Stockholm calling | Jubelnde Regionen | Tusch bei Helmholtz | 3 ½ Fragen an Antje Mansbrügge

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
jetzt bloß keine Müdigkeit vorschützen. Nach der Exzellenzsause vergangene Woche steigt nun die weltweit größte Forscherfete. Von heute bis Mittwoch gibt es täglich einen Nobelpreis. Ebenfalls auf dem Zettel: Die Helmholtz-Gemeinschaft ist stolz auf eine erfolgreiche Evaluation und plant Graduiertenschulen für 250 Daten-Wissenschaftler (Das ist wichtig). Nature zählt menschliche Publikationsmaschinen (Zahl). Und Antje Mansbrügge winkt im Fragebogen freundlich mit der Hochschullehre.
   
 
 
 
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Stockholm calling
Bei Anruf Nobelpreis. Die Mediziner können bis heute Vormittag auf die höchste Ehrung hoffen, die die Wissenschaft zu vergeben hat. Gegen 11:30 Uhr werden die diesjährigen Gewinner bekanntgegeben. Die Physiker erfahren die neuen Laureaten ihres Fachs am Dienstag um 11:45 Uhr, und die Chemiker müssen sich noch einmal 24 Stunden länger gedulden. Das Orakeln überlassen wir bis dahin brav den anderen. Wir stützen uns lieber auf Statistiken, und die sehen für Wissenschaftlerinnen reichlich finster aus. Insgesamt 605 Mediziner, Chemiker und Physiker erhielten seit 1901 den begehrten Anruf aus Stockholm, gerade einmal 18 davon waren Frauen (Nature). Zappenduster ist es in der Physik. Sollte am morgigen Dienstag eine Physikerin den Nobelpreis erhalten, wäre sie die erste seit mehr als fünf Jahrzehnten. Was dann wohl bei der morgigen Nobel-Party der Deutschen Physikalischen Gesellschaft im Berliner Magnus-Haus am Kupfergraben los ist? So oder so lohnt sich das Nachdenken über Wege aus dem Gender Bias. Während die Akademnie noch mit ermunternden Formulierungen im Einladungsschreiben an die Wissenschaftler operiert, die Kandidaten für den Nobelpreis nominieren, liegen längst deutlich radikalere Vorschläge auf dem Tisch: Die Harvard-Professorin Iris Bohnet und der Präsident der Oslo Metropolitan University, Curt Rice, schlagen zum Beispiel vor, in einem Jahr ausschließlich Frauen zu nominieren. "There are few things that could shake up the scientific world as much as that", erklärte Rice in Nature. 
  
 
 
Jubelnde Regionen
Wer behauptet, die Wissenschaft müsse sich in ihren Regionen stärker verankern, sollte ab jetzt vorsichtig sein. Dass zwischen Uni und Stadt in guten wie in schlechten Zeiten kein Blatt passt, hat die Exzellenzstrategie nämlich gerade bewiesen. In vielen Regionen war die Wissenschaft medial so präsent wie selten, zeigt die Presseschau in Freiburg (Badische Zeitung), Bonn (Generalanzeiger), Saarbrücken (Saarbrücker Zeitung), München (Süddeutsche Zeitung), Würzburg (Main-Post), Dresden (Dresdner Neueste Nachrichten), Leipzig (Leipziger Volkszeitung), Oldenburg (Nordwestzeitung), Göttingen (Hannoversche Allgemeine Zeitung) und Bremen (Weser-Kurier). Überregionale Einordnungen und Hintergründe bieten neben ZEIT-Online die üblichen Verdächtigen: Spiegel Online, Tagesspiegel, Handelsblatt, Deutschlandfunk, FAZ und unser Autor Jan-Martin Wiarda in seinem Blog.
  
