»Hamburger Platt eigne ich mir hier am Ohnsorg-Theater schon an«Ein Roman von
Siegfried Lenz auf Platt am Ohnsorg-Theater – mehr Lokalkolorit geht fast nicht: Mit
»De Mann in'n Stroom« wagt sich der neue
Oberspielleiter Murat Yeginer an einen Hamburg-Klassiker. Wir sprachen mit dem Regisseur über die Tücken einer solchen Inszenierung.
Elbvertiefung: Herr Yeginer, der Roman »Der Mann im Strom« von Siegfried Lenz wurde schon ein Jahr nach seinem Erscheinen mit Hans Albers verfilmt. Der Autor selbst schrieb am Drehbuch mit. 2006 folgte eine Version mit Jan Fedder in der Hauptrolle. Warum sollte man jetzt noch Ihre Inszenierung gucken?Murat Yeginer: Weil das ein komplett neues Kunstwerk ist! Theater ist ja etwas anderes als Film. Wir haben keine Schnitte für Sprünge zwischen Ort und Zeit, sondern müssen uns etwas anderes einfallen lassen. Das macht es spannend. Ich habe übrigens auch keinen der Filme gesehen, sondern versucht, etwas Eigenes zu entwickeln.
EV: Was waren die Tücken bei der Umsetzung des Stoffs?Yeginer: Erst einmal, dass es genau diese Erwartungshaltung durch die Filme gibt. Vielleicht gar nicht so sehr beim Publikum, aber auf jeden Fall bei den Kritikern. Und dann natürlich einfach, einen 180-Seiten-Roman in zwei Stunden auf die Bühne zu bringen. Wenn man für jede Seite zwei Minuten einplanen würde, wäre man bei sechs Stunden. Das geht nicht. Hinzu kommt, dass Siegfried Lenz nicht in Dialogform schrieb. Das Buch ist ein Gedankenspiel aus einer anderen Zeit. Ich versuche mir immer zu überlegen: Was davon ist heute spannend?
EV: Und was ist das?Yeginer: Das Alter! Das Stück handelt von einem alten Taucher, der sogar seine Papiere fälscht, um Arbeit zu bekommen und seine Familie zu ernähren. Dieser Konflikt zwischen dem Alter und der Jugend besteht immer noch. Interessanterweise taucht der Titelheld auch noch ausgerechnet nach Wracks. Das menschliche Wrack und die Maschinenwracks – das hat Lenz bewusst so angelegt.
EV: Das Stück spielt in Hamburg. Wie viel Stadtbild gibt es zu sehen?
Yeginer: Am Anfang eine ganze Menge. Wir versuchen mit Videos und Musik und Licht, die Stimmung aus den Nachkriegsjahren, als es langsam wieder aufwärtsging in der Stadt, auf die Bühne zu holen. Und dann ist da natürlich das Beste aus Hamburg: Plattdüütsch.
EV: Wie ist es eigentlich um Ihre Schnack-Fähigkeiten bestellt?Yeginer: Ich habe ja den Großteil meiner Kindheit und Jugend in Schleswig-Holstein verbracht. Ich verstehe alles, mit dem Schnacken wird es etwas schwieriger, vor allem dieses spezielle Hamburger Platt. Aber das eigne ich mir hier am Ohnsorg-Theater schon an. Regionalsprachen und Dialekte haben mich schon immer interessiert!
Die Premiere von »De Mann in’n Stroom« am Sonntag, 19.30 Uhr ist ausverkauft. Weitere Aufführungstermine ab dem 2. Oktober
Antirassistische Parade: »Wir sind viele – und vielfältig!«Es soll
eine der größten Paraden werden, die Hamburg je gesehen hat. Mit etwa
25.000 Menschen rechnen die Organisatoren, wenn sich am Sonnabend
mehr als 40 Wagen unter dem Motto »United against Racism« vom Rathausmarkt aus durch die Stadt schlängeln und sich schließlich auf der Hafenstraße zu einer Parade der Solidarität aufreihen. Wie man sich das vorstellen kann?
Ein bisschen wie an Karneval. »Das sind extrem aufwendig geschmückte Trucks, auf denen die beteiligten Gruppen, Organisationen und Initiativen ihre
antirassistische Arbeit präsentieren, unter anderem mit Musik, Tanz, Theater und Reden«, sagt
Newroz Duman, Sprecherin des Netzwerks »We’ll come united«, das die Parade organisiert.
Auch viele migrantische Gruppen und selbstorganisierte Geflüchtete machen mit. Den Aufruf im Internet gibt es deshalb auf 16 Sprachen, unter anderem auf Farsi und Somali. Auf einem Wagen wird zum Beispiel
eine riesige Trillerpfeife zu sehen sein, weil die Geflüchteten in den Camps damit Lärm machen, um Abschiebungen zu verhindern. Aber auch die
»Omas gegen rechts« sind mit zwei Autos dabei. Vor einem Jahr hat das Netzwerk mit dem
CommUnity Carnival in Berlin eine ähnliche Aktion organisiert. »Uns geht es darum, eben keine Demonstration zu machen, wie man es kennt«, betont Duman.
»Die Parade soll für die Gesellschaft stehen, in der wir leben: mit all den Kämpfen, aber auch den solidarischen Strukturen, die unseren Alltag prägen. Wir sind viele – und vielfältig!« Die politischen Dimensionen des bunten Treibens formulieren die Aktivisten bei einer anschließenden
Kundgebung, unter anderem soll es dann um
Abschiebestopp, Seenotrettung und Frauen-Empowerment gehen.
Treffpunkt für die Parade »United against Racism« ist am Sonnabend um 12 Uhr auf dem Rathausmarkt. Ab 15 Uhr sollen alle Wagen in der Hafenstraße stehen. Um 17 Uhr findet dort eine Kundgebung statt, anschließend gibt es Konzerte