| Guten Morgen, | | |
erste Frage: Haben Sie schon gefrühstückt? Wenn nein und wenn Sie eher einen empfindlichen Magen haben: Tun Sie es bitte jetzt, nur zur Sicherheit, bevor wir zur zweiten Frage kommen.
Die lautet: Haben Sie schon mal Insekten gegessen?
Nicht zufällig, weil sie beim Parkour-Laufen zwischen den Müllresten im Stadtpark versehentlich eine Mücke verschluckten. Nein, vorsätzlich, geröstet oder gebraten, als Hauptmahlzeit (Mehlwurmsuppe) oder als knackigen Snack (Heuschrecke). Das ist auf anderen Kontinenten durchaus üblich. Insektennahrung ist reich an Vitaminen und Proteinen, Insekten lassen sich leichter produzieren als Schweine und Kühe – manche Experten sprechen schon vom »Fleisch der Zukunft«. Und raten, eventuellen Ekel doch mithilfe des Rachegedankens zu überwinden: endlich kann man es den höllischen Heuschrecken zurückzahlen, dass sie schon zu Moses’ Zeiten uns Menschen alles weggefressen haben ...
Insektenessen, »warum eigentlich nicht?«, fragt nun auch die Hamburger Verbraucherzentrale. Seit Anfang des Jahres sei der Verkauf von Insekten auch in der Europäischen Union geregelt, nun könne also auch hier »der Durchbruch gelingen«. In der Schweiz gibt es die Delikatessen bereits. Im letzten August nahm die Supermarktkette Coop einen Mehlwurm-Burger ins Programm, später kamen Wurmhackbällchen, besser: »Insect Balls« mit Kichererbsen, Zwiebeln, Knoblauch und Koriander dazu. Wurm-Burger gibt es mittlerweile auch in Deutschland: Ein Rewe-Markt in Aachen verkauft die Bratlinge gefroren; »eiweißreich, sauber, gesund und frei von Tierquälerei«. Für den Fall, dass Ihnen jetzt das Wasser im Mund zusammenläuft, haben wir gleich nachgefragt: Nein, heißt es bei Rewe, aktuell sei nicht geplant, Insektenburger in Hamburg oder Umgebung anzubieten.
Probierfreudigen bleibt vorerst nur das Internet, wo sich – »Don’t Cry! Eat It!« – auch Mehlwürmer in Schokolade finden oder eine »Einsteiger-Box« mit Heuschrecken, Mehl- und Buffalowürmern und Dip (»Ideal zum Kochen, Probieren oder Verschenken.«) Allerdings weiß man häufig nichts über die Produktions- und Hygienebedingungen. Deshalb rät die Verbraucherzentrale auch davon ab, sich einfach die nächste Mahlzeit im Stadtpark zu sammeln oder ein paar Würmer aus dem Zoohandel in den Mund zu schieben, »obwohl diese häufig sehr viel preiswerter sind«. Kurz: Bitte beherrschen Sie sich! Wir lesen uns nach dem Tag der Arbeit am Mittwoch wieder.
Kippa tragen in Hamburg: Zeichen starker Identität Berlin trug einen Tag lang Kippa, auch andere Städte machten mit – aus gutem Grund. Die Protestierenden zeigten Solidarität mit ihren jüdischen Nachbarn, die offenbar vielerorts Übergriffe befürchten müssen, wenn sie als Juden erkennbar sind. Hamburg machte nicht mit beim Aktionstag. Ist Antisemitismus hier etwa kein Problem? Können Hamburger Juden, anders als der Präsident des Zentralrats der Juden warnt, unbehelligt mit Kippa durch die Stadt laufen? »Jeder jüdischen Familie auch in Hamburg ist klar, dass es zu Anfeindungen kommen kann, wenn man sich in der Öffentlichkeit als Jude zu erkennen gibt«, sagt Philipp Stricharz, zweiter Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Hamburg. Auch bei uns gebe es Gegenden, in denen er vom Tragen jüdischer Glaubenssymbole abraten würde. Andrea Frahm, Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, erlebt vor allem eine kritische Haltung Israel gegenüber, die sich pauschal gegen das Land richte, statt die Politik der Regierung differenziert zu kritisieren. Kritik an Israel ist nicht dasselbe wie Antisemitismus oder Judenfeindlichkeit. Doch beides ist eng verwoben, wie auch Philipp Stricharz sagt. Ihm zufolge hat die Berichterstattung über Israel einen Anteil daran. »Sie ist manchmal so einseitig, dass man sich nicht wundern muss, wenn gerade junge Muslime meinen, sie müssten einen ›gerechten Zorn‹ zeigen«, kritisiert er. »Diesen projizieren sie dann auf uns Juden hier in Deutschland.« Wegducken müssten sich Juden in Hamburg dennoch nicht. Das jüdische Gemeindeleben in Hamburg sei in den vergangenen Jahren aufgeblüht. »Wir erziehen unsere Jugendlichen dazu, stolz auf ihre Identität zu sein und sie nicht zu verstecken«, sagt er. »Damit fahren wir eigentlich ganz gut.« Lesen Sie zum Thema judenfeindliche Provokationen und Attacken auch den Leitartikel unseres Chefredakteurs Giovanni di Lorenzo »Ächtung hilft« in der aktuellen ZEIT und direkt hier. |
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