Fernwärme-Rückkauf: Entscheidung naht

 
+ Türen zu im Herbst + Mit Brot die Straße pflastern + »Hexenjagd« im Thalia + HIV-Tests in der Apotheke + Blume des Jahres +
 
 
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Wenn Sie zu jenen Lesern oder Leserinnen zählen, die sehr früh aufstehen, sehen Sie gerade wohl nur den Morgennebel. Keine Sorge, später wird es sonnig und um die 20 Grad warm, dazu weht ein leichter Wind. 
   
 
Guten Morgen,
 
Annika Lasarzik
 
um es gleich vorweg zu sagen: Ich fahre gern Bahn. Wir beschweren uns hier zwar oft über verspätete Züge und kaputte Fahrstühle, wir greifen also all das auf, was die Menschen dieser Stadt beizeiten so stört an der Bahn. Das ändert nichts daran, dass ich die Idee des öffentlichen Nahverkehrs großartig finde. Allein schon, weil ich auf kein Auto angewiesen bin.
Was ich nicht so gern mag: mich aus verschwitzten Menschenknäueln herauswinden. Das kann ich zwar recht gut, weil ich die besondere Fähigkeit besitze, mich noch kleiner zu machen, als ich ohnehin schon bin. Es nervt trotzdem. Leider steckt man in dem Knäuel schneller drin, als man »Zurückbleiben bitte!« sagen könnte. Sobald die Bahn auf dem Gleis einrollt, beginnt das muntere Schieben und Schubsen. 
 
Ich habe schon das tägliche Gedrängel vorm Schulbus nicht verstanden. Dass sich mir nun keine abgewetzten Schulranzen mit Einhörnern drauf, sondern schnieke Aktentaschen in die Rippen rammen, macht es nicht besser. 
 
Ja, viele Bahnen sind gerade zu den Stoßzeiten heillos überfüllt, es gibt Menschen, die einfach nicht durchrücken wollen oder mit Scheuklappen auf den Augen durchs Leben stolpern – es gibt also so manches Hindernis zwischen dem Fahrgast und seinem potenziellen Sitzplatz. Trotzdem wäre es irgendwie nett, es erst einmal mit einem »Entschuldigung, dürfte ich...?« zu versuchen, bevor man jemanden zwischen drei Achselhöhlen einkeilt (wie gesagt, ich bin klein).
Wie ich darauf komme? Weil ich mit meinem Ärger nicht allein bin. »Muss man wirklich Angst haben, der Zug fährt ohne einen ab, oder geht es um den Kampf um die Sitzplätze?«, schrieb uns neulich wieder eine Leserin. »Mir persönlich geschieht meistens außer ein paar Remplern nichts, aber es gibt andere Fahrgäste mit Handicaps, Eltern mit Kinderwagen, denen ich schon oft den Weg bahnen musste. Was ist aus dem sinnvollen ›immer erst aussteigen lassen‹ geworden, das zumindest ich noch als Kind lernte?«
 
Gute Frage. In einigen Bundesländern werden Schüler zu ehrenamtlichen »Bus Guides« ausgebildet, die für ein geordnetes Ein- und Aussteigen in den Schulbus sorgen sollen. Sind »Bahn Guides« die Lösung? Doch wer hat schon Zeit und Lust, den ganzen Tag Drängler in die Schranken zu weisen?
 
Wenn Sie sich nun fragen: »Ja, gibt es denn keine wichtigeren Themen?« Die gibt es – weiter unten.   
 
   
   
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Fernwärme-Streit: Die Entscheidung ist nah
 
