„Liebe Frau Dr. acad. Sommer,
ich bin mitten in meiner Promotion und habe gerade herausgefunden, dass ich schwanger bin. Das war so nicht geplant, aber mein Freund und ich freuen uns sehr. Gleichzeitig mache ich mir Sorgen um meine wissenschaftliche Zukunft. Wie sag ich das bloß meinem Betreuer?“
Dr. acad. Sommer antwortet:
„Liebe Frau X,
herzlichen Glückwunsch zur Elternschaft! Eine Schwangerschaft kann neben der Freude auf das Kind auch verschiedene Ängste hervorrufen, zum Beispiel vor Auswirkungen auf Privatleben, Beruf und Finanzen. Diese Gefühle sind zunächst privater Natur und sollten Sie nicht alle mit Ihrem beruflichen Umfeld teilen. Für die berufliche Kommunikation sind in erster Linie diejenigen Aspekte relevant, die Auswirkungen auf Ihr Projekt und Ihre Aufgaben in der Arbeitsgruppe haben.
Bevor Sie Ihrem Betreuer die Nachricht überbringen, sollten Sie Vorüberlegungen für das künftige berufliche Szenario anstellen:
Holen Sie sich Informationen zu den Regelungen für Mutterschutz und Elternzeit ein. Gleichstellungsbeauftragte oder Familienbüro Ihrer Hochschule bieten in der Regel Beratungen an und können Sie über landes- oder hochschulspezifische Regelungen, etwa zur Verlängerung Ihres Stipendiums oder Vertrags, informieren. Erkundigen Sie sich auch, welche Unterstützung Ihre Hochschule bietet, von Krippenplätzen bis Angeboten zum Erfahrungsaustausch.
Was sind Ihre Vorstellungen von sich als Mutter? Wollen Sie sich eine gewisse Zeit ganz Ihrem Kind widmen oder finden Sie eine andere Balance zwischen Beruf und Fürsorge richtig? Welche Vorstellung haben Sie entsprechend von der Vaterrolle? Führen Sie auch mit Ihrem Freund ein Gespräch, welche Aufteilung von Beruf und Familienverantwortung er sich vorstellen kann.
Wie lange wollen Sie Ihre wissenschaftliche Tätigkeit pausieren? Falls Sie Elternzeit nehmen: Würden Sie währenddessen gern an Ihrer Promotion weiterdenken oder an relevanten Tagungen teilnehmen? Wie wollen Sie Kontakt halten und über Neuigkeiten aus der Arbeitsgruppe informiert werden? Wenn Sie eine wissenschaftliche Karriere anstreben, ist es in der Regel besser, wenn Sie am Diskurs dranbleiben. Aber neben den äußeren Ansprüchen wollen Sie ja auch Ihren eigenen Vorstellungen gerecht werden.
Welche Arbeitsschritte für Ihre Doktorarbeit wollen Sie vor dem Mutterschutz noch abschließen? Welche Ihrer weiteren Aufgaben können Sie fertigstellen, welche müssen Sie übergeben?
Nicht zuletzt: Welche Einstellung zu Elternschaft und Karriere hat Ihr wissenschaftliches Umfeld? Gibt es Erfahrungswerte, wie Ihr Betreuer mit Vereinbarkeitsfragen und anderen berechtigten privaten Interessen seiner Mitarbeitenden umgeht? Überlegen Sie, was dies für Ihre Kommunikationsstrategie bedeutet.
Wenn Sie einen groben Plan für Ihre künftige Doppelrolle als Wissenschaftlerin und Mutter fertig haben, sind Sie sprechbereit. Kommunizieren Sie Ihrem Vorgesetzen in Ihrer Rolle als Mitarbeiterin, dass Sie für eine bestimmte Zeit ausfallen werden und welchen Plan Sie für Ihr Promotionsprojekt entworfen haben. Ziel des Gesprächs ist es, für beide Seiten Planungssicherheit herzustellen: Zeigen Sie, dass Sie nach wie vor eine ambitionierte Wissenschaftlerin und zuverlässige Mitarbeiterin sind.
Und wenn in den kommenden Monaten Unvorhergesehenes passiert? Dann passen Sie den Plan an, wie es bei gutem Projektmanagement üblich ist, und kommunizieren die Änderungen in Ihrem Umfeld rechtzeitig. Spätestens bevor Ihr Mutterschutz beginnt, sollten Sie noch einmal aktuell besprechen, wie Sie Kontakt halten wollen. Alles Gute!
Mirjam Müller ist Personalentwicklerin und Coach an der Universität Konstanz. Sie schreibt für das Coachingnetz Wissenschaft als Dr. acad. Sommer. Kontakt: www.coachingnetz-wissenschaft.de