»Untolerierbar«: Kruse kehrt AfD den RückenJörn Kruse, Vorsitzender der AfD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, hat gestern seinen
Parteiaustritt angekündigt. »Die zunehmende
Zusammenarbeit von Teilen der AfD, insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern,
mit Rechten und Rechtsradikalen ist für mich vollständig untolerierbar. Irgendwann ist auch der längste Geduldsfaden zu Ende«, begründete Kruse seinen Entschluss in einer E-Mail an die Fraktionsmitglieder und den Landesvorstand der Hamburger AfD. Ein triftiger Grund sei gewesen: Der Vorstand der Bundes-AfD habe quasi nicht auf die Teilnahme von Vertretern des rechten Parteiflügels wie
Björn Höcke und
Andreas Kalbitz an Demonstrationen gemeinsam mit Rechtsradikalen in Chemnitz reagiert. Dies habe das Fass bei ihm zum Überlaufen gebracht, so Kruse. Er erklärte,
zum 1. Oktober den Fraktionsvorsitz niederlegen und aus der Partei austreten zu wollen.
Zum 1. November wolle er dann auch aus der AfD-Fraktion ausscheiden und der Bürgerschaft fortan als fraktionsloser Abgeordneter angehören. Co-Fraktionsvorsitzender
Alexander Wolf und Landeschef
Dirk Nockemann bedauerten den Schritt Kruses, wiesen dessen Kritik aber zurück:
»Wir teilen seine Aussagen über einen angeblichen ›Rechtsruck‹ der AfD in keiner Weise.« Es gebe keinen »Schulterschluss mit Rechtsaußen«, »entgegen anderslautender Presseberichte und offenkundig interessegeleiteten Behauptungen von Politikern der Altparteien«, wie Wolf und Nockemann es formulierten. Deshalb werde die Hamburger AfD ihre Arbeit fortsetzen wie bisher. Erst kürzlich hatte Kruse in einer Mail an den Parteivorsitz gefordert,
sich von den Rechtsextremisten zu distanzieren.
CDU-Fraktionsvorsitzender André Trepoll sprach von
»Auflösungserscheinungen« innerhalb der Hamburger AfD und sieht durch den Vorgang als erwiesen an, »dass sich die Radikalisierung in der Partei fortgesetzt hat«.
Viva la Bernie: Reichen sieben Millionen fürs Bleiben?Es gibt sie noch, die wenigen, raren Orte in St. Pauli, die noch nicht auf Hochglanz poliert wurden. Eines dieser Kleinode, wo auf wenig Raum
klassisches Handwerk, Kreativszene und Wohnen möglich ist, liegt in der
Bernstorffstraße 117. Wie lange noch, ist unklar. Denn vor etwa einem halben Jahr wurde der Hof verkauft, seither kämpft die Hofgemeinschaft, die den
Verein Viva la Bernie gegründet hat, darum, bleiben zu dürfen – mit prominenter Unterstützung einiger der kreativsten Köpfe Hamburgs. Denn ob
Filmregisseur Fatih Akin, Musiker Samy Deluxe, Maler Daniel Richter, Heinz Strunk oder das Unternehmen Viva con Agua, sie alle fühlen sich der Hofgemeinschaft verbunden, haben dort selbst schon gedreht, waren im Tonstudio, mieteten ein Büro.
Mehr als 120 private Kreditgeber, Unterstützer und eine sozial engagierte Bank könnten jetzt aber dafür sorgen, dass aus dem nahenden Ende ein Neuanfang werden kann. Denn der Hof soll vom Investor zurückgekauft und
in Zukunft selbst verwaltet werden, damit er bleiben kann, was er seit Jahren ist – ein soziokulturelles Biotop. Und es könnte klappen. »Wir haben die Kohle, wir haben es wirklich geschafft«, verkündete Unterstützer
Jan Delay gestern auf Facebook.
Sieben Millionen Euro hat man zusammengekratzt. Eine Summe, die, wie
Hofsprecher Ralf Gauger betonte, die Gemeinschaft allein nie hätte stemmen können. Jetzt sind die Eigentümer am Zug. Die wiederum hatten zuvor zugesichert, das Kaufangebot prüfen zu wollen, sobald die Finanzierung stehe. Die Gemeinschaft gibt sich optimistisch, schließlich hat sie in ihrem Angebot auch einen
»vertretbaren Gewinn« der Eigentümer eingerechnet (der Verein schätzt ihn auf eine sechsstellige Summe) und hofft, damit den Konflikt zu beenden. Der Rückkauf, da ist sich Viva la Bernie sicher,
würde noch »einen dritten Gewinner produzieren: den sozialen Frieden«. Bevor es jetzt an den runden Tisch mit Vertretern der Stadt geht, wird gefeiert, und zwar heute ab 19 Uhr bei einem
Danke-Konzert mit
Jan Delay, Samy Deluxe, Fettes Brot, D-Flame und
DJ Dynamite.