Am Sonntagabend trafen sich die Hamburger Spitzen von SPD und Grünen, um bei einem Gipfeltreffen über den Rückkauf des Fernwärmenetzes zu sprechen. Bis zum 30. November müssen sie sich auf eine Antwort einigen. Zwei Varianten stehen offenbar im Raum: Die Stadt kann dem Volksentscheid von 2013 entsprechen und 100 Prozent des Netzes von Vattenfall zurückkaufen. Eine zweite Variante sieht vor, dass Hamburg seine Anteile von bisher 25,1 Prozent lediglich erhöht. Vattenfall bliebe in diesem Szenario – wie im Unternehmen gewünscht – Partner. Werden sich die Grünen auf diesen Deal einlassen? Kollege Frank Drieschner aus dem Hamburg-Ressort der ZEIT glaubt: Vermutlich nur, wenn die Stadt auf lange Sicht den Mehrheitsanteil am Wärmenetz erwirbt und Vattenfall in absehbarer Zukunft nur noch eine Minderheitsbeteiligung hält. In diesem Fall könne die Politik bestimmen, wie das Wärmenetz weiterentwickelt werde. Allerdings sei der Volksentscheid von vor fünf Jahren nach wie vor verfassungsrechtlich bindend. »Die Frage ist also, wie die Minderheitsbeteiligung Vattenfalls, wenn sie denn käme, begründet würde«, sagt Drieschner. Sie sehen: Es ist alles nicht so einfach. Zumal die SPD sich mit dem Gedanken an einen Rückkauf schwertut. Sie fürchtet, Wähler zu verschrecken, sollte Fernwärme künftig für Mieter teurer werden, berichtet der NDR. Eine Entscheidung wird für die kommenden Tage erwartet. Sie kommen bei dem ganzen Wirrwarr nicht mehr hinterher? Hier finden Sie eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Fakten.
 
   
   
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Türen zu im Herbst!
 
Jaja, gestern freuten wir uns noch darüber, dass allem Anschein nach weniger Einbrüche zu verzeichnen sind in der Stadt. Sollten Sie nun allzu optimistisch bei offener Balkontür schlafen – lassen Sie es lieber! Die Polizei hat nämlich schon wieder neue Zahlen vorgelegt. Im August und September wurden mehr Einbruchsdelikte gezählt als in den beiden Monaten des Vorjahres, im August dieses Jahres 363 Fälle, 2017 waren es 328. Die Erklärung ist so ernüchternd wie einleuchtend: Die Tage werden kürzer, im Dunkeln lässt es sich denkbar leichter in Häuser und Wohnungen einsteigen. Die Soko Castle, jene Spezialeinheit, die schon so manchen Einbrecher dingfest machte, gibt es übrigens nach wie vor. Sie ist nun als Dienststelle LKA 19 Castle dem Landeskriminalamt angeschlossen.
 

Mit Brot die Straße pflastern
 
Deutschland ist eine Brotnation. Doch bei dieser Zahl könnte man meinen, die Deutschen und ihr Brot verbindet eine destruktive Hassliebe: 1,7 Millionen Tonnen landen jährlich im Müll, wie die Umweltschutzorganisation WWF bekanntgab. Schuld sind irgendwie alle: Bäckereien, die im Überschuss produzieren, Kunden, die kurz vor Ladenschluss volle Regale erwarten und zu Hause dann doch Essbares in die Tonne werfen. Dabei gibt es Konzepte gegen die Verschwendung, auch in Hamburg. Ein Laden, der nur Brot vom Vortag verkauft, ist der BrotRetter in Lohbrügge. Die meisten Brote gehen dort für höchstens 99 Cent über den Tresen. Die Nachfrage sei gut, erklärt Gerd Hofrichter, Sprecher der Bäckereikette Junge, die den Laden betreibt. Dennoch lohne sich das Geschäft nicht, die Kosten für Miete, Personal und Logistik seien mit den günstigen Broten nicht zu decken. Noch eine Filiale dieser Art soll es in Hamburg nicht geben. Bei den Hamburger Tafeln ist Brot indes keine Mangelware, »davon kriegen wir genug!«, wie Geschäftsführer Christian Tack versichert. Er müsse vielmehr die Angebote der vielen Hamburger Backshops ablehnen: »Nichts gegen Aufbackware, aber nach 24 Stunden ist die tot. Damit können sie nur noch die Straße pflastern«. Was die Tafeln stattdessen bräuchten: mehr Obst und Gemüse. »Hier müssen wir noch mehr Supermärkte akquirieren«, sagt Tack. Ob nun Gemüse oder Brot – Tipps und Links gegen Verschwendung findet, wer danach sucht, etwa auf der Seite der Stadt. Vieles sollte man zwar längst wissen, etwa das ein Mindesthaltbarkeitsdatum nicht mit »tödlich ab sofort!« zu übersetzen ist. Man kann es wohl dennoch nicht oft genug wiederholen.
 
