Wenn die Toilette zum Stadtteil-Wohnzimmer wird Zum ungestörten Plaudern geht’s aufs Örtchen – diese aus Restaurants und Kneipen bekannte Logik lässt sich auch in Rothenburgsort beobachten. Dort entwickelt sich gerade ein
Toilettenhäuschen zum Stadtteiltreff. Small Talk
vorm Pissoir statt am Gartenzaun, ein neuer Trend?
Marius Töpfer von der Initiative
»Mikropol«, klärte uns auf.
Elbvertiefung: Herr Töpfer, unter dem Titel »Mikropol« laden Sie Nachbarn dazu ein, sich in einer Toilette zu treffen. Warum nur?Marius Töpfer: Noch treffen sie sich nicht im Toilettenhäuschen, sondern davor, auf einer sonst ungenutzten Verkehrsinsel am Billhorner Mühlenweg. Seit dem letzten Jahr laden wir dort zu Veranstaltungen ein, zum gemeinsamen Boulespielen oder zum Teetrinken. Das ist aber erst der Anfang. Das 50 Quadratmeter große Toilettenhäuschen steht seit Jahren leer, wir wollen es entkernen und einen Ausstellungs- und Veranstaltungsraum schaffen, der den Anwohnern offenstehen soll. Eine Art erweitertes Wohnzimmer für alle.
EV: Ungewöhnliche Idee. Braucht Rothenburgsort so dringend einen Stadtteiltreff?Töpfer: Die Nachbarn treffen sich schon in Kneipen, in Gemeinschaftsgärten. Das sind aber alles eher kleine, einzelne Inseln, was fehlt, ist ein zentraler Begegnungsort, der verschiedene Gruppen zusammenbringt. Nach dem Abriss des Stadtteilzentrums RothenBurg am Vierländer Damm ist eine Lücke entstanden, da gab es früher eine Sozialberatung, eine Fahrradwerkstatt, ein interkulturelles Frauencafé. So was fehlt heute. Dabei wäre es wichtig, dass sich Leute im Alltag stärker vernetzen. Gerade mit Blick auf die zukünftige Stadtentwicklung.
EV: Rothenburgsort ist ein Pilotquartier im Stadtentwicklungsprogramm »Stromaufwärts an Elbe und Bille« …Töpfer: Eben, und wie sich das Viertel dadurch verändern wird, ist offen. Viele Anwohner fürchten höhere Mieten, fühlen sich zu wenig eingebunden, etwa in die Entwicklung von Bebauungsplänen. Es gibt schon lange den Wunsch nach einer weiterführenden Schule im Stadtteil, die wird nun aber doch in der HafenCity gebaut. Um sich über solche Sorgen auszutauschen, auf die Politik einzuwirken und Stadtentwicklung quasi von unten mitzugestalten, braucht es einen Ort.
EV: Wie geht es jetzt weiter?Töpfer: Gerade verhandeln wir mit dem Bezirk über einen Nutzungsvertrag, die Kulturbehörde unterstützt uns mit 20.000 Euro. Mit dieser Förderung werden wir das Mikropol mit einem künstlerischen Programm Anfang 2019 eröffnen. Mit dem Umbau wollen wir noch in diesem Jahr beginnen. Ideen für die Nutzung gibt es viele, etwa für ein monatliches Nachbarschaftsdinner, außerdem temporäre Angebote wie Ausstellungen, Filmabende, Lesungen, Workshops zu Stadtpolitik und Stadtplanung. Irgendwann wird das Häuschen dann nicht mehr reichen, daher wollen wir gemeinsam von hier aus weitere Orte des gemeinsamen Schaffens planen.
Das Fußballwochenende: Auf und Ab HSV im Glück, der FC St. Pauli strauchelt – was ist da nur los? Ein wenig ungewöhnlich wirken die Fußballergebnisse vom Wochenende schon. Zumindest wohl für diejenigen, die sich erst seit dieser Saison für die Bundesliga begeistern. Denn während sich der immerhin frisch abgestiegene HSV bislang eher verzagt durch die zweite Liga lavierte, blieben die Kiezkicker zuletzt fünf Spiele in Folge ungeschlagen. Bis gestern jedenfalls. Da
verloren sie 0:1 gegen Holstein Kiel, blieben so auf dem Weg an die Tabellenspitze stecken. Dabei waren die Hamburger zu Beginn mutiger, fanden nach dem Siegtreffer in der 59. Minute allerdings nur schwer wieder zurück ins Spiel. Oder, wie Trainer
Markus Kauczinski es formulierte: »Wir haben gut gespielt und leidenschaftlich gekämpft«, aber »der Ball wollte nicht rein«. Na, da kann man natürlich nix machen. Und der
HSV? Besiegte den 1. FC Magdeburg am Freitag 1:0. Kein schlechter Einstand für den neuen Coach
Hannes Wolf, der die Aufgabe gerade erst von
Christian Titz übernommen hatte – ein Trainerwechsel, für den viele Fans gelinde gesagt wenig Verständnis gezeigt hatten. Nach diesem Spiel dürfte ihnen das etwas leichterfallen. Wobei eine Niederlage des »Bundesliga-Dinos« gegen den Eben-noch-Viertligisten dann doch etwas peinlich gewesen wäre. Bleibt der Blick auf die Tabelle:
Der HSV steht auf Platz zwei, der FC St. Pauli auf Platz fünf.