Fernwärme: Der Senat hat beschlossen Das Hamburger Fernwärmenetz kommt – koste es, was es wolle –
wieder in städtische Hand. Das hat der Senat gestern endgültig beschlossen. Man werde, wie schon
angekündigt, den mit Vattenfall ausgehandelten
Kaufpreis von 950 Millionen Euro zahlen. Auch wenn diese Summe schon vor etwa vier Jahren festgelegt wurde und ein neueres Gutachten den Wert des Fernwärme-Unternehmens mit nur 645 Millionen Euro beziffert.
Macht nix, argumentiert sinngemäß der Senat – denn ein Teil der Differenz soll schon durch die
Steuervorteile ausgeglichen werden, die die Stadt als Eigentümerin des Netzes geltend machen kann. Genaueres wird Bürgermeister
Peter Tschentscher (SPD) heute in seiner Regierungserklärung erläutern, im Anschluss wird die Bürgerschaft ihr Votum abgeben – gemessen an den Mehrheitsverhältnissen wohl ein Ja. Diskutiert wird trotzdem, und sei es nur über
185 Millionen Euro. Nach Abzug der Steuervorteile bleibt diese Summe, gemessen an dem begutachteten Wert, als
Mehrausgabe der Stadt stehen. Gut, dass Finanzsenator
Andreas Dressel (SPD) schon eine Metapher gefunden hat, die suggeriert, es werde wohl alles nicht so dicke kommen: Das
»Aufwandsdelta« könne haushaltsrechtlich weggemanagt werden, ohne dass irgendwo gekürzt werden müsse.
Denkzettel für Falschparker Geht’s um die Straßen dieser Stadt, scheiden sich die Geister. Gerade wenn mal wieder Parkplatznot herrscht, muss der Radweg herhalten – mal kurz, ganz schnell –, und die Radfahrer üben sich im nicht ungefährlichen Zickzackkurs. Dem
Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) und dem
Forum Verkehrssicherheit reicht es jetzt. Sie starten morgen die Aktion
#radwegparker und verteilen gemeinsam mit Radfahrern und Mitarbeitern des Landesbetriebs Verkehr (LBV) sogenannte
Denkzettel, die sich optisch an Strafzetteln orientieren,
an Falschparker auf Radfahrstreifen. Dabei sollen auch Fotos von den Autos gemacht und anonymisiert mit dem Hashtag
#radwegparker online geteilt werden. Wir haben vorab mit
Dirk Lau vom ADFC Hamburg über die Aktion gesprochen.
Elbvertiefung: Woher kommt der Unmut der Radfahrer gegen Falschparker?Dirk Lau: Die Radfahrbedingungen in Hamburg sind einfach sehr bescheiden. Und dann werden die Radfahrstreifen auf den wenigen Kilometern guter Infrastruktur auch oft noch von Autofahrern zum Halten oder Parken missbraucht. Nicht zuletzt an jedem neu gebauten Radweg, zuletzt etwa an der Weidenallee, lässt sich dieses rücksichtslose Verhalten beobachten. Die Radfahrer werden so gezwungen, die Falschparker zu umkurven, was durchaus gefährlich sein kann, da sie sich in den fließenden Autoverkehr einfädeln müssen und unter Umständen noch enger überholt werden. Darauf wollen wir hinweisen.
EV: Und auf die Autofahrer, die jeden freien Platz okkupieren?Lau: Im besten Fall ist es Unwissenheit, weil die Radfahrspuren mit Parkplatzspuren verwechselt werden. Im schlimmsten Fall ist es vorsätzliche Gefährdung von Menschenleben. Es muss ein Bewusstseinswandel her. Jahrzehntelang wurde für die Autofahrer in Hamburg alles gemacht – auf Kosten anderer Verkehrsteilnehmer. Dieses Vorrechtsdenken ist offenbar so tief verankert, dass viele Autofahrer immer noch glauben, überall parken zu dürfen. Das muss sich ändern.
EV: Bei der #radwegparker-Aktion sollen symbolische Strafzettel verteilt werden. Was bringt das?Lau: Mit unseren sogenannten Denkzetteln wollen wir – wie der Name schon sagt – zum Nachdenken anregen und Autofahrer darüber aufklären, dass sie durch ihr rücksichtsloses Verhalten andere Menschen gefährden. Das ist natürlich erst einmal eine sehr weiche Maßnahme, die nicht davon ablenken soll, dass zugleich die Kontrollen verstärkt werden müssen.
EV: Macht die Polizei Ihrer Meinung nach nicht genug gegen Parksünder?Lau: Es ist auf jeden Fall sehr lobenswert, dass sie sich an der Aktion beteiligt und im Oktober schwerpunktmäßig Radwege und -streifen kontrolliert. Aber an sich haben Falschparker keine Priorität in der Verkehrssicherheitsarbeit. Sie werden einfach viel zu oft geduldet, an vielen Orten sogar stillschweigend als Normalität hingenommen. Die Bußgelder sind vergleichsweise gering. So gilt Falschparken bei vielen Autofahrern immer noch als Kavaliersdelikt.
EV: Welche Maßnahmen würden Ihrer Meinung nach wirklich greifen?Lau: Falschparker konsequent abzuschleppen würde helfen und sicher den Bewusstseinswandel bei Autofahrern erhöhen. Aber dass ein verkehrsbehinderndes Auto abgeschleppt wird, erleben wir in Hamburg nur in den seltensten Fällen. In Berlin hingegen darf das bald nicht nur die Polizei, sondern auch die Berliner Verkehrsbetriebe anordnen.
EV: Was kann der Einzelne dann überhaupt tun, wenn er sich mal wieder über einen Falschparker ärgert?Lau: Falschparker können per Smartphone und Apps wie dem »Wegeheld« direkt der Polizei gemeldet werden. Die ist verpflichtet, diese Meldungen zu bearbeiten und Bußgelder zu verhängen – was auch passiert. Oder man nutzt dafür das Falschparker-Formular von unserer Website – notiert die Uhrzeit, macht ein Foto und leitet es direkt an die Polizei weiter.
Die Aktion #radwegparker läuft unbefristet. Die Denkzettel können unter anderem hier bestellt werden, solange der Vorrat reicht.