»Nicht umsonst wirbt das Militär gezielt Science-Fiction-Autoren an«Aliens, Laserschwerter, Hologramme – für die meisten Menschen ist Science-Fiction pure Illusion. Nicht so für
Lars Schmeink, Medienwissenschaftler und Programmkoordinator an der HafenCity Universität Hamburg. Mit seinem Projekt
»SciFiVisions« will er das »Denken von Zukunft« revolutionieren: Aus Science-Fiction-Filmen sollen Studierende ableiten, wie die Menschheit in ferner Zukunft lebt.
Elbvertiefung: Herr Schmeink, mal ehrlich, Science-Fiction und Wissenschaft, das sind doch zwei verschiedene Paar Schuhe, oder?Lars Schmeink: Nein, gar nicht. Nicht umsonst wirbt das Militär in Ländern wie Kanada gezielt Science-Fiction-Autoren an. Sie sollen Szenarien der Zukunft entwickeln. Was zum Beispiel passiert mit der Menschheit, wenn ein großer Meteorit auf der Erde einschlägt? Was, wenn die Arbeitskraft irgendwann zu 95 Prozent von Computern getragen wird?
EV: Müsste man solche Fragen nicht eher Soziologen stellen?Schmeink: Die soziologische Sicht endet oft im Zahlengewusel. Science-Fiction-Autoren dagegen haben das große Ganze im Blick. Man darf sie nicht unterschätzen: Viele in dieser Branche kommen aus IT-Unternehmen oder haben einen wissenschaftlichen Hintergrund, sei es Astrophysik oder Biologie. Und Autoren recherchieren ja auch wissenschaftlich.
EV: Funktionieren kreative Spinnereien wie »Raumschiff Enterprise« also als Muse für die Wissenschaft?Schmeink: Es gibt durchaus eine Wechselwirkung. Science-Fiction fragt: Wie funktioniert aktuelle Wissenschaft? Die Wissenschaft wiederum fragt: Wie funktioniert Zukunft? Die Befruchtung funktioniert in beide Richtungen. Denken Sie zum Beispiel an die »Kommunikatoren« bei Star Trek. Sie waren das Vorbild für die ersten Klapphandys. Oder an den Begriff »Cyberspace«: Er stammt aus dem Roman »Neuromancer« des Science-Fiction-Schriftstellers William Gibson.
EV: Sie meinen, die Gebiete »übersetzen« Ideen aus dem jeweils anderen Bereich in ihr Genre?Schmeink: Genau. Ein gutes Beispiel dafür ist auch die Vorstellung, dass der Mensch nur eine einzige Nahrungsquelle benötigt, um seinen Körper zu versorgen. Bei »Soylent Green«, einem Science-Fiction-Film aus dem Jahr 1973, waren das Eiweißriegel aus alten Menschen, die sich freiwillig euthanasiert haben. Heute sind ähnliche Shakes im Silicon Valley total angesagt – sie bestehen natürlich nicht aus Leichen, aber decken alles ab, was der Körper braucht.
EV: Im Rahmen Ihres Projekts bieten Sie Vorlesungen, bei denen Sie Blockbuster wie »Gattaca« anschauen und anschließend mit Wissenschaftlern diskutieren. Gibt es einen Streifen, der für Sie besonders zukunftsweisend ist?Schmeink: Oh ja, der Film »Elysium«. Er handelt vom Jahr 2154, in dem es zwei Klassen von Menschen gibt: Eine kleine Schicht von Superreichen auf der Raumstation Elysium und die Masse der Menschheit auf der abgewirtschafteten Erde. Das ist ein sehr plakatives Beispiel dafür, in welch Extremen man Ungleichheit denken kann.
TUHH, Audimax I, Am Schwarzenberg-Campus 5, Eintritt frei, auch für Nicht-Studierende; »Elysium« 1.11., »The Circle« 15.11., »I, Robot« 29.11., »Gattaca«, 13.12., jeweils 17 Uhr
Hamburg strickt sich warmDie
Katholische Akademie und das
Freiwilligenzentrum Hamburg laden zum Stricken ein – um Berührungsängste zwischen Obdachlosen und Passanten, Armen und Wohlhabenden abzubauen. Das Motto:
»Strick mit – als Zeichen der Solidarität: Hamburg etwas wärmer machen«. Die Aktion ruft dazu auf, Wolle zu spenden, orangefarbene Schals herzustellen, bei einer Strickparty einander zu begegnen. Am
»Welttag der Armen« am 18. November schließlich verteilen Freiwillige die Kreationen am Mariendom und am Kleinen Michel. Seinen Ursprung nahm das Projekt 2012 in Norwegen, wo Freiwillige bis heute rund 15.000 Schals für Obdachlose strickten, um ein
Zeichen zu setzen für Wärme und Mitmenschlichkeit. Die Hamburger Initiative erweitert diesen Ansatz: »Jeder darf sich einen Schal nehmen, egal, ob obdachlos oder nicht«, betont
Lisa Rupp. Die Mitorganisatorin wünscht sich vor allem, dass unterschiedliche Menschen sich begegnen.
»Es geht nicht darum, für Obdachlose etwas zu tun, sondern mit ihnen«, so Rupp. Dadurch erhofft sie sich einen bewussteren Umgang mit Armut – der zum Beispiel damit beginnen könne, einander im Vorbeigehen zuzulächeln.
Wie können Sie mitmachen?
Besuchen Sie die Strickparty am 31. Oktober: Kleiner Michel, Saal der Unterkirche, Michaelisstraße 5, ab 15.30 Uhr, Anmeldung unter rupp@caritas-hamburg.de
Stricken Sie alternativ zu Hause einen orangefarbenen Schal, rund 150 cm lang und 20 cm breit. Bitte in Krausrippen fertigen: rechte Maschen hin, umdrehen, rechte Masche zurück. Schals und Wollspenden abgeben bis zum 10. November im Freiwilligenzentrum Hamburg, Am Mariendom 4.