Stramme Fußnoten im PaktpapierKenner der Szene wissen: Die
Fußnoten in den Empfehlungen des
Wissenschaftsrates verraten oft mehr als 1000 Worte im jeweiligen Haupttext. Je brisanter das Thema, desto lesenswerter die Fußnoten, lautet eine Faustregel bei der
Exegese von WR-Papieren. Deren Anwendung empfiehlt sich auch bei der Lektüre des Positionspapiers „
Hochschulbildung im Anschluss an den Hochschulpakt 2020“, das die Kölner Experten am heutigen Montag veröffentlichen. Der
Wissenschaftsrat startet damit die heiße Phase in der Debatte zur Zukunft des
milliardenschweren Bund-Länder-Förderprogramms für die
Hochschullehre. Das ist für sich genommen schon eine
Sensation. Denn: In aktuellen, politisch hochbrisanten Streitfragen erhebt der Wissenschaftsrat seine Stimme üblicherweise genau nicht. Dass er beim Hochschulpakt von der Linie abweicht, geschieht, weil es Bund und Länder so wollen. Das Papier ist eine
politische Auftragsarbeit. Und offenbar eine, mit der die Kölner Experten ihre liebe Not hatten. Mit knapp
73 Seiten ist dieses Positionspapier fast doppelt so dick ist wie seine älteren Geschwister. Die neuralgischsten Fragen wie die nach
angemessenen Betreuungsrelationen sind enthalten, werden aber nur ungefähr beantwortet und nicht mit aktuellen Forderungen unterlegt. In den
besonders lesenswerten Fußnoten Nr. 50 und Nr. 51 retten sich die Experten, indem sie auf frühere Empfehlungen verweisen. „
Auf Anpassungsbedarfe bei der Kapazitätsberechnung wurde wiederholt hingewiesen“, heißt es dort sibellinisch. Erklärungen zu dem rätselhaften Papier findet sich im
Blog von Jan-Martin Wiarda, der mit der WR-Vorsitzenden
Martina Brockmeier sprach. Ob die Politik das Positionspapier ernst nimmt und umsetzt, ist fraglich. So empfiehlt der Wissenschaftsrat dem Bund und den Ländern nämlich, den
Hochschulpakt in Analogie zum Pakt für Innovation und Forschung künftig mit jährlichen Budgetzuwächsen zu versehen (S. 44). Ein
Bonbon für die Hochschulen, eine
Kröte für Finanzpolitiker.