| »Da brauchen Sie als Planer einen unendlich langen Atem«
Seit einem knappen halben Jahr ist Franz-Josef Höing Hamburgs Oberbaudirektor. Vor wenigen Tagen stellte er der Bevölkerung den Entwurf des Elbtowers vor, gleichzeitig arbeitet seine Behörde mit Hadi Teherani am neuen Deutschlandhaus am Gänsemarkt. Wir haben ihn gefragt, was er mit Hamburg vorhat. Elbvertiefung: Herr Höing, Sie haben vor Kurzem die Pläne für den Elbtower präsentiert. Wie wurden die von der Bevölkerung aufgenommen? Franz-Josef Höing: Man fährt immer mit Respekt zu solchen Veranstaltungen. Es kamen dann aber viele Menschen, die keine fertige Meinung hatten, sondern erst einmal interessiert zugehört haben. Danach gab es eine sehr gute Fragerunde mit gescheiten Fragen. Dass bei einem solchen Haus an so prägnanter Stelle nicht jeder »Hurra« schreit, ist klar. EV: Sie wollen ja mehr Bürgerbeteiligung. Kann die nicht auch nach hinten losgehen? Höing: Die öffentliche Plandiskussion über den Elbtower war ein formalisierter Schritt im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens. Der fand statt, weil er gesetzlich vorgeschrieben ist und nicht, weil der Höing das so wollte. Die Stadt hat aber auch schon vor mir Beteiligungsformate durchgeführt, die über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinausgehen. Die Zeiten, wo nur Politik und Verwaltung bestimmen, was gut ist, sind vorbei, und das ist gut so. Man muss aber immer definieren, was verhandelbar ist und was nicht. Experten sollen nicht zu Zuschauern werden. Beteiligungsprozesse ersetzen auch keine demokratischen Entscheidungswege. EV: Wird der Elbtower Hamburgs Einstiegsdroge zur Frankfurt-Skyline? Höing: Der Elbtower wird auf absehbare Zeit oder sogar für immer das höchste Haus der Stadt sein. Hamburg wird man immer wiedererkennen können. Die Stadt betreibt ja keine offensive Hochhauspolitik in der Hoffnung, dass irgendwann eine interessante Silhouette entsteht. Die ist da, und mit diesem Tafelsilber muss man sorgsam umgehen. Wenn etwas dazukommt, dann muss es hineinkomponiert werden wie die Elbphilharmonie. EV: Sind weitere Hochhäuser geplant? Höing: Am Endpunkt des Baakenhafens wird es ein 110 Meter hohes Hochhaus geben und auch einige Gebäude mit 15 bis 20 Etagen. Aber das ist kein Dammbruch, keine Offensive. Wir werden den Stadteingang planerisch weiterentwickeln und überlegen uns entsprechende Verfahren. Es wird den einen oder anderen höheren Punkt geben, aber wir reden nicht über ein Wuchern von hohen Häusern. Überhaupt nicht. EV: Wie sieht Ihre Vision für Hamburg aus? Höing: In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Stadt mit großen Brachflächen wie der HafenCity beschäftigt. Als Nächstes werden wir uns etwas stärker den Lagen zuwenden, die nicht so im Fokus stehen. Unser Credo ist immer: Innenentwicklung vor Außenentwicklung! Wachstum müssen wir in der bestehenden Stadt unterbringen. Das geht vielleicht nicht mehr auf großen Brachen. Aber es gibt spröde Orte, an denen Hunderttausende Menschen leben, beispielsweise in Richtung Wandsbek, beginnend am Ende des Steindamms. Das sieht mit seinen Einzelarchitekturen, die stark vom Verkehr dominiert sind, fast wie ein Dienstboteneingang in die Stadt aus. EV: Die können Sie ja jetzt auch nicht einfach wegsprengen. Höing: Nein, aber eine Vorstellung, welche Rolle solche Räume spielen könnten, ist ja auch schon etwas. Da brauchen Sie als Planer allerdings einen unendlich langen Atem. Diesen Räumen muss man ein bisschen mehr Aufmerksamkeit schenken, auch wissend, wie lange das dauern kann. Vis-à-vis vom Otto-Versand in Barmbek entstehen jetzt beispielsweise tausend Wohnungen statt eines großen Parkplatzes. Da sieht man plötzlich, was in Flächen schlummert, an denen man jahrzehntelang vorbeigefahren ist. EV: Es sollen aber auch ein paar markante Gebäude abgerissen werden wie das Deutschlandhaus und die City-Hochhäuser. Höing: Zu den City-Hochhäusern sind die Debatten geführt und die Argumente ausgetauscht. Hätte ich eine völlig andere Meinung als mein Vorgänger, hätte ich die zum Ausdruck gebracht. Beim Deutschlandhaus sind wir in der Phase einer intensiven Überarbeitung des Entwurfs von Hadi Teherani. Erst danach macht es Sinn, die Pläne vorzustellen. Bislang redet jeder darüber, ohne so richtig zu wissen, was geplant ist. Es gibt nur den Vorwurf, dass die Stadt wieder einmal ein Haus abreißen will. Wenn man sich das heutige Gebäude genauer ansieht, ist das in Wirklichkeit Siebziger-Planung, wo vieles sehr grobschlächtig daherkommt. Der neue Entwurf lehnt sich jedoch sehr stark an das historische Deutschlandhaus an und wird ein würdiger Ersatz sein, daran arbeiten wir. Und ich würde alle bitten, ein bisschen geduldiger zu sein. EV: Und wie wird Hamburg ohne die Köhlbrandbrücke aussehen, die abgerissen werden soll? Höing: Über die fahre ich manchmal. Gerade morgens, wenn die Sonne scheint, hat man von ihr einen unfassbaren Ausblick auf die Elbphilharmonie. Das ist eine absolute Panoramabrücke, auf der man die Stadt auch wirklich spürt. EV: Sie würde Ihnen also fehlen? Höing: Ja, sie würde mir fehlen. Aber ich bin da nicht romantisch verklärt und sage: Weil das so schön ist, muss das bleiben. Sie ist ein technisches Bauwerk, das viel mit der Logik des Hafens zu tun hat. Die Brücke nur deshalb zu halten, weil der Oberbaudirektor da gern drüberfährt, wäre ein zu schwaches Argument. | |
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