   
   
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»Hexenjagd«: Ein Stück, das für sich selbst steht

Eine Gesellschaft dreht durch. Aus nichtigem Anlass schaukeln sich die Dinge hoch, Angst siegt über Vernunft, am Ende sind die Klugen tot und die Dummen sowieso verloren. So das Resümee des Kollegen Florian Zinnecker, der Arthur Millers »Hexenjagd« im Thalia Theater gesehen, durchlebt, erlitten hat. Die Inszenierung kleide sich als »Historiendrama im Look einer teuer produzierten Netflix-Serie«, schreibt er. Den Zeiten der Kommunistenjagd entsprungen, ließe sich das Stück heute an zahlreichen aktuellen Ereignissen aufhängen. Dass Regisseur Stefan Pucher sich dennoch jedwede Anspielung auf die Gegenwart verkneift, hinterlässt Eindruck: Das Werk stelle sich »einfach selbst in den Raum hinein«, schwärmt Zinnecker, es wirke durch seine pure Präsenz. Was eine Sklavin im Plüschmonsterkostüm damit zu tun hat, lesen Sie in der aktuellen ZEIT:Hamburg, am Kiosk oder digital hier.
 

Per Test zur Gewissheit

Ein paar Tropfen Blut aus der Fingerkuppe, und nach wenigen Minuten weiß man Bescheid. Seit Anfang Oktober sind HIV-Selbsttests in Apotheken, Drogerien und im Internet erhältlich, ganz ohne Rezept. Kostenpunkt: rund 20 Euro. Ein Fortschritt, glaubt die Gesundheitsbehörde, gerade für jene, die sich für einen Test nicht zum Arzt trauen – und gar nicht erst hingehen. Der freie Verkauf erleichtere nicht nur eine frühe Diagnose von HIV, glaubt Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks, er trage auch dazu bei, dass möglichst schnell mit einer Therapie begonnen werden könne. Jörg Korell, Leiter der Hamburger Aids-Hilfe, sieht das ähnlich. Er gibt aber zu bedenken, dass man sich mit einem positiven Befund stets an eine Beratungsstelle und einen Arzt wenden sollte, um den emotionalen Schock nicht allein bewältigen zu müssen. Seit HI-Infektionen gut behandelt werden können, würden viele Betroffene nicht mehr über ihre Diagnose sprechen. »Aids ist heimlich geworden«, sagt Korell. Das Schweigen sei verständlich, noch immer würden Betroffene diskriminiert. Dass mit den Selbsttests nun die Zahl jener, die ihre Diagnose zwar kennen, aber keine Vorsichtsmaßnahmen treffen, steigt, sei allerdings unwahrscheinlich. Schätzungen des Robert Koch-Instituts zufolge tragen in Hamburg rund 7300 Menschen den HI-Virus in sich oder sind bereits an Aids erkrankt. Rund zwölf Prozent von ihnen wissen nicht, dass sie sich angesteckt haben.
   
   
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Kaffeepause
 
 
Im Käsekuchenhimmel
 

Es ist famos: Kaum hat man die Augen ganz kurz geschlossen, ist in Winterhude schon wieder ein Café entstanden. Und was für eins?! Die Gertigstraße beherbergt seit einigen Monaten das Cheesecake Heaven. Der Name ist Programm: Es gibt amerikanischen Käsekuchen in zehn verschiedenen Sorten (von klassisch über Pfirsich-Sahne über Erdnussbutter (fantastisch!) bis hin zu Kokos, pro Stück zwischen 3,50 und 3,90 Euro). Das Mobiliar ist weiß, die Farbe der Wände läuft nach oben hin einem strahlenden Blau zu, das auch die Decke ziert. An dieser hängen engelsgleiche mit Federn verzierte Lampen. Sehr lustig! Lustig ist auch die Musik: ein amerikanischer Radiosender, der Musik aus den 50er-, 60er- und 70er-Jahren spielt. Die Kuchenstücke sind unfassbar riesig, es ist kaum möglich, eines aufzuessen, und an mehreren Tischen wird darum gebeten, den Rest bitte einzupacken. Der Geschmack allerdings ist gar himmlisch. Und auch der Kaffee der Marke La Tazza d’Oro überzeugt. Warum aber kann man die Quittung nur per SMS und E-Mail erhalten?
 