 
 
Ein Tusch bei Helmholtz – und kaum jemand nimmt Notiz
Während sich 17 Universitäten und zwei Verbünde noch weiter um die Elitekrone rangeln dürfen, hat die Helmholtz-Gemeinschaft ihren Lorbeerkranz schon sicher. An die 630 Experten aus aller Welt hatten in den vergangenen sechs Monaten die Forschungsqualität der 18 Helmholtz-Zentren inspiziert und durchleuchtet. Das Ergebnis dieses laut Helmholtz-Präsident Otmar Wiestler „einzigartigen“ Evaluationsprozesses: Helmholtz ist „exzellent“. Wer die Botschaft bis jetzt verpasst hat, sollte wissen, dass es bei Helmholtz in Sachen Aufmerksamkeitsökonomie noch Luft nach oben gibt. Einen Tag vor der Bekanntgabe der Entscheidungen zur Exzellenz-Strategie können selbst Nachrichten der Kategorie „Breaking News“ untergehen. Deshalb seien hier diese beiden Informationen aus dem Hause Helmholtz nachgetragen. Deutschlands reichste Wissenschaftsorganisation (Jahresbudget: 4,5 Milliarden Euro) investiert künftig jährlich 35 Millionen Euro in die Digitalisierung der Forschung. Daneben plant Helmholtz bundesweit sechs Graduiertenschulen mit 250 Doktorandenstellen für Forscher, die in ihren Disziplinen an der Schnittstelle zur Informatik und Datenanalyse arbeiten.
  
   
   
   
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Die Zahl
 
 
   
 
   
72
wissenschaftliche Veröffentlichungen sind bei mehr als 9000 Forschern pro Jahr gängig. Die Publikations-Schlagzahl erreichen vor allem Physiker, insbesondere Teilchenphysiker. Zwischen den Jahren 2000 und 2016 publizierten 7.888 Physiker alle fünf Tage ein Forschungsergebnis, ergab eine Studie. Hinweise auf wissenschaftliches Fehlverhalten wurden dabei nicht gefunden.
   
 
   
Quelle: Nature
   
 
 
   
 
 
   
 
 
 
 
3½  Fragen an…
 
 
   
 
   
Dr. Antje Mansbrügge
Geschäftsführerin der Toepfer Stiftung gGmbH und Leiterin des Bündnisses für die Hochschullehre, "Lehren"

Was haben Sie zuletzt von jemand anderem gelernt?
Meine eigenen „blinden“ Flecken zu sehen. Dass wir auch als Erwachsene – mehr als uns lieb ist – permanent von anderen lernen, indem wir nachahmen, mitschwingen, in unserem Systemumfeld funktionieren. Das meiste geschieht unterhalb unseres Radars, deshalb sind Veränderungen so schwierig. Auch an Hochschulen. Es braucht immer mal ein robustes und vertrauenswürdiges Gegenüber aus dem anderen Fach, der anderen Statusgruppe, der anderen Hochschule. Wenn man zuhört und beobachtet, kann man die eigenen Muster und die der anderen in den Radar bekommen – ziemlich hilfreich, wenn man gemeinsam große Aufgaben zu bewältigen hat.
 
Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Anerkennung, Wertschätzung, Aufmerksamkeit – kann jeder jederzeit geben und selbst entscheiden, wofür und an wen. Es gibt keinen Zwang, dies an Drittmitteleinwerbung und Publikationslisten zu binden. Die Arbeit der anderen zu kennen, nicht nur in der Forschung, auch in der Lehre – dazu muss man nur hingehen, hinschauen, reden und lesen. Ordentlich grundfinanziert muss Hochschullehre natürlich trotzdem sein.
 
Lektüre muss sein. Welche?
Fiktion und Realität nebeneinander, aber nicht gemischt. Zum Beispiel Philip Roth: Der menschliche Makel. Und eine Tageszeitung.
 
Und sonst so?
Körper und Geist nicht vergessen, aufstehen, bewegen, in die Luft gucken.
   
 
   
 
 
   
 
 
   
   
   
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Quelle: New York Times Magazine
 
 
 
 
 
   
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