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Es geht nur gemeinsam Der „March for Science“ hat wichtige Diskussionen angestoßen, weil er die richtigen Fragen gestellt hat: Wie soll Wissenschaft auf demokratiegefährdende „Fake News“ und „Alternative Fakten“ reagieren, die ihrem Wahrheitsstreben zuwiderlaufen? Müssen Wissenschaftler/innen politisch aktiv werden, wenn Meinung und fundiertes Wissen austauschbar werden, wenn Forscher/innen in anderen Ländern bedroht werden? Und wie frei ist Wissenschaft in ihrem Erkenntnisstreben wirklich? Wissenschaft genießt längst nicht überall hohes Vertrauen. Wer zweifelt, wird vom Populismus umgarnt. Hier hat Wissenschaft eine besondere Verantwortung: Ehrliches Streben nach Wahrheit mit Hilfe nachvollziehbarer Methoden kann der Erosion wissenschaftlichen Ansehens etwas entgegensetzen. Integrität schafft Vertrauen; und das müssen wir auch nach außen kommunizieren. Allerdings bietet das Wissenschaftssystem dazu bislang wenig Anreiz. Honoriert werden Veröffentlichungen und Drittmittel. Zunehmender Veröffentlichungsdruck führt zu einer Inflation an Befunden, und die Qualität hält mit der Quantität nicht immer Schritt – zurückgezogene Artikel, gar gefälschte Daten sprechen eine klare Sprache. Auch eine große Abhängigkeit von Drittmitteln – dem zweiten Merkmal guter Forscher/innen – sind ein zentraler Grund, der Wissenschaft zu misstrauen. Der Druck steigt also, von vielen Seiten: Populismus und Lügen gefährden die Demokratie, und damit die Existenzgrundlage unabhängiger Wissenschaft. Verzerrte Anreizstrukturen im Wissenschaftssystem konterkarieren das Wahrheitsstreben nolens volens. All das hängt zusammen. Genau dafür soll der „March for Science“ in Deutschland ein Signal sein. Wir als Wissenschaftler/innen sind ein Teil der Gesellschaft – und haben derzeit eine historische Chance, demokratiegefährdenden Tendenzen etwas entgegenzusetzen. Freilich nur dann, wenn wir glaubwürdig vermitteln können, dass wir gemäß unseren Werten arbeiten: Wahrheit, Freiheit, Integrität, Transparenz. Das sind dicke Bretter, die wir nur gemeinsam bohren können. Wir haben viel zu verlieren – aber noch mehr zu gewinnen. Dr. Tanja Gabriele Baudson ist Vertretungsprofessorin an der Universität Luxemburg und hat 2017 mit Claus Martin den „March for Science“ in Deutschland initiiert. Vom Deutschen Hochschulverband wurde sie vor kurzem für ihr Engagement als „Hochschullehrerin des Jahres 2018“ ausgezeichnet. | | | | |
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