Winterhude, Cheesecake Heaven, Gertigstraße 23, täglich 11–19 Uhr
 
Elisabeth Knoblauch
 
Alle Mittagstische im ZEIT Gastroführer
 
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Was geht
 
 
 
Folk im Blut: Sein Name klingt wie seine Songs – Conner Youngblood erfrischt das Genre der Singer-Songwriter mit der »Simplizität des Akustischen«. Folk-Größen wie Bob Dylan und Elliott Smith beeinflussen den Sound, schwingen mit im tiefen Klaviermeer, in unaufgeregten Vocals. Tour 2018: »Cheyenne«.
Molotow, Nobistor 14, 20 Uhr, VVK 23,70 Euro
Buchkampf: Es ist ein verrückter, heißer Sommer, in dem Boris Becker Wimbledon gewinnt, vier Passagierflugzeuge abstürzen und in einer Siedlung drei Familien zu zerbrechen drohen. Alexa Hennig von Lange erzählt die Geschichte einer Generation, die in den 80er-Jahren beste Voraussetzungen für das ideale Leben vorfand – und doch scheiterte. Lesung: »Kampfsterne«.
Bucerius Kunst Forum, Rathausmarkt 2, 20 Uhr, 10 Euro
 
 
 
Was bleibt
 
 
 
Flimmern der Urzeit: Was hat ausgerechnet eine »Reise in die Urzeit« mit Kino zu tun? Lassen Sie sich vom gleichnamigen Werk des tschechischen Regisseurs und Effektpioniers Karel Zeman überraschen: Obwohl 1955 gedreht, steckt der Streifen voller Tricks und aufwendiger Studiosets. Vor Filmbeginn nimmt Museumsleiter Ulrich Kotthoff die Besucher mit auf eine Reise in die Geschichte der Forschung; Veranstaltung im Rahmen des mobilen Kinos »Flexibles Flimmern«.
Geologisch-Paläontologischen Museum im Geomatikum, Bundesstraße 55, heute und morgen, Einlass Ausstellung 18.30 Uhr, Vortrag und Kino 20 Uhr, 10 Euro
 
 
 
   
   
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Hamburger Schnack
 
 
Im wartenden Zug nach Ahrensburg, noch im Hamburger Hauptbahnhof:
Der fünfjährige Sohn wird ungeduldig, weil der Zug nicht abfährt und quengelt.
Sohn: »Wann fährt der Zug endlich los?«
Mutter: »Bald!«
Sohn: »Wenn der Bahnhof leer ist?«

Gehört von Bernhard Ullrich
 
 
   
   
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Geldermann
   
   
 
 
Meine Stadt
 
 
 
 
Lago di ...? – Logo, die Alster!
 
Foto: Horst-Dieter Martinkus
 

SCHLUSS

Noch eine Meldung für unsere Leser und Leserinnen mit grünem Daumen (denn da gibt es so einige, wie wir wissen): Gestern kürten die Loki-Schmidt-Stiftung und Umweltsenator Jens Kerstan die Blume des Jahres 2019. Es ist, wie könnte es anders sein, die Besenheide (oder auch: Calluna vulgaris). Die hat zwar keinen sehr klangvollen Namen, blüht dafür aber umso schöner (nämlich lila) und lebt auf trockenen, mageren Böden – was ja in diesem heißen Sommer quasi jeder Boden war. Das zarte Pflänzchen wird nun zur Botschafterin, die sich für den Erhalt der bedrohten Heidelandschaften starkmachen soll. Dabei steht die Besenheide selbst schon auf der Roten Liste für bedrohte Arten. In Planten un Blomen kann man sie noch bewundern.
 
Das war sie wieder, die Elbvertiefung. Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, über das wir berichten sollten? Schreiben Sie uns: elbvertiefung@zeit.de
 
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Morgen lesen wir uns wieder, wenn Sie mögen!
 
Ihre
Annika Lasarzik
 
 
PS: Gefällt Ihnen unser Letter, leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an unter www.zeit.de/elbvertiefung. Dann schicken wir Ihnen die neue Elbvertiefung, solange Sie wollen, immer montags bis freitags ab 6 Uhr.
 
 
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