»Ich war wie im Wahn und habe meine Familie auf eine harte Probe gestellt«Ewald Lienen hat den
FC St. Pauli vor dem Abstieg in die dritte Liga gerettet und damit Schmach und finanzielle Nöte im letzten Moment abgewendet. Als Befreier will sich der Fußballtrainer und technische Direktor des Vereins dennoch nicht sehen. Lieber als
Malocher, der das Spiel des Gegners bis ins Detail analysiert und sich auf jeden Ernstfall vorbereitet. Lienen ist fleißig, dafür wird er geschätzt. Doch er weiß auch, wann der
Einsatz zu hoch wird: Auch seine eigene Zukunft stand bisweilen auf der Kippe. »Ich war wie im Wahn und habe meine Familie auf eine harte Probe gestellt«, sagt er über die Jahre, in denen seine Arbeitstage 17 Stunden zählten und das Leben seiner Kinder scheinbar spurlos an ihm vorbeizog. Im
Interview beschreibt der 64-Jährige, wie er langsam lernte, sein Privatleben wieder in seinen Alltag zu integrieren. Seit dem Gespräch weiß ZEIT:Hamburg-Ressortchef
Kilian Trotier, dass Lienen bei allem Respekt auch mal
kontrolliert explodieren kann – wenn es denn nottut, um das Team zu retten. Das Interview in ganzer Wucht lesen Sie
im aktuellen ZEITmagazin Hamburg – oder
hier digital.
»Die junge Generation bringt eine andere Perspektive auf den Verkehr mit«Um die 130 angehenden Bauingenieure, Stadtplaner und andere Studenten der Verkehrs- und Logistikfächer von der
TU Hamburg und der HafenCity Universität sind am Mittwoch zur Auftaktveranstaltung des
Mobilitätslabors gekommen. Sie alle sollen in den kommenden zwei Jahren in Lehrveranstaltungen und Abschlussarbeiten
Verkehrskonzepte für 2030 erarbeiten, die dann die Stadt genau unter die Lupe nehmen will. Wir sprachen darüber mit
Carsten Gertz, Professor für Verkehrsplanung an der TU Hamburg.
Elbvertiefung: Herr Gertz, wie sieht der Verkehr im Jahr 2030 in Hamburg aus? Carsten Gertz: Es wird mehr Carsharing geben, mehr Elektroautos. Auch Modelle wie Ridesharing, bei denen sich Einzelpersonen eine Fahrt teilen, werden zunehmen. All diese Angebote werden mit dem öffentlichen Nahverkehr verknüpft sein. Vernetzung ist ein wichtiges Schlüsselwort, auch bei den Bezahlmodellen. Die entscheidende Frage ist aber, wie sich bis dahin der Bestand an Autos in der Stadt entwickelt. Im Moment werden es jedes Jahr 10.000 mehr. Eine Herausforderung wird sein, dass die Zahl nicht weiter ansteigt.
EV: Ganz im Ernst: Weniger Autos, mehr Car- und Ridesharing, vernetzte Mobilität – die Themen gibt es doch alle heute schon!Gertz: Ich kann den Einwand nachvollziehen, aber es wird in den nächsten zehn Jahren keine veränderte Art der Fortbewegung geben, die alles revolutioniert, wie damals die Eisenbahn oder das Auto. Dennoch werden die Veränderungen stärker sein als in den vergangenen zehn Jahren. Die Autoindustrie muss sich verändern – weg vom Verbrennungsmotor, hin zu alternativen Antrieben. Auch das autonome Fahren wird eine gravierende Veränderung sein. Wie lange da die Übergangsphase dauert, ob das schon in zehn Jahren so weit sein wird, lässt sich heute noch nicht sagen.
EV: Nun sollen Studenten in einem Mobilitätslabor Konzepte für den Stadtverkehr der Zukunft entwickeln. Was können Sie beitragen, was erfahrene Planer vielleicht übersehen?Gertz: Die junge Generation bringt eine andere Perspektive mit. Da macht nicht mehr jeder mit 18 Jahren den Führerschein und kauft sich ein gebrauchtes Auto. Die Studenten nutzen eher das Fahrrad und den öffentlichen Nahverkehr, das hat schon eine erste Umfrage bei der Auftaktveranstaltung gezeigt. Auch digitale Angebote sind bei ihnen selbstverständlicher Teil des Alltags.
EV: Wie kann es gelingen, dass ein Großteil der Bevölkerung bei neuen Verkehrskonzepten mitzieht?Gertz: Durch positive Erfahrungen! Das bringt auf jeden Fall mehr als Restriktionen. Das Schwierigste sind nicht die Angebote oder die Technik, sondern die Einstellung und das individuelle Verhalten zu ändern. Das geht nur durch Ausprobieren, durch Experimente, so wie beim Ioki-Shuttle in Osdorf und Lurup. Das ist Ridesharing als Teil des öffentlichen Nahverkehrs. Wir begleiten die Testphase, evaluieren das Konzept und schlagen Verbesserungen vor, damit sich das Modell auch an anderen Stellen in der Stadt anbieten lässt.
EV: Was für Experimente planen Sie sonst noch?Gertz: Denkbar wäre zum Beispiel, dass in einem kleinen Gebiet alle Anwohner vier Wochen ihre Autos in eine Parkgarage außerhalb stellen und dafür ein gutes Carsharing-Angebot bekommen. So würde öffentlicher Raum frei, der sonst zum Parken gebraucht wird. Die Menschen sollen erleben, wie sich das anfühlt. Aber noch sind wir nicht so weit. Im Moment entwickeln wir erste Ideen. So ein Experiment könnte ein nächster Schritt sein.