück spielt in der Eckkneipe Zonck und dreht sich auch um diesen Ort, um diese eingeschworene Gemeinschaft. Die Inszenierung »about:blank« basiert auf Gesprächen mit Menschen aus dem Viertel, die keine Papiere haben.
EV: Sie wollen mit dem Festival auch eine Zwischenbilanz der fünften Spielzeit ziehen. Wie schneidet New Hamburg in Sachen Solidarität ab?Redecker: Wir haben es auf jeden Fall geschafft, dass sich bei unseren Veranstaltungen das Publikum mischt. Es kommen Menschen von der Veddel, aber auch die typischen Schauspielhaus-Besucher. Wir bewegen uns außerdem auf der Grenze zwischen sozialem und kulturellem Projekt. Aber natürlich klappt nicht alles. Unsere Veranstaltungen finden oft in der Immanuelkirche statt. Nicht jeder hier fühlt sich von diesem Raum eingeladen. Darauf haben wir für das Festival jetzt reagiert. Zusammen mit Architekturstudenten der HafenCity Universität bauen wir drei temporäre Gebäudemodule aus Holz, direkt gegenüber der Kirche.
Das New-Hamburg-Festival »SoliPolis« findet vom 15. bis 30. September statt. Das ganze Programm finden Sie hier.
Hohe Ehre für die »Heiße Ecke«Es ist das vielleicht erfolgreichste deutschsprachige Musical aller Zeiten: die
»Heiße Ecke«. Seit 15 Jahren bringen die Zoten, die
auf der Bühne des Schmidt Theaters gerissen werden, das Publikum zum Johlen. Mehr als 2,3 Millionen Menschen sollen das Stück schätzungsweise schon gesehen haben.
»Eine herausragende Erfolgsgeschichte, die das Musical geschrieben hat«, sagt
Enno Isermann von der Behörde für Kultur und Medien, »und das mit einem ausgesprochenen Hamburg-Musical.« Heute werden das Team des Theaters und die Mitwirkenden des Musicals von Kultursenator
Carsten Brosda im Rahmen eines
Senatsempfangs im Rathaus für ihre Arbeit geehrt. Selbst Isermann fällt kein anderes Stück ein, für das es bereits einmal einen solchen Empfang gegeben hat. Außer für die »Heiße Ecke«. Die wurde bereits 2007 anlässlich der 1000. Aufführung eingeladen. Bemerkenswert für ein Stück, in dem Zotigkeit, wie unser Kollege
Christoph Twickel schreibt, das oberste Gebot sei. In dem Musical bekämen die Besucher noch das zu sehen, was den klischeehaften Kult St. Paulis mit all den Koberern, Neonreklamen und Kiez-Originalen ausmache, aber eigentlich zwischen dem Massen-Sauf-Tourismus und teuren Eigentumswohnungen kaum noch zu finden sei. Was Nostalgie damit zu tun haben könnte, dass nach mehr als 4000 Aufführungen die Reihen immer noch ausverkauft sind, lesen Sie im Text »Quietsch, Kreisch«
in der aktuellen ZEIT:Hamburg, am Kiosk oder hier